Ende der Maskenpflicht: Die Gesundheit darf kein Opfer des Wahlkampfs werden
Autor: Io Görz
Deutschland, Montag, 14. Juni 2021
Rufe nach einem sofortigen Ende der Maskenpflicht werden laut, doch es gibt auch warnende Stimmen. Tatsächlich wäre es leichtsinnig, vorschnell alle Vorsicht fahren zu lassen und unser aller Gesundheit allzu durchschaubaren, platten Wahlkampfparolen zu opfern. Ein Kommentar
Die Inzidenzwerte sinken, immer mehr Menschen werden geimpft, der Sommer fängt langsam an. Wenig überraschend werden Forderungen nach dem Ende der Maskenpflicht laut. Doch das wäre übereilt und grenzt an dummdreiste Leichtsinnigkeit. Wir dürfen die Gesundheit der Menschen nicht dem Wahlkampf opfern, wenn wir nicht in einen erneuten Corona-Herbst geraten wollen.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hält eine stufenweise Abschaffung der Maskenpflicht für realistisch, während aus AfD und FDP Forderungen nach einem baldigen kompletten Ende kommen. Laut FDP-Politiker Wolfgang Kubicki gebe es keine Rechtsgrundlage mehr für eine generelle Maskenpflicht. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt äußern sich hingegen zurückhaltend und plädieren weiter für eine Maskenpflicht in Innenräumen.
Positive Entwicklung nicht mutwillig gefährden
Was gerade zu beobachten ist, ist aber leider keine gesundheitspolitische Debatte, sondern Wahlkampf. Manche versuchen, die Sehnsucht nach Normalität und Aufbruchstimmung in der Bevölkerung aufzunehmen und in Umfragewerte umzuwandeln. Da liegt es nahe, eine scheinbar populäre Forderung aufzugreifen und mit einem „Jetzt reicht es aber langsam“ Wahlkampf zu machen.
Anders sind die Äußerungen aus FDP und AfD nicht zu erklären. Logik und Vernunft mahnen eigentlich zur Vorsicht, denn entgegen allen Lockerungen und einem Inzidenzwert von unter 20 im deutschen Durchschnitt sind wir weit vom kompletten Ende der Corona-Pandemie entfernt. Das ist keine aufgeregte Panikmache, sondern Vorsicht und Vernunft. Im vergangenen Frühling wurde die Maskenpflicht viel zu spät eingeführt, nachdem Aufrufe zum freiwilligen Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes als niederschwellige Maßnahme zur Infektionsbekämpfung wenig Früchte getragen hatte. Die Äußerungen von Gesundheitsminister Jens Spahn, das Tragen von Masken weiterhin zu empfehlen, sind also fromme Wünsche – wir wissen alle, was passiert, wenn die Maskenpflicht etwa im Einzelhandel aufgehoben wird.
Wenn wir nun nach all den nachvollziehbaren Lockerungen auf diese einfach umzusetzende Maßnahme die positive Entwicklung mutwillig gefährden, dann steht uns womöglich ein deprimierender und ernüchternder Herbst bevor. Es ist eben nicht vernünftig, beim ersten Anzeichen einer Besserung jegliche Vorsicht fahren zu lassen, weil „es ja gerade so gut läuft“. Zum Vergleich: Wer keine akuten Schmerzen mehr im Bein hat nach einer Verletzung, wird dennoch warten, bis alles verheilt ist und nicht direkt wieder einen Marathon laufen, weil „es ja schon nicht mehr so arg wehtut“.
Eine Maske tragen beim Einkaufen - warum nicht?
Andere Länder wie Australien und Neuseeland, aber auch Portugal haben gezeigt: Frühzeitige, harte Maßnahmen führen zu einem nachhaltigen Erfolg. Nun, das hat Deutschland im Winter zwar verpasst, aber immerhin hätten wir jetzt die Chance, die positive Entwicklung der Neuinfektionen zu stabilisieren, indem effektive Maßnahmen beibehalten werden.
Denn, sind wir mal ehrlich: Was ist daran so störend, beim Einkaufen einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen? Das scheint ein geringer Preis zu sein im Vergleich zu geschlossenen Läden, leeren Plätzen und arbeitslosen Kunstschaffenden.