Die Zahl der Corona-Toten steigt leider weiter an. Ob ein Verstorbener mit oder an einer Infektion mit dem Coronavirus verstorben ist, ist nicht immer eindeutig. Fakt ist jedoch: Ein Mensch ist gestorben. Und das ist schlimm. Kein Mensch hat es verdient, dass sein Tod relativiert wird. Ein Kommentar von Dunja Neupert.
Jede Sekunde stirbt weltweit ein Mensch. Ein Blick auf die Veränderung der Weltpopulation in Echtzeit ist beeindruckend und erschreckend zugleich. Auch die Zahl der Corona-Toten steigt aktuell unaufhaltsam weiter. Leider. Doch ob ein Verstorbener mit oder an einer Coronavirus-Infektion gestorben ist, ist nicht immer eindeutig. Eine Obduktion, die darüber Klarheit schaffen könnte, wird aus verschiedenen Gründen nicht immer durchgeführt. Muss ja auch nicht sein. Jedenfalls nicht dann, wenn sie lediglich die Sensationsgier außenstehender Personen befriedigen soll.
Denn Fakt ist: Es ist ein Mensch gestorben. Und das ist schlimm. Kein Mensch hat es verdient, dass sein Tod relativiert wird. Oder dermaßen hinterfragt, wie es aktuell oftmals der Fall ist. Natürlich auch kein Mensch, der im Zusammenhang mit Covid-19 ums Leben gekommen ist. Einen Todesfall zu relativieren ist nicht nur äußerst geschmack- und pietätlos, sondern auch zutiefst verwerflich!
Menschenverachtende Kommentare werden nicht geduldet
Wenn in den Kommentarspalten unter Artikeln über tragische Todesfällen Diskussionen darüber entbrennen, dass der Verstorbene ja an Vorerkrankungen gelitten habe oder bereits jenseits der 80 war, könnte ich aus der Haut fahren! Was gibt den Leuten, die sich zumeist hinter möglichst anonymen Profilen verstecken, das Recht, sich so über ihre Mitmenschen auszulassen? Empathie scheint hier ein Fremdwort zu sein. Warum erscheint es vielen Facebook-Nutzern legitim, dass der Tod von Menschen mit Vorerkrankungen billigend in Kauf genommen wird? Warum reden manche Menschen - ohne sich zu genieren - davon, dass durch das Coronavirus die "natürliche Auslese" im Gange sei? Das ist einfach nur widerwärtig.
Haben diese Menschen einmal daran gedacht, dass Angehörige eines Verstorbenen mitlesen könnten? Ist die Zeit für Familienmitglieder, Verwandte oder Freunde nicht schon schwer genug, wenn sie einen geliebten Menschen verloren haben? Gehen diese Kommentatoren tatsächlich davon aus, dass Menschen mit Vorerkrankungen, welche übrigens zuhauf nicht im entferntesten mit einer Lungenkrankheit zu tun haben, "sowieso bald gestorben wären"? Derartige Kommentare bleiben uns leider nicht erspart. Das ist traurige Realität.
Offenbar wurde viel zu vielen meiner Mitmenschen in ihrer Kinderstube kein Fünkchen Empathie mitgegeben. Und ganz offensichtlich hatten diese Leute noch nie den Verlust eines geliebten Menschen zu verschmerzen. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass so viele Kommentatoren sich derart taktlos unter Artikeln auslassen, wie es zuletzt bei dem tragischen Todesfall einer 21-Jährigen aus Oberfranken der Fall war.
Spekulieren über "Vorerkrankungen" ist geschmacklos
Noch einmal zum Festhalten: Wenn ein Mensch, der im Zusammenhang mit dem Coronavirus gestorben ist und erwiesenermaßen Vorerkrankungen hatte, heißt das nicht, dass der Mensch auch an diesen Vorerkrankungen gestorben wäre. Schon gar nicht zu diesem Zeitpunkt. Eine "Vorerkrankung", von der aktuell ständig gesprochen wird, kann auch Diabetes oder Bluthochdruck sein. Diese Krankheiten erhöhen nach Einschätzung von Ärzten das Risiko, dass Covid-19 schwerer verläuft als bei einem Menschen ohne eine entsprechende "Vorerkrankung". Dennoch bedeutet das keinesfalls automatisch, dass ein Patient zum gleichen Zeitpunkt unmittelbar an den Folgen von beispielsweise Diabetes oder Bluthochdruck verstorben wäre. Diese Unterstellungen sind haltlos und - ich wiederhole mich - geschmacklos!
Todesmeldungen, wie die der 21-Jährigen aus Oberfranken, die nachweislich an ihrer Infektion mit dem Coronavirus gestorben ist, sind glücklicherweise selten. Deutlich mehr Menschen sterben aktuell im höheren Alter an oder mit Covid-19. Doch auch ein fortgeschrittenes Alter lässt es nicht zu, dass ein Todesfall relativiert wird. Selbst wenn die Lebenserwartung eines beispielsweise 87-jährigen Seniors geringer gewesen wäre, als die einer 21-jährigen Frau, ist es nicht in Ordnung, zu betonen, dass der Mensch ja "eh nicht mehr lange gelebt hätte". Erstens können wir das nicht wissen und zweitens steht es uns einfach nicht zu über den Tod von Menschen zu urteilen!
Wir reden hier von einer Pandemie. Und zu einer Pandemie gehören auch Tote .. ob das uns jetzt gefällt oder nicht. Ist nun einmal so. Und wenn wir uns die gestorbenen ansehen, dann ergibt sich ganz eindeutig eine Konstellation aus höherem Alter und bestimmten Erkrankungen. Das ist für eine Pandemie nichts neues, lediglich eine Verschärfung von Krankheitsbedingungen. Und wenn wir uns dann z.b. die Eskalation im Würzburger Pflegeheim ansehen, dann gab es einfach verschiedene Momente, die zu diesem Dilemma geführt haben. Ein solches Ergebnis wäre nicht zu erwarten gewesen, bei "normal" gesunden Menschen, jüngeren Alters. Ein Tod ist immer im Individualfall ein schreckliches Erlebnis. Aber ... auch wenn jetzt manche zynisch empfinden ... ein Tod kann auch eine Erlösung sein. Gerade auch bei alten Menschen, die lange in einem Heim liegen und alle wissen, es wird nicht besser werden. Liegen mit den Gefahren von Austrockung, weil das Trinken erschwert ist, und die Frage nach Druckgeschwüren weil aufgrund von Personalmangel die notwendige zweistündige entlastende Drehung nur suboptimal funktioniert. Schwerdemente Patienten, die "irgendwie ruhig" gestellt werden, weil sie sonst den ganzen Stationsbetrieb durcheinander bringen, die nächsten Angehörigen nicht mehr erkennen .. usw. Wenn wir von einer idealisierten heilen Welt ausgehen ist das alles schlimm. Denn wir sind nicht nur Teil dieser heimeligen heilen Welt, wir sind auch Teil einer gnadenlosen kapitalistischen Welt, die zudem das alles erwirtschaften muß in den nächsten Jahren. Erwirtschaftet von jenen, die dann noch arbeitsfähig im Berufsleben genügend verdienen, um das alles zu bezahlen. Insoweit gehe ich einig mit den Aussagen von Schäuble.
Betreffs Vorerkrankung: Die Tante meines Mannes hatte mit 60 Jahren einen Schlaganfall. Hätte es damals Covid-19 gegeben und sie wäre gestorben - tja, kann man nichts machen, Covid-19 ist ja eigentlich völlig harmlos, nur ihre Vorerkrankung nicht. Im Grunde genommen war es also nicht Covid-19, sondern der Schlaganfall. Damals gab es aber kein Covid-19 und so konnte sie 93 Jahre alt werden ohne Prädikat "Risiko".
Prinzipiell hätte der Kommentator recht... würden nicht die "mit" Corona Gestorbenen ständig als Argument hergenommen, dass man uns noch viel weiter gängeln und die Grundrechte noch weiter beschneiden müsste. Und ja, es ist durchaus eine Überlegung wert, ob man nicht doch vielleicht einfach nur die Risikogruppe isoliert, anstatt die komplette Bevölkerung. Denn unter normalen Umständen werden auch regelmäßig lediglich die Risikogruppen isoliert. Zum Beispiel der nach einer Transplantation mit Immunsuppressiva Behandelte. Da kommt keiner auf die Idee, alle anderen "wegzusperren", damit sich der Transplantationspatient frei bewegen kann...
Die Diskussion rund um Corona entbehrt schon längst jeder Vernunft und wird nur noch auf höchst emotionaler Ebene geführt. Und hat dabei unabsehbare Folgen für die Weltbevölkerung.
Antwort auf "ArnoNym" Bitte informieren Sie sich, warum Südkorea die Pandemie im Griff hat und was dort die Menschen zu den Beschränkungen sagen. Trotz verpflichtender App schreit da niemand herum wegen Grundrechte und es wird auch niemand weggesperrt. Die Südkoreaner akzeptieren es einfach, weil es um Leben und Gesundheit geht. Marion Bergler war 41 Jahre und kerngesund. Nach meinem Wissen gehörte der 57jährige Polizist aus München, der sich im Dienst ansteckte, auch keiner Risikogruppe an. Es sind eben nicht nur ausschließlich die Risikogruppen, bei denen Covid-19 dramatische Folgen hat. Sehen Sie sich mal spaßeshalber um, wieviele übergewichtige Menschen herumlaufen. Gehören alle zur Risikogruppe. Alle wegsperren? Würden viele Menschen sich an den Südkoreaner orientieren, wären die Folgen der Pandemie für die Weltbevölkerung und für die Wirtschaft erheblich milder. Denn die Südkoreaner brauchen nicht ihre gesamte Wirtschaft stoppen - sie handeln vernünftig. Unvernünftig und rein emotional ist das ewige Gezeter um Einschränkungen und Grundrechte.
Natürlich sterben auch "kerngesunde" Menschen an Covid19... Es sterben auch Menschen an eingewachsenen Zehennägeln. Wollen Sie jetzt einen monatlichen Besuch beim Podologen verpflichtend machen? So tragisch diese Einzelfälle sind, sollte man doch auch die Relationen im Auge behalten. Und die Situation in Deutschland mit der in Südkorea zu vergleichen ist in etwa so hilfreich wie der Vergleich mit Schweden. ... und warum machen wir es nicht gleich wie Nordkorea? Von dort wird keine einzige Infektion gemeldet.