Warum Poetry Slam – und nicht Wortakrobatik?
Walter: Weil Anglizismen nun mal besser performen. Und mehr Credibility bei den coolen people haben. Warum auch immer.
Mit welchem Text wurden Sie Vizemeister?
Walter: Insgesamt brauchte ich dafür drei Texte. Vorrunde, Finale und das finale Stechen, sozusagen das Finale des Finales. Und ja, das hat mich auch verwirrt. Im Finale las ich "Indoorspielplatz", im finalen Stechen dann meinen Text zur digitalen Revolution.
Wie viele Konkurrenten muss ein bayerischer Vizemeister aus dem Feld werfen – und wer war besser?
Walter: Insgesamt sind knapp 30 Poeten angetreten. Und Yannick Sellmann aus München hat mich geschlagen. Verdient. Aber ich hätte natürlich sehr gerne auch völlig unverdient gegen ihn gewonnen.
Wie lang darf so ein Text sein?
Walter: Unterschiedlich. In Franken meist sieben Minuten, am häufigsten ist wohl ein Zeitlimit von fünf Minuten.
Worüber schreiben Sie – und warum?
Walter: Über alles mögliche aus meinem Lebensumfeld. Meinen Sohn, Begegnungen auf der Straße, alltägliche Situationen, die in meiner Phantasie eskalieren.
Werden die Texte frei vorgetragen?
Walter: Von mir nicht! Aber meist gilt die Formel: Lyrik eher frei, Prosa darf man ruhig ablesen.
Haben Sie einen Lieblings-Slammer – und warum?
Walter: Nein, dafür ist das Angebot unter den Kollegen viel zu groß. Und vielfältig. Man hört immer wieder Texte, die einen mitreißen und begeistern, auch von bis dato völlig unbekannten Menschen. Das macht die Faszination für mich mit aus.
Gibt es Verhaltensregeln auf der Bühne?
Walter: Wenige. Man darf laut Regelwerk keine Hilfsmittel verwenden, keine Verkleidungen. Ansonsten ist so ziemlich alles erlaubt.
Wie steht es bei Ihnen um das Lampenfieber?
Walter: Meist sehr gering. Inzwischen. Das war anfangs natürlich anders. Aber mit einer dreistelligen Anzahl an Auftritten ist man dann doch eher selten nervös. Wobei ein bisschen Adrenalin nie schadet, bevor man die Bühne betritt.
Wie werden die Texte bewertet?
Walter: Sehr unterschiedlich. Manchmal mit einer Jury und Punktetafeln. Manchmal per Applaus oder auch per Murmeln, die das Publikum für den Favoriten abgeben kann.
Wie lange muss man sich auf einen Auftritt wie in Kitzingen vorbereiten – und wie viele Auftritte gibt es pro Jahr?
Walter: Inzwischen habe ich eine gewisse Routine, im positiven Sinne. Ich packe meine Texte ein, ziehe mir ein nicht zu schmuddeliges Outfit an und los geht's. Gerade an einem Ort, an dem man noch nie war, kann man ja alle Texte noch lesen. Das ist toll. Da gibt es nicht viel vorzubereiten, sondern vor Ort zu sehen, worauf man selbst Lust hat und was das Publikum jetzt vielleicht brauchen könnte. Im Jahr sind es so um die 50 bis 60 Auftritte. Es gibt aber auch Menschen, meist noch am Studieren oder anderweitig viel Zeit habend, die auch auf 20 Auftritte im Monat kommen. Dafür bin ich inzwischen dann doch zu alt. Und zu verbraucht. Und zu gerne daheim.
Im normalen Leben mache ich ...
Walter: Normales Leben? Sowas gibt's? Wenn ich nicht auf der Bühne stehe, bin ich als Trauredner, Moderator und Rhetorik-Coach tätig. Irgendwie erkenne ich da allmählich ein Muster ...