„Der Mount Everest ist ein Mode-Berg“
Autor: jüs
Kitzingen, Freitag, 05. Juli 2019
Andreas Grau hat die Faszination des Kletterns entdeckt, bevor es zum Boom wurde. Im Interview spricht der 43-Jährige über Gefahren am Berg und darüber, warum man Egoist sein muss.
Andreas Grau ist ein bodenständiger Typ, der manchmal hoch hinaus will. Ein Rhöner aus Reyersbach, der bei Siemens Bad Neustadt im Service arbeitet. Das Klettern ist die große Leidenschaft des 43-Jährigen, der dem Bad Kissinger Alpenverein angehört und im Besitz des Trainer-B-Scheins für Hochtouren ist. Ein Gespräch über Freiheit, spektakuläre Ausblicke, Rituale am Gipfel und darüber, warum ein Bergsteiger Egoist sein muss.
Frage: Wie bist du zum Klettern gekommen?
Andreas Grau: Als Kind bin ich mit meinen Eltern immer in den Bergen gewesen. Als Teenager, so mit 14, ha-be ich damit aufgehört, da waren andere Sachen wichtiger. Als 20-Jähriger war ich mit einer Freundin und meinen Eltern mal wieder unterwegs in den Bergen – das gefiel uns beiden überraschend gut. Ein Jahr später hat es mich dann gepackt. 1999 habe ich mich im Alpenverein in Bad Kissingen angemeldet. Man bekommt hier gute Anleitung und Kurse, um nicht unvorbereitet ins Gebirge zu gehen. Mittlerweile bin ich ja auch im Vorstand.
Was ist reizvoller: der Aufstieg oder der Abstieg?
Grau: Beides hat seine Reize. Geht man rauf, ist man erwartungsvoll, ob man überhaupt den Gipfel erreicht. Beim Abstieg hoffst du, heil herunterzukommen. Ich bin nach einem Abstieg glücklicher als beim Aufstieg. Oft sind die Verhältnisse ausschlaggebend, gerade bei Touren über 3000 Meter. Besteht Lawinengefahr? Trägt der Schnee? Ist eine Eiswand mit Seil oder ohne Seil begehbar? Ich bin gerne schnell unterwegs und versuche, bis zu einem gewissen Grad seilfrei zu gehen. Mit Seil brauche etwa 50 Prozent länger.
1#googleAds#100x100Bist du auch sonst ein Mensch, der gerne Herausforderungen sucht?
Grau: Ich laufe schnell, fahre gerne auch mal schnell mit dem Fahrrad, bevorzugt bergab. Auch im Beruf gab es mal eine Hürde: Ich musste bei der IHK meinen Fachwirt nachmachen, um weiterzukommen. 20 Jahre nach der Schule musste ich das Lernen erst wieder lernen. Von 21 Teilnehmern, die ja alle viel jünger waren, haben es zehn geschafft – und ich war dabei. Da war ich schon stolz. Den Klettersport kann man mit dem Leben vergleichen. Man kann sich Kraft holen und daraus vieles ableiten – wie auf einer Route, die man sich vorgenommen hat.