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Schrotthändler im Gericht festgenommen


Autor: Manfred Schweidler

Kitzingen, Donnerstag, 02. März 2017

Drei Schrotthändler aus dem Raum Kitzingen stehen vor Gericht und haben versucht, einen Zeugen einzuschüchtern. Sie wurden im Gericht festgenommen.
Gericht (Symbolbild)


Die Strafprozesse um Geschäfte mit Schrott bergen für das Landgericht Würzburg immer wieder Überraschungen: Den Versuch, einen Zeugen einzuschüchtern, erlebten Juristen jetzt im Prozess gegen drei Schrotthändler aus dem Raum Kitzingen bei der 6. Strafkammer. Angeklagt sind Geschäfte, bei denen versucht wurde, das Finanzamt zu „melken“.

Auch beim Verteidiger klickten die Handschellen

Drei Angeklagte sollen mithilfe fingierter Rechnungsschreiber durch angebliche Gutschriften den Schrott „bezahlt“ haben, erklärt Oberstaatsanwalt Boris Raufeisen. Dadurch vermieden sie die Zahlung von Umsatzsteuer in sechsstelliger Höhe. Nach Informationen der Redaktion ging es in dem langwierigen Verfahren nach zähem Beginn Anfang Februar lebhaft zu: Die Angeklagten, die auf freiem Fuß waren, wurden im Gericht festgenommen – samt einem Verteidiger, was selten passiert.

Gegen die Angeklagten ergingen „Haftbefehle gestützt auf den Haftgrund der Verdunkelungsgefahr,“ bestätigt auf Anfrage der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Grund? „Wegen der versuchten Beeinflussung eines Zeugen.“ Und der Verteidiger, der nun selbst einen Verteidiger hat? „Der wurde nicht inhaftiert,“ sagt der Sprecher der Staatsanwaltschaft feinsinnig. Festgenommen wurde der Anwalt zunächst auch, wie die Redaktion erfuhr. Aber der Untersuchungsrichter erließ am folgenden Tag keinen Haftbefehl, als es nichts mehr zu verdunkeln gab.

Es wird getrickst, geschoben und gelogen

Seit Jahren verbringt die 6. Strafkammer um den Vorsitzenden Thomas Trapp einen Großteil ihrer Zeit damit, Licht ins Dunkel solcher Geschäfte von Schrotthändlern in der Region zu bringen, ob in Eibelstadt, Kitzingen oder Aschaffenburg. Da wird getrickst, geschoben und gelogen. Die Richter haben schweigende Familienangehörige erlebt, aber auch unerwartet reuige Komplizen, die plötzlich zu Kronzeugen wurden: Sei es, um eine Rechnung zu begleichen, weil sie glauben, dass sie selbst durch Aussagen der Angeklagten ins Visier der Justiz geraten könnten.

Hartnäckig nachgebohrt

Solche Prozesse gelten als kompliziert und langweilig. Da sitzen kaum Zuschauer und Journalisten im Gerichtssaal. So erlebten jetzt nur Prozessbeteiligte, wie das Gericht bei der Vernehmung eines Beteiligten im Zeugenstand aufhorchte.

Der machte während seiner Vernehmung immer wieder Ausflüchte, suchte Blickkontakt mit den Angeklagten. Bemerkungen ließen darauf schließen, dass er vor seinem Auftritt „ins Gebet genommen“ worden war. „Jetzt schauen Sie mal hierher zu mir,“ forderte ihn der Vorsitzende schließlich auf – und entlockte ihm durch hartnäckiges Nachbohren schließlich die ganze Geschichte.

Die Angeklagten sollen ihn abseits des Gerichtssaals unter Druck gesetzt haben, belastende Aussagen gegen sie zu korrigieren und andere Vorgänge zu verschweigen. In der Kanzlei des Verteidigers im Landkreis Kitzingen sollte die gewünschte Aussage zu Papier gebracht werden, erzählte der Zeuge schließlich.

Daraufhin erfolgten die Festnahmen. Nach vier Wochen in Haft wollen sich die Inhaftierten jetzt doch zur Anklage äußern. Ihre neuen Verteidiger Peter Mökesch und Martin Reitmaier versuchen so, den Schaden zu begrenzen. Ihren Mandanten drohten ja Haftstrafen ohne Bewährung. „Wir haben Tag und Nacht gearbeitet, um das Ruder rumzureißen,“ sagte Peter Mökesch auf Anfrage.

Geständnis

Am Donnerstag gab es eine vom Gericht öffentlich bekannt gegebene Verständigung – ein gerne gewähltes legales Mittel, um langwierige Verfahren abzukürzen. Die Angeklagten kündigten für Freitag Geständnisse an, was von der Kammer für gewöhnlich strafmildernd berücksichtigt wird. Es gab laut Verteidiger Martin Reitmaier auch klärende Gespräche über Steuernachzahlungen mit dem Finanzamt, so dass eine Strafe im bewährungsfähigen Rahmen (maximal zwei Jahre) möglich ist.

Das Urteil dürfte am Freitag fallen. Die Ermittlungen wegen Zeugen-Beeinflussung laufen.