Milliardenumsätze mit Bordnetzen
Autor: Norbert Hohler
Kitzingen, Mittwoch, 28. Juni 2017
Leoni feiert 2017 Doppeljubiläum: Vor 100 Jahren wurden die Leonischen Kabelwerke in Nürnberg gegründet. Und seit 50 Jahren ist Kitzingen Hauptstandort der Bordnetzsparte.
Der M-Dax-Konzern Leoni feiert 2017 Doppeljubiläum: Vor 100 Jahren wurden die Leonischen Kabelwerke in Nürnberg gegründet. Und seit 50 Jahren ist Kitzingen Hauptstandort der Bordnetzsparte: Dort erzielt Leoni mit ganzen Kabelsätzen, die in Autos verbaut werden, Milliardenumsätze. Gespräch mit Standortleiter Michael Rummel über autonomes Fahren, Forschung und Entwicklung, Nähe zum Standort und ein Sommerfest mit 2500 Gästen.
Michael Rummel: Kitzingen ist die Zentrale des Bordnetzbereichs, die Kopfeinheit. Daran wird sich nichts ändern. Wir forschen und entwickeln, aktuelle Schwerpunkte sind Digitalisierung und Automatisierung. Noch gibt es bei Bordnetzen viel Handarbeit, wir sind dabei, einzelne Schritte über Maschinen effizienter zu machen. Was Kitzingen auszeichnet, ist hohe Kompetenz. Wir beliefern mit Mercedes, Porsche, BMW Fahrzeuge im Hochpreissegment. Dementsprechend geht es um Premiumlösungen, beispielsweise bei der Innenbeleuchtung, deren Farbe Sie je nach Stimmung verändern können. Die Elektronik dafür entwickeln wir in Kitzingen und stellen sie her. Das Schlüsselpersonal bleibt am Standort, wird in Zukunft eher etwas mehr als weniger.
1#googleAds#100x100 Was sprach 1967 eigentlich für Kitzingen? Hätte es im Großraum Nürnberg, am Stammsitz, nicht ebenfalls Möglichkeiten gegeben?Rummel: Für Kitzingen sprachen zwei Komponenten: Einmal eine steuerliche, zum Beispiel niedrigere Gewerbesteuern. Und es war Kompetenz vorhanden. Heute liegt in Osteuropa der Einzugsbereich der Mitarbeiter oft bei 80 Kilometern, einfache Fahrt. In Kitzingen ist der Umkreis viel kleiner. 1967 waren durch wirtschaftliche Veränderungen Kapazitäten frei, Subventionen gab es obendrauf. Man konnte die Kernmannschaft relativ schnell aufbauen und hat sie nachhaltig als Knowhow-Träger gehabt. Es gab kaum Fluktuation, kurze Wege: Zum Beispiel wurden ja auch Kabelsätze in Heimarbeit gefertigt, abends eingesammelt. Und dann wurden die nachts verpackt und sind weitergeschickt worden.
Rummel: Der Automarkt wächst, und wir beim Umsatz auch, rasant sogar. Beim Bordnetz haben wir uns über die Jahre Zuwächse erarbeitet. Auch dank der Alleinstellung bei großen Fahrzeugen, wo viel Werthaltigkeit gefragt ist. Oder mit Spezialgebieten – wir verkabeln sogar Mähdrescher.
Rummel: Das Budget für das ganze Umbauprojekt beträgt rund 30 Millionen Euro, unter anderem wurden zwei Hallen neu errichtet. Es gibt jetzt ein modernes Büro-Design, dazu Beleuchtung, Klimatisierung und Luftbefeuchtung auf hohem Level. Auch die Großraumbüros sind schallgedämpft – das Gebäude 1 mit Eingangsbereich ist die letzte Einheit, die zum Sommerfest fertig wird. Dann haben wir nur noch Arbeitsplätze in der neuen Form. Es gibt eine Ausstellungsfläche im Untergeschoss und einen neuen Empfang. Wir machen aus Kitzingen heraus in 2017 voraussichtlich knapp drei Milliarden Euro Umsatz, da muss auch das Umfeld passen. Deshalb war mir wichtig, dass wir das Projekt in einem Zug fertig machen. Gut ist ferner, dass wir durch den Zukauf von 2,5 Hektar ehemaligem Kasernengelände Platz für Entwicklung haben. Wo jetzt noch Parkplätze und Grünflächen sind, könnten wir bei Bedarf Zukunftstechnologien ansiedeln.
Die Bordnetz-Sparte hatte in den letzten Jahren Probleme. Sind die behoben?Rummel: Zahl und Zuordnung der Führungsebenen haben nicht optimal gepasst – zwei wurden gekappt, die Struktur erneuert. Trotzdem mussten hier in Kitzingen nur ganz wenige Mitarbeiter das Unternehmen verlassen: Einige sind in osteuropäische oder afrikanische Länder umgezogen, oder wir haben dort Kompetenzen zusätzlich aufgebaut. Der Standort Kitzingen stand bei alledem nie zur Debatte: Wir waren ja kein Sanierungsfall oder gar pleite. Jetzt haben wir ehrgeizige Wachstumsziele, damit wir künftig mit dem Geld unsere Entwicklungsziele finanzieren können. Das Auto ruht ja nicht, wir müssen auch da weiterkommen.
Dazu zählt Automatisierung in der Produktion. Gibt es da Fortschritte?Rummel: Wie erwähnt, arbeiten wir ja an einem Pilotprojekt. Es gibt verschiedene Schritte in der Fertigung wie etwa der Zurechtschnitt der Kabel – sprich abschneiden und frei machen des Kontakts – dann Zusammenbau und Prüfung. Beim Schneiden kann man vieles mechanisieren, die Konfiguration der Einzelteile hingegen wird Handarbeit bleiben. Wir geben uns zwei bis drei Jahre für einen nennenswerten Fortschritt, auch mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit. Denn alles muss sich ja rechnen, Ziel ist mehr Effizienz durch schnelleren Durchlass.