Würzburgerin leitete Einsatz im Flüchtlingslager im Irak

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Fünf Monate lang war Anja Wolz im irakischen Flüchtlingslager Domeez tätig. Foto: Pat Christ
Fünf Monate lang war Anja Wolz im irakischen Flüchtlingslager Domeez tätig.  Foto: Pat Christ

Eine Würzburgerin arbeitete für Ärzte ohne Grenzen im Irak.

Im Sommer wurde das irakische Flüchtlingslager Domeez überschwemmt mit Syrern, die vor dem Bürgerkrieg flohen: Bis zu 1000 Menschen kamen täglich über die Grenze. Dies bedeutete eine immense Herausforderung für Hilfskräfte wie die Würzburgerin Anja Wolz, die sich vor Ort um die Flüchtlinge kümmerten. Nach ihrer Rückkehr aus dem Irak sprach unsere Mitarbeiterin Pat Christ mit der Einsatzleiterin von der Organisation "Ärzte ohne Grenzen" über ihre Erlebnisse im Camp.

Sie haben Knochenarbeit im Lager von Domeez hinter sich. Wie war das, in der 24-Stunden-Klinik so viele syrische Flüchtlinge zu betreuen?
Anja Wolz: Als im August all die Kurden ins Camp kamen, waren wir von früh bis Mitternacht da und haben versucht, zu helfen. Die meisten Flüchtlinge gingen damals abends, wenn es dunkel wurde, über die Grenze und kamen dann nachts im Flüchtlingslager an.
Zum Glück hatten wir viele Mitarbeiter und ein sehr motiviertes Team. Die meisten Mediziner, Krankenschwestern und Pfleger, die von uns eingestellt wurden, um in der Klinik mitzuarbeiten, waren selbst syrische Flüchtlinge.

Sie sind schon viel Jahre für "Ärzte ohne Grenzen" engagiert. Wie war Ihr Einsatz im Irak im Vergleich zu Ihren anderen Einsätzen?
Die Flüchtlinge sind in Dohuk willkommen, da es sich um Kurden handelt. Dohuk liegt ja in der Autonomen Region Kurdistan im Irak. Das ist anderswo oft nicht der Fall. Das machte diesen Notfalleinsatz dann auch leichter als manchen anderen. Was das Schicksal der Flüchtlinge anbelangt, war der Einsatz natürlich schwierig. Fast jeder Flüchtling verlor ein Familienmitglied. Im Vergleich zu Haiti, wohin ich kurz nach dem Erdbeben kam und lauter Tote sehen musste, war der Einsatz aber weniger belastend.

Was ging Ihnen diesmal besonders nahe?
Der Abschied nach fünf Monaten. Sowohl von den Mitarbeitern in der Klinik, als auch von den Flüchtlingen. Ich wurde von den Syrern ständig zum Tee eingeladen - wohin ich auch kam. Die Gastfreundlichkeit dieser Menschen ist wirklich wunderschön. Mit einigen konnte ich mich auf Englisch, mit ein paar sogar auf Deutsch unterhalten. Aber ich hatte auch immer meinen Assistenten dabei, der für mich übersetzte. Die Menschen waren glücklich, mit uns reden zu können. Ich habe gespürt, wie sehr es ihnen half, wenn ich ihnen auch nur einige Minuten lang zuhörte.

Inwieweit schreckt Sie das Leid der Menschen noch? Wie schwer ist es für Sie, damit professionell umzugehen?
Natürlich schockiert mich das Schicksal der Menschen bei den jeweiligen Notfalleinsätzen jedes Mal. Ich hoffe auch, dass ich mein Mitgefühl niemals verlieren werde. Aber natürlich gibt es auch eine professionelle Barriere. Das ist bei diesen Einsätzen sogar sehr wichtig. Das Team, mit dem man zusammenarbeitet, hilft, das Erlebte zu verarbeiten. Bei "Ärzte ohne Grenzen" gibt es außerdem Psychologen, mit denen man nach jedem Einsatz reden kann.

Sie sind nur vorübergehend in Deutschland. Wann brechen Sie wieder auf? Und wohin?
Nächste Woche wird es schon wieder losgehen. Wohin, weiß ich nicht genau. Ich gehöre dem Notfallpool bei "Ärzte ohne Grenze" an. Das bedeutet, dass ich mich bereit erklärt habe, überallhin zu gehen, wo es einen Notfall gibt. Das kann zum Beispiel eine Epidemie sein, die irgendwo ausgebrochen ist. Oder ein Hurrikan oder ein Erdbeben. Es kann auch sein, dass ich in ein Kriegsgebiet geschickt werde. Ich bin offen für alles.

Werden sie wieder für länger - also inklusive Weihnachten und Silvester - in einem Krisengebiet tätig sein?
Ja, die Einsätze dauern normalerweise bis zu drei Monate. Sehr wahrscheinlich werde ich also an Weihnachten nicht bei meiner Familie sein. Doch ich hatte nun Gelegenheit, den 79. Geburtstag meines Vaters mitzufeiern. Das war mir eigentlich wichtiger als Weihnachten.