Apotheken im Kreis Kronach: Arzneien auf der "roten Liste"
Autor: Marco Meißner
Kronach, Dienstag, 13. August 2019
In vielen Apotheken der Region kommt es derzeit immer wieder zu Lieferschwierigkeiten bei Medikamenten. Einer der Gründe: In anderen Ländern können die Hersteller Arzneimittel teurer verkaufen.
Marco Meissner89 - eine Zahl, die Clemens Richter nachdenklich stimmt und zu einem Erklärungsmarathon zwingt. Der Teuschnitzer Apotheker muss seinen Kunden immer wieder vermitteln, warum ihre Medikamente nicht lieferbar sind. Aktuell fehlen ihm 89 Produkte, die er bisher zuverlässig auf Vorrat hatte. Doch so ergeht es nicht nur ihm in der Teuschnitzer Stadt-Apotheke, sondern auch vielen seiner Kollegen in der Region und sogar in der gesamten Republik.
Eine moderne Industrienation wie Deutschland, in der sich Lücken in den Arzneimittelregalen aneinander reihen? Richter nickt. "Ich glaube, dass dies ein längerfristiges Problem wird, das ganz viele Ursachen hat", sagt der Sprecher der Apotheker im Landkreis Kronach. Und sein Kulmbacher Kollege pflichtet ihm bei.
Die Auslöser des Problems
"Die Engpässe ziehen sich, wenn man so will, quer durch den Gemüsegarten", sagt Hans-Peter Hubmann, Inhaber mehrerer Kulmbacher Apotheken und Sprecher der Apotheker im dortigen Landkreis. Er blickt auf einen der Monitore hinter seiner Verkaufstheke. Die Farbe Rot dominiert den Bildschirm - allesamt Medikamente, die im Moment als "nicht lieferbar" ausgezeichnet sind.
In Deutschland müssten Apotheker Patienten, die mit einem Medikamenten-Rezept zu ihnen kommen, immer häufiger erklären, dass das benötigte Mittel zurzeit aufgrund eines Lieferengpasses nicht beschafft werden kann, heißt es in einer Pressemitteilung der Bayerischen Landesapothekerkammer und des Bayerischen Apothekerverbands. "Diese Engpässe sind eines der größten Ärgernisse in meinem Arbeitsalltag", berichtet Hubmann. "Das Problem verschärft sich tendenziell seit Jahren."
Ein Grund für die Knappheit sei die globalisierte Herstellung. Während die Ausgangssubstanzen heute größtenteils aus China und Indien stammten, würden Lohnhersteller, die zum Teil in Deutschland, aber vor allem im europäischen Ausland sitzen, die Tabletten fertigen. "Wir waren mal die Apotheke der Welt, jetzt sind es ausländische Kapitalgesellschaften, die weltweit produzieren."
In anderen Ländern böten sich den Herstellern Märkte, auf denen sich die Arzneimittel zu höheren Preisen verkaufen lassen als in Deutschland. Als Beispiel nennt Hubmann England. Dorthin würden sogar Mittel aus Deutschland exportiert. "Uns passiert jetzt das, was in den Südländern, wie etwa Griechenland, schon seit Jahren der Fall ist."
Richter stimmt ihm zu. Den Griechen gegenüber seien die Deutschen die Nutznießer gewesen, nun treffe es sie wegen der niedrigeren Referenzpreise selbst, und Länder wie Großbritannien profitierten davon.