Waschen wenn der Wind weht
Autor: Norbert Finster
Lülsfeld, Montag, 15. Sept. 2014
Wenn die Sonne scheint und der Wind weht, am besten gleichzeitig, dann könnte es in Zukunft sein, dass viele Menschen mit einem Mal die Waschmaschinen anwerfen. Warum das? Ganz einfach. Weil sie dann so günstigen Strom bekommen, dass sich eine Veränderung von Zeitplänen finanziell einfach lohnen wird.
Wenn die Sonne scheint und der Wind weht, am besten gleichzeitig, dann könnte es in Zukunft sein, dass viele Menschen mit einem Mal die Waschmaschinen anwerfen. Warum das? Ganz einfach. Weil sie dann so günstigen Strom bekommen, dass sich eine Veränderung von Zeitplänen finanziell einfach lohnen wird.
Sie können dann aus einem „Stromsee“ schöpfen. Denn zu gewissen Zeiten produzieren Sonne und Wind auch in der Region jetzt an vielen Stunden mehr Strom, als gebraucht wird. Kurz: Strom und sein Preis werden immer mehr mit dem Wetter zu tun haben. Das sagen die Experten im Stromhandel bei der Unterfränkischen Überlandzentrale (ÜZ) in Lülsfeld, die im Landkreis Kitzingen unter anderem Volkach, Sommerach, Prichsenstadt und Wiesentheid versorgt.
Für die Lülsfelder wird schon jetzt das Stromgeschäft immer komplizierter. Schuld daran sind die schwer prognostizierbaren Strommengen, die aus regenerativen Energien kommen und die nun mal immer noch nicht speicherbar sind, zumindest nicht wirtschaftlich.
Strom-Einkäufer Michael Münch: „Der Lieferant wird immer mehr zur Feuerwehr, der Eigenverbraucher nur noch dann versorgt, wenn zum Beispiel nichts von Dach kommt.“ Deswegen ist die ÜZ gezwungen, neue Wege beim Stromhandel zu gehen.
Seit Anfang 2013 verfahren die Lülsfelder nach dem Prinzip des Portfolio-Managements. Eine zentrale Rolle spielt dabei die eigene Wetterstation. Die schauen sich Portfolio-Managerin Ilona Feth, Michael Münch und Melanie Kaiser-Friedrich jeden Tag genau an und ermitteln aus ihren Prognose-Erkenntnissen einen Bedarfsplan für Strom. „Die ersten beiden Tage gehen in der Regel gut, der dritte schon nicht mehr so und der vierte wird problematisch“, sagt Michael Münch zur Sicherheit der Prognosen.
Nach der Wettervorhersage entwerfen die drei ihre Verbrauchs- und Einspeisemengen und zwar mittlerweile in viertelstündlichen Segmenten. Also genau 35 040-mal im Jahr. Auf Basis dieser Berechnungen wird dann an der Börse Strom bestellt oder angeboten.
Dabei versuchen die Experten der ÜZ natürlich Abgabe und Bezug in jeder Viertelstunde so weit wie möglich abzugleichen. Ein „Heimvorteil“ der Lülsfelder ist es dabei, dass sie das Verbrauchsverhalten ihrer Bezieher kennen. „Wir fragen ab, wann ein Betrieb Betriebsurlaub hat oder an einem Brückentag schließt“, sagt Münch.