Vielleicht ist es nach einem Jahr an der Zeit, mit einigen Irrtümern aufzuräumen. Die „Woche“ will etwas sein, an der sich Leser reiben. Probieren Sie's aus!
Diese Kolumne gibt es seit über einem Jahr, und fast ebenso lange begegnet mir die Frage, ob die an dieser Stelle beschriebenen Personen und Geschichten real seien. Wäre ich sensibel, müsste ich an dieser Stelle wahlweise beleidigt oder in meiner Berufsehre gekränkt sein. Ich bin Journalist, kein Romancier. Ich beschreibe die Wirklichkeit (oder das, was ich für die Wirklichkeit halte). Fiktive Storys sind nicht meine Welt, allenfalls Satire, und die ist – so hoffe ich zumindest – auf den ersten Blick zu erkennen und zu dechiffrieren.
Ich frage mich: Ist das, was auf der Welt geschieht und ich in Auszügen schildere, tatsächlich so erstaunlich, dass es die Leute kaum glauben mögen? Dies wäre die angenehmere Erklärung. Oder trauen sie Journalisten und Zeitungen generell nicht mehr? Das wäre ernüchternder, wenn auch kaum zu ändern.
Ich kann und will Menschen nicht vorschreiben, was sie zu glauben haben und was nicht; Glaube ist ja etwas sehr Subjektives. Jeder glaubt (an) etwas anderes. Die ARD hat gerade erst eine ganze Themenwoche dem Glauben gewidmet. Als Journalist, der sich der Wahrheit verschrieben hat, kann man immer nur darum werben, dass einem einer glaubt und vertraut. Erzwingen lässt es sich nicht.
Vor einiger Zeit schrieb ein Leser im Internet unter die „Woche“, er habe diese Kolumne sonst immer sehr gern gelesen, aber in letzter Zeit nicht mehr. Leider blieb er weitergehende Erklärungen schuldig, so dass ich nicht weiß, was er „sonst“ mehr schätzte und was ihm in neuerer Zeit weniger gefällt. Vielleicht ist es nach gut einem Jahr und ein paar ähnlich kryptischen Reaktionen einfach mal an der Zeit, mit manchen Irrtümern aufzuräumen und zu erläutern, was die „Woche“ eigentlich ist.
Nun, sie ist eine Art Rückblick, aber eben nur eine Art. Denn sie gibt keinen chronologischen Überblick – und schon gar nicht erhebt sie einen Anspruch auf Vollständigkeit. Im Gegenteil, sie bildet immer nur einen Teil des Ganzen ab: ein Ereignis, eine skurrile Begebenheit. Oder eine Beschreibung aus dem Alltag der Redaktion. Und manchmal eben auch die ganz persönlichen Gedanken und Ansichten eines Redakteurs, die er während der Woche als geistigen Ballast mit sich herumschleppt und an dieser Stelle abladen will.
Diese „Woche“ hat viele Facetten und Darstellungsformen. Aber die Vielfalt an Reaktionen und Rückmeldungen zeigt uns, dass sie gerne gelesen wird – ganz egal, ob sie nun die eigene Meinung spiegelt. Das ist im Übrigen auch nicht beabsichtigt. Im Idealfall bringt sie die Leute zum Nachdenken. Mit unverbindlichen, rein nachrichtlich formulierten Botschaften wird dies kaum funktionieren. Dazu braucht es zugespitzte und profilierte Stücke, an denen man sich reiben kann.
Die ZEIT wagt sich der- zeit an ein gesellschaftliches Experiment. Es nennt sich „Deutschland spricht“ und will quer durch die Re-publik Paare einander unbekannter Menschen zusammenbringen – Redakteure und Leser –, die dann über ihre gegensätzlichen politischen Ansichten streiten. In einem ersten Versuch hat sich gezeigt: Streiten ist gar nicht so einfach.