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Vom Ruhestand in den Abstiegskampf


Autor: Eike Lenz

Iphofen, Freitag, 11. März 2016

Elmar Most wollte als Trainer ein halbes Jahr pausieren. Dann kam der Anruf aus Iphofen, der seine Pläne durchkreuzte.
Verbiegen lässt sich Elmar Most als Trainer nicht, auch nicht bei seiner zweiten Iphöfer Mission.


An einem Donnerstag im Januar klingelt bei Elmar Most nachts um halb zehn das Telefon. Die Sache scheint dringend, es bleibt nicht sehr viel Zeit. Vier Tage später steht Elmar Most im Vereinsheim des FC Iphofen und weiß nicht recht, was er hier tut. Am fünften Tag dann gibt es kein Zurück mehr: Er ist wieder im Geschäft. „Ich hatte mich gefreut, mal ein halbes Jahr nichts zu machen und mehr Zeit für die Familie zu haben“, erzählt Most. Zu früh gefreut! Jetzt ist er Trainer des FC Iphofen, eines Klubs, der zielsicher dem Abstieg entgegen taumelt, und sagt: „Darauf war ich nicht vorbereitet.“

Der Flug der Lederkugel ist manchmal unberechenbar, aber wer den Fall etwas näher betrachtet, erkennt eine gewisse Logik. Als der Fußball zuletzt ruhte, begann das Trainerkarussell zu rotieren: Most gab sein Amt beim SV Willanzheim auf, Michael Volkamer ging vorzeitig in Iphofen. Bei beiden waren es, wie man hörte, Vertrauensbrüche mit dem jeweiligen Vorstand, die zu der Trennung führten. Äußern mag sich dazu keiner. Nur soviel sagt Most: Er habe Iphofens Klubführung gebeten, noch einmal mit dem Kollegen Volkamer zu sprechen. Doch am Ende blieben alle Schlichtungsversuche erfolglos.

Vielleicht hätte Most einem anderen Klub tatsächlich einen Korb gegeben, vielleicht hätte er auf das halbe Jahr Auszeit für sich bestanden. Aber mit Iphofen verbindet ihn eine lange Geschichte. Mit dem FC hatte er den größten Triumph der letzten 25 Jahre erlebt, als er den Verein im Juni 2008 in der Relegation zum Aufstieg in die Kreisliga führte. Kaum ein Jahr später erfuhr er die vielleicht größte Enttäuschung seiner Laufbahn. Most sprach von „Dingen, die nicht okay waren“, von Drohgebärden war die Rede, von explosiver Stimmung. Die Kritiker, so war zu lesen, hätten ihre „Messer gewetzt“.

Most will daraus heute kein Thema und vor allem keine Schlagzeile mehr machen, ganz normaler Theaterdonner sei das gewesen. „Solche Dinge“, sagt er routiniert, „passieren mal im Trainerleben. Für mich war das kein Problem.“ So riss die Bande zwischen ihm und dem FC auch in den Jahren danach nie ab. Most machte sich um den Nachwuchs der JFG Schwanberg verdient, in der Iphofen gemeinsam mit Hoheim, Mainbernheim und Sickershausen die Interessen bündelte. Und irgendwann war so viel Gras gewachsen über die alte Sache, dass der Verein ihn wieder als Trainer für die erste Mannschaft haben wollte.

Most war geehrt und sagte für den Sommer zu. Er konnte nicht ahnen, dass sich die Dinge anders entwickeln würden als geplant.

Nun startet seine Mission deutlich vor der Zeit – in einer „sehr schwierigen Phase“, wie er sagt. Der FC steckt mitten im Abstiegskampf und hat angesichts der neun Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz die A-Klasse vor Augen. Most wird in den verbleibenden dreizehn Spielen versuchen, das Unmögliche doch noch möglich zu machen – allein schon, um seinen Schützlingen noch einmal ein Motivationsziel zu bieten. Dass vergangenen Dienstag 21 Mann zum Training kamen, sei ein „gutes Ergebnis“, das ihn „angenehm überrascht“ habe. Es sind kleine Zeichen der Hoffnung im Abstiegskampf. Für den großen Wurf werden sie dem Anschein nach nicht reichen.

Also blickt auch Most schon etwas weiter – auf die nächsten Jahre, die er nutzen will, etwas aufzubauen, wie er es immer versucht hat bei seinen Vereinen. Er weiß, dass der Klub auch in der A-Klasse nur dann eine gute Rolle spielen wird, wenn die personelle Besetzung passt. Dass Iphofen im Sommer wohl keinen U19-Spieler aus der JFG erhalten wird, gibt auch Most zu denken. „Das hat verschiedene Ursachen, über die sich der Verein Gedanken machen muss“, sagt der um kritische Worte zur rechten Zeit nie verlegene Trainer. Etliche Jugendliche hat der FC die letzten Jahre verloren – an Klubs wie Bayern oder SSV Kitzingen, die ihnen offenbar bessere Perspektiven boten. Iphofen verweigerte sich vor Jahren, als es darum ging, mit den U15-Junioren in die Bezirksoberliga aufzusteigen.

Als der Verein dann auch noch die älteren Leistungsträger verlor, Spieler wie Sebastian Klinger, Benedikt Jandl oder aktuell den Stürmer Lukas Weigand, der eine Verletzung kuriert, war der Niedergang nicht mehr zu bremsen. Most kann auf eine halbwegs stabile Abwehr bauen, aber die Tore, die seiner Mannschaft fehlen, um in der Kreisklasse konkurrenzfähig zu sein, wird er nicht selbst schießen können.

Nur 15 in 15 Spielen, das zeigt, wo es hapert. Sein Team ist jung – das kann ein Vorteil sein, weil noch einiges zu erwarten ist von ihm; das kann in der heutigen Zeit aber auch ein Nachteil sein. Denn viele der Jungen brechen die Entwicklung vorzeitig ab. Dass sie es in Iphofen ohne einen alten Haudegen wie Sebastian Klinger aufnehmen wollten, der bereit gewesen sein soll, sich noch einmal in den Kampf zu werfen, spricht für Selbstvertrauen und Mut. Dann aber müssen die Jungen auch liefern.

Von der Kreisliga spricht zunächst einmal keiner mehr. Häufig war der FC Iphofen die vergangenen Jahre als Aufstiegskandidat gehandelt worden, vielleicht so lange, bis man es selbst glaubte. Noch vor dieser Saison hatte der Klub als Ziel „ca. 50 Punkte“ angegeben – damit wäre man vergangene Runde Dritter geworden. Jetzt gilt der Blick auf das Tableau eher als hinderlich. „Die Kunst wird es sein“, sagt Most, „die Tabelle aus den Köpfen zu kriegen.“