Vorab möchte ich klar stellen, dass ich die frühzeitig ergriffenen und zupackenden Maßnahmen der bayerischen Staatsregierung zur Eindämmung der Corona-Epidemie in Bayern sehr gut nachvollziehen konnte. Insbesondere die Einschränkung der sozialen Kontakte ist weiterhin absolut sinnvoll, um die Verbreitung des Virus zu verlangsamen. Einige Maßnahmen gehen mir heute, nach einigen Wochen praktischer Erfahrung mit der Ausgangsbeschränkung, allerdings viel zu weit. Schlimmer noch, in Teilen verfehlen sie meiner Meinung nach klar den angedachten Zweck.
Die Ausgangsbeschränkung greift deutlich stärker in unsere liberale Gesellschaftsordnung ein, als es eine Kontaktsperre tut. Sie beschränkt unser aller Persönlichkeits- und Freiheitsrechte umfassend. Ich frage mich, warum muss das in diesem Maß sein? Aus medizinischer Sicht gibt es beispielsweise keinen Grund, warum ich mich nicht mit meiner Familie draußen im Park zum Picknick niederlassen sollte. Warum untersagt mir dies aber die bayerische Staatsregierung? Auch ein einsames Rentnerpärchen, das sich auf einer Parkbank entspannt und den vorbeilaufenden Joggern hinterherschaut, stellt aus medizinischer Sicht sicher kein besonderes Risiko dar.
Unnötig starker Eingriff in unsere Grundrechte
Außerdem setzt mich die Ausgangsbeschränkung in der Öffentlichkeit der Willkür der Exekutivorgane aus. Es liegt im Ermessen der für Ordnung sorgenden Beamten, ob ich gerade eine kurze Erholungspause mache, oder doch schon zulange an einem Platz verweile und womöglich ein unerlaubtes Sonnenbad nehme.
Übertroffen wird diese Unschärfe von der Empfehlung des bayerischen Innenministers, Verstöße gegen die Ausgangsbeschränkung aktiv zu melden. 13 Millionen informelle Mitarbeiter sind damit offiziell aufgerufen, ihre Nachbarn und Mitbürger zu denunzieren.
Besonders für alleinstehende, ältere Menschen kommt die Ausgangsbeschränkung einer Isolation gleich. Als verantwortungsvoller Mensch schränkt man sich ohnehin selbst ein und meidet freiwillig den Kontakt zu Enkeln und den eigenen Kindern. Der bayerische Staat untersagt nun selbst noch Spaziergänge oder eine Radtour mit einer engen Freundin oder einem langjährigen Freund. Einzige Ausnahme: Sie leben im gleichen Haushalt – was bei der beschriebenen Konstellation in den allerwenigsten Fällen der Fall sein dürfte.
Ältere Menschen vereinsamen und verlieren Lebensfreude
Hinzu kommt, dass es auch älteren Menschen nicht gestattet ist, bspw. alleine ein Buch auf einer Parkbank zu lesen, oder einfach nur das Treiben um sie herum aus einer sitzenden Perspektive einige Minuten lang zu verfolgen. Zudem dürfte es allen einleuchten, dass sportliche Aktivitäten von Älteren per se häufig aufgrund ihres körperlichen Zustandes begrenzt sind. Und diese dann auch noch alleine ausführen zu müssen, wird auch in Zukunft wohl von den wenigsten genutzt werden.