Versuchter Mord: Angeklagter schildert Tat
Autor: Gisela Schmidt
Würzburg, Dienstag, 18. Oktober 2016
„Ich wollte nicht, dass sie sehr leidet“ - so erklärt ein 20-Jähriger, warum er seiner Ex-Freundin in Hals, Kopf und Nacken stach. Nun ist die Frau querschnittsgelähmt.
Weil sie ihn verlassen hat und er „nicht von ihr loskam“, hat ein 20-Jähriger am 4. Januar versucht, seine Ex-Freundin zu töten . Ein Freund begleitete ihn. Die 22-Jährige ist heute querschnittsgelähmt, ein selbstständiges Leben ist für sie nicht möglich.
„Ich wollte einen Neustart“, sagt der 20-Jährige im Prozess wegen versuchten Mordes vor dem Landgericht Würzburg, „ich wollte nichts mehr mit ihr zu tun haben“.
Gegenüber hätten sie sich gestanden im Schlosspark von Wiesentheid (Lkr. Kitzingen). Nach dem ersten Stich, der sie in den Hals traf, habe die 22-Jährige geschrien. Dann habe er ihr in den Kopf gestochen. „Sie ist zu Boden gegangen. Sie hat weiter geschrien.“ Warum er ihr nun in den Nacken stach? „Ich wollte nicht, dass sie zu sehr leidet“, sagt der Mann mit dem Kindergesicht und den kurzen Haaren.
Die rechtsmedizinische Gutachterin will wissen, ob das Opfer nun bewusstlos war. „Bewusstlos kann man das nicht nennen“, sagt der 20-Jährige, „ich war ziemlich sicher, dass sie tot ist“. Er und sein mitangeklagter 19-jähriger Freund ließen das Opfer mit lebensgefährlichen Verletzungen liegen. Erst am nächsten Morgen wurde die Frau gefunden und in eine Klinik geflogen.
Der 20-Jährige hat vor Gericht nicht nur ein Geständnis abgelegt. Er beantwortet auch Fragen. Anwalt Peter Auffermann, der das Opfer vertritt, nimmt den Angeklagten in die Mangel, erinnert ihn daran, dass er doch schon eine neue Freundin gehabt habe, als er die 22-Jährige fast tötete. „Wenn Sie einen Neustart wollten, warum wollten Sie meine Mandantin dann umbringen?“, fragt er. „Gefühle kann man nicht abstellen“, antwortet der Angeklagte ruhig, „ich habe keinen anderen Ausweg gesehen.“
Widersprüche in seinen Aussagen nach der Tat bei der Polizei und jetzt vor Gericht begründet er mit Erinnerungslücken. „Ich habe versucht, das alles zu verdrängen.“ Seine Akte sei er während der U-Haft „vielleicht ein oder zwei Mal durchgegangen“, sagt der Mann, dessen Intelligenzquotient bei 126 liegen soll.
Sein mitangeklagter Kumpel schweigt. Der 19-Jährige, der an diesem Prozesstag ein auffälliges Holzkreuz um den Hals trägt, soll laut Anklage von dem Plan seines Freundes gewusst und die Frau in den Park gelockt haben. Bei den Messerstichen sei er dabeigewesen, sagt die Staatsanwaltschaft. Und nach der Tat sei er mit dem Freund per Taxi von Wiesentheid nach Kitzingen gefahren.