Psychiater: Angeklagte sind unreif
Autor: Gisela Schmidt
Wiesentheid, Montag, 16. Januar 2017
Der Wiesentheid-Prozess wegen versuchten Mordes geht in Würzburg zu Ende – und eines ist klar: Die Angeklagten sind Menschen, die die Schuld stets bei anderen suchen.
Der Prozess wegen versuchten Mordes gegen zwei 19 und 20 Jahre alte Männer vor dem Landgericht Würzburg geht zu Ende – und eines ist klar: Die Angeklagten sind Menschen, die die Schuld stets bei anderen suchen.
„Wären diese 30 Sekunden nicht gewesen, hätte ich alles erreichen können, was ich wollte“, schrieb der 20-Jährige aus der U-Haft: „Eine Familie, ein Haus, ein Auto“. Und sein jüngerer Kumpel, der sich bei seinen Handy-Unterhaltungen stolz „Stoner“ (Kiffer) nennt, jammerte kurz vor der Tat, obwohl er so großzügig sei, seien ihm „nur noch eine Handvoll Leute geblieben“.
Pornofotos verbreitet
Die„30 Sekunden“ sind die Tat, deren die beiden Männer angeklagt sind: Am 4. Januar 2015 sollen sie die Ex-Freundin des 20-Jährigen in den Schlosspark von Wiesentheid (Lkr. Kitzingen) gelockt haben. Dort stach der verschmähte Liebhaber die Frau nach seinem eigenen Geständnis nieder , während sein Freund zugeschaut haben soll.
Die 22-Jährige überlebte knapp, sitzt heute im Rollstuhl und braucht ständig Hilfe. „Meine Mandantin wird nie einen ihren Neigungen entsprechenden Beruf ergreifen können“, sagt ihr Anwalt Peter Auffermann vor Gericht.
Dort erstatten die psychiatrischen Sachverständigen ihre Gutachten. Dem 20-Jährigen bescheinigt der Psychiater „zur Tatzeit eine mittelgradige Depression“. Außerdem habe der 20-Jährige, der früher schon mal pornografische Fotos einer anderen Freundin verbreitet hatte, Probleme „adäquat Beziehungen einzugehen“.
Der Psychiater empfiehlt dem Gericht nicht, „erhebliche Steuerungsmängel“ des 20-Jährigen zur Tatzeit anzunehmen. Ausschließen kann er diese Einschränkungen aber nicht. Allerdings bescheinigt er dem überdurchschnittlich intelligenten Mann eine verzögerte Entwicklung, was eine Verurteilung nach Jugendstrafrecht wahrscheinlich macht.
„Keine nachvollziehbare Einsicht“
Die Jugendgerichtshilfe mag sich in dieser Frage nicht festlegen. Der Angeklagte zeige, dass er „keine authentische und nachvollziehbare Einsicht“ habe, sagt ein Vertreter des Amts. Er brauche eine „psychotherapeutische Intervention“.