Mit einem Winkeladvokaten-Trick könnte man Fahrverbote für Raser verhindern: Der ADAC zeigt in der Debatte um verschärfte Strafen für Raser, dass der Automobilclub in der verkehrstechnischen Steinzeit stecken geblieben ist - findet zumindest unser Autor Robert Wagner.

Mehr als 21 Millionen Mitglieder hat der ADAC - der größte Verkehrsclub Europas. Glaubt man den Ankündigungen vieler Menschen unter einem Tweet des Automobilclubs, könnten es demnächst einige weniger sein. Denn das erwartete positive Feedback blieb aus - stattdessen fielen Begriffe wie "ignorant", "asozial" oder "unfassbar". Auch auf die offenbar negative Wirkung von Abgasen auf die Denkfähigkeit wurde von einigen Nutzern hingewiesen. 

Aber um was geht es eigentlich? Am Mittwoch, dem 1. Juli, verkündet der ADAC, dass die neuen, schärferen Fahrverbotsregeln nichtig sein könnten. Das hätten zumindest die Rechtsexperten des ADAC herausgefunden. Hintergrund sei ein Formfehler: "Nach der Rechtsauffassung des ADAC führt das unvollständige Zitieren der Ermächtigungsgrundlage dazu, dass zumindest die neuen Fahrverbote nicht wirksam" sind, schreibt der ADAC auf seiner Internetseite. 

Gemeingefährlichere Positionen des ADAC

Damit machte sich der ADAC jedoch nicht nur Freunde. "Die Kündigung meiner Mitgliedschaft geht heute noch raus. Wer sich so Ignorant verhält und zu Rechtsbrüchen aufruft, der bekommt keinen Cent mehr von mir", schreibt ein Nutzer unter dem Tweet des ADAC . Und ein anderer: "Alles klar, Kündigung nach über 20 Jahren kommt dann. Irgendwann ist das Maß dann auch voll, ihr Steinzeitmenschen."

Tatsächlich ist es bei weitem nicht der erste Aufreger um die Positionen des ADAC. Unter dem Slogan "Freie Bürger fordern freie Fahrt" ging der ADAC  in den 1970er gegen eine Verschärfung der Tempobeschränkungen vor, mit der die Bundesregierung damals auf die etwa 19.000 Verkehrstoten pro Jahr reagieren wollte. Knapp 50 Jahre später hat sich an dieser Position des ADAC anscheinend nichts geändert. Zwar unterstütze man das Ziel, Fußgänger und Radfahrer besser zu schützen ("Das begrüßen wir ausdrücklich") - nur eben nicht durch härtere Strafen. Schließlich seien 21 km/h zu viel innerorts nun wirklich nicht mit einem Monat Fahrverbot zu ahnden. 

Nicht nur, dass der ADAC die Erklärung schuldig bleibt, wie man denn ansonsten Fußgänger und Radler besser schützen könnte. Die Aussage ist auch grundsätzlich Blödsinn und über die Maßen gefährlich: Einer Studie zur Folge stieg das Risiko von Fußgängern, bei einer Kollision mit einem Auto zu sterben, von 5,5 % bei 50 km/h auf 35,4 % bei 70 km/h.  Das Risiko ist also rund siebenmal so hoch. Und ein Club, der dieses Verhalten nicht nur duldet, sondern durch windige Rechtstricks auch noch aktiv fördert, sollte als gemeingefährlich eingestuft werden.

Zudem ist das Risiko eines tödlichen Unfalls für Kinder nochmals erhöht. Gerade die Jüngsten werden durch überhöhte Geschwindigkeit in Ortschaften ohne Grund gefährdet. Statt von den "Gelben Engeln" sollte man demnach vielleicht eher von den "Gelben Engelmachern" sprechen - frei nach dem früher gebräuchlichen Begriff für Menschen, die illegale Schwangerschaftsabbrüche durchführten.