Würzburger Stachel erhält eigene Chronik

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Zwei Jahre lang suchte Rainer Adam Material für seine "Stachel"-Chronik. Fotos: Pat Christ
Zwei Jahre lang suchte Rainer Adam Material für seine "Stachel"-Chronik. Fotos: Pat Christ
Im kommenden Jahr feiert das Würzburger Weinhaus "Zum Stachel" 600. Geburtstag.
Im kommenden Jahr feiert das Würzburger Weinhaus "Zum Stachel" 600. Geburtstag.
 
Diese Glasscheibe soll zum Jubiläum wiederhergestellt werden.
Diese Glasscheibe soll zum Jubiläum wiederhergestellt werden.
 

Rainer Adam verfasst die Chronik des ältesten Weinhauses der Stadt: der Würzburger Stachel. Dort wird bereits seit 1413 Wein ausgeschenkt - das Jubiläum soll nächstes Jahr groß gefeiert werden.

Mit diesem Buch wird in Kürze das Jubiläumsjahr eingeläutet: In Kürze präsentiert Rainer Adam seine mehr als zwei Jahre lang recherchierte Chronik des Würzburger Weinhauses "Stachel". Im Frühjahr feiert das älteste Weinhaus der Domstadt 600. Geburtstag. "Es gibt eine Urkunde vom 7. April 1413", erzählt Adam. Der Metzger Hanns Rehlein, besagt diese, kaufte damals zusammen mit seiner Ehefrau und Wirtin Margarethe das Anwesen, auf dem der "Stachel" heute steht.

Wie die Urkunde weiter erwähnt, zahlte Rehlein dafür 200 rheinische Gulden. Alt war das von ihm fortan als Gasthaus bewirtschaftete Anwesen aber schon damals. Das romanische Doppeltor zum Innenhof wurde schon um 1200 errichtet. Im Würzburger Lehensbuch tauchte das Anwesen um 1310 als "hinterer Gressenhof" auf, hundert Jahre später findet sich die Bezeichnung "Viertelhof". Steuern und Abgaben wurden hier entrichtet.
Im Bauernkrieg war der "Stachel" Treffpunkt der rebellierenden Bürger und Bauern. Der Name "Stachel" rührt angeblich aus dieser Zeit. Ein herausgehängter Stachel, auch "Morgenstern" genannt, soll das Hauptquartier gekennzeichnet haben.


Edles Florian-Geyer-Menü

Ein "Florian-Geyer-Menü" aus Rehcappucino mit kleinen Maultaschen, kombiniert mit Blauen Zipfeln vom Biokalb, Zander, Perlhuhn, Käse und Sanddorn-Sorbet erinnert heute zumindest den Namen an diese Epoche. Ob sich die aufständischen Bauern dieses Mahl wohl hätten leisten können?

Wahrscheinlich nicht. Der Stachel setzt heute auf exquisite Küche. Das Sechs-Gang-Menü zu Ehren Florian Geyers kostet denn auch 72 Euro, wird Weinbegleitung erwünscht, sind es 42 Euro mehr.


Scheibe erinnert an Stachelwirt

Der einstige Gressenwirt hatte offenbar nicht nur reinen Gelderwerb im Sinn. Nach der Niederschlagung des revolutionären Aufruhrs im Anschluss an den gescheiterten Sturm der Bauern auf die Festung Marienberg versteckte er viele Bauern oder verhalf ihnen zur Flucht. Deshalb wurde er hart bestraft, sein Haus mit hohen Abgaben und Steuern belegt.

Einst erinnerte eine Glasscheibe mit dem Titel "Der Stachlwirt a. D. 1525" des 1940 verstorbenen Würzburger Bildhauers und Grafikers Heinz Schiestl hieran. Derzeit ist die Scheibe nicht in natura zu sehen, denn das Bild wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Für das Jubiläumsjahr soll es wieder hergestellt werden.


Umbau vor 100 Jahren

Vergleichsweise geruhsam ging es in den folgenden Jahrzehnten zu. Die Besitzer wechselten, immer wieder wurde umgebaut. Zum Beispiel durch die Patrizierfamilie Hahn im Jahr 1676. Danach prägte der Stil der Spätrenaissance das Gasthaus. "Vor rund 100 Jahren ließ dann Kaspar Burger den Hof umbauen", fand Rainer Adam heraus.

Er wollte den oberen Bereich erschließen. Seitdem gibt es eine Empore. Ebenfalls rund 100 Jahre alt sind die Glasbilder der Männer und Frauen in fränkischer Tracht mit den Schriftbändern, die der Künstler Schiestl für den "Stachel" entwarf und der Glasermeister Matthias Niebler ausführte.


Metzger, Brauer, Bäcker als Wirt

Gasthäuser gehören seit Entstehung der Städte zur urbanen Infrastruktur. Wobei die meisten Gastwirte ihre Schenke nebenbei betrieben. Hanns Rehlein war von daher typisch.

Vor allem Metzger wie er, aber auch Brauer oder Bäcker betrieben Gasthäuser. Erst seit dem 16. Jahrhundert gibt es Gastwirte im Hauptberuf. Rainer Adam, der dies nachzeichnet, macht in seiner illustrierten Chronik ein Stückchen Würzburger Geschichte lebendig.

Besonders reizvoll sind die bis zu 130 Jahre alten Ansichtskarten, die er bei Postkartenhändlern aufstöberte. Eine Augenweide sind daneben die wunderbaren, historischen Wein- und Speisenkarten. Eine von ihnen stammt tatsächlich noch aus dem Jahr 1919.