Schutzstreifen für Radler?

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Begrünt und mit Zebrastreifen: So ähnlich soll der Übergang von der Alten Mainbrücke in die Innenstadt einmal aussehen. Fotomontage: BSV Aachen
Begrünt und mit Zebrastreifen: So ähnlich soll der Übergang von der Alten Mainbrücke in die Innenstadt einmal aussehen.  Fotomontage: BSV Aachen
 
 

Mehr als nur Make-up für Straßen und Plätze: Kitzingen soll für alle attraktiver und sicherer werden. Zum Beispiel durch Schutzstreifen für Radfahrer, wie hier in Aachen.

"Und jetzt zur Entspannung verkehrliche Themen." Dr.-Ing. Reinhold Baier hatte die Lacher gleich zu Beginn auf seiner Seite. Nach der emotionsgeladenen Diskussion um das Stadtteilzentrum präsentierte er mit ruhiger Stimme den Verkehrsentwicklungsplan für Kitzingen. Doch auch der hat es in sich.

Er birgt zahlreiche Möglichkeiten für ein harmonischeres Miteinander von Fußgängern, Radfahrern und motorisierten Verkehrsteilnehmern. Allerdings kosten die schönsten Gestaltungsvorschläge auch ganz schön Geld.
Dr. Baiers renommiertes Büro für Stadt- und Verkehrsplanung (Aachen) hat sämtliche Verkehrsströme analysiert und eine gesamtstädtische "Mobilitäts-Strategie" entwickelt.
Grundsätzlich geht es dabei darum, ein dichtes und sicheres Fußwegenetz, begrünte Straßenräume und eine sichere Radverkehrsführung zu gewährleisten, gleichzeitig das Bus- und Bahn-Angebot zu stärken und den Kfz-Verkehr stadtverträglich abzuwickeln. Zur Reduzierung des Durchgangsverkehrs und zur Aufwertung der Straßenräume wäre laut Baier auf jeden Fall eine Tempo-30-Zone in der gesamten Innenstadt sinnvoll.

Auch die Parksituation hat Baiers Büro unter die Lupe genommen und schlägt vor, die Bewirtschaftungsformen in den Parkhäusern zu überdenken, um Leerstände zu vermeiden; eventuell könnte auch ein teildynamisches Parkleitsystem für weniger Parkfrust sorgen. Der bisher kostenlose Parkplatz am Fuß der Alten Mainbrücke in Etwashausen soll nach Baiers Vorschlag bewirtschaftet werden und unter anderem für Tourismus-Busse zur Verfügung stehen. Pendler, die dort am Bleichwasen parken, sollen künftig auf den bisherigen "Schotterparkplatz" ausweichen, der besser befestigt werden soll.

Viel ändern könnte sich für Fahrrad- und Elektro-Bike-Fahrer in Kitzingen. Auf Hauptverkehrsstraßen habe sich in den vergangenen Jahren der so genannte Schutzstreifen als das Maß aller Dinge herauskristallisiert, informierte Dr. Baier die Stadträte. Seitlich am Fahrbahnrand werde ein anderthalb Meter breiter Streifen optisch abgetrennt (durch Straßenfarbe); hier in diesem Schutzbereich sollen die Radler ungehindert fahren können. Beidseitig funktioniere das allerdings nur auf Straßen, die mindestens 7,5 Meter breit sind. Bei geringerer Breite könne man sich mit alternierenden Streifen behelfen, die abwechselnd auf den beiden Fahrbahnseiten aufgebracht werden.

"Ich gehe davon aus, dass wir auf der B 8 in Kitzingen Schutzstreifen installieren können", stellte Baier fest. Im "Notfall" dürften diese Streifen vom motorisierten Verkehr überfahren werden. Für die Schutzstreifen seien keine baulichen Veränderungen nötig, sie seien kostengünstig umzusetzen, bewirkten aber dennoch, dass es 50 Prozent weniger Unfälle gebe. "Den Schutzstreifen gehört die Zukunft", zog Baier Bilanz.

Kostenträchtiger als die Kennzeichnung eines Radwegenetzes dürfte der Einsatz eines zusätzlichen Stadtbusses in der Kernstadt werden. Zwischen 500.000 und 900.000 Euro - je nach Fahrstrecke - müssten dafür jährlich aufgewendet werden, rechnete Dr. Baier vor. Die jährliche Unterdeckung läge wohl bei mindestens 200 000 Euro. "Die Erfahrungen mit Stadtbussen sind in Deutschland äußerst unterschiedlich." Das Problem bei der Sache sei auch: "Entweder man macht es ganz oder gar nicht." Halbherzig dürfe man so ein Projekt nicht angehen, sonst sei es von Vornherein zum Scheitern verurteilt.

"Sie haben uns viele Arbeitsfelder aufgezeigt", dankte OB Siegfried Müller nach einer guten Dreiviertelstunde dem Referenten. Nun gelte es, einzelne Ideen im Zuge der geplanten Bürgerbeteiligung auf den Weg zu bringen. Mit 24:5 beauftragte die Ratsmehrheit die Verwaltung, Bürger-Workshops durchzuführen.