Die Sonne lugt durch die Wolkendecke und schenkt noch ein bisschen Wärme. Ein guter Nachmittag, um sich nach Monaten des Wartens an die Ernte zu machen. Tino Hedrich zieht einen Wagen voller leerer Kisten und fröhlicher Kinder an Bord zum Feld. Hedrich ist Gartenbauingenieur. Auf dem Versuchsfeld der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau (LWG) in Bamberg haben unterschiedliche Wirsingsorten ihre Blätter zum Himmel gestreckt. Sie sind gerade reif genug für die Minigärtner-Gruppe um Margot Burger.
Die LWG-Mitarbeiterin hat das Projekt im September vergangenen Jahres angestoßen und mit den 18 Kindern aus dem Landkreis Kitzingen schon einiges erlebt in Sachen Gartenbau. Besuche bei Obstbauern, Gemeindegärtnern oder Adventsfloristen waren schon dabei. Und auch ein Abstecher auf die Landesgartenschau in Würzburg durfte nicht fehlen. „Wir haben im Juni die Wirsingsorten gepflanzt und können nun endlich ernten“, erklärt Burger. Damit sei die LWG an der Bamberger Galgenfuhr die erste Station, bei welcher die Kinder bei Aussaat und Ernte dabei sind. Und das nur mit ökologischen Methoden.
Bevor die Gartenmesser gezückt werden, muss erst mal eine Frage geklärt sein: „Wie erkennt man eigentlich einen schönen Wirsing?“, fragt Hedrich in die Runde der Nachwuchsgärtner, einen stattlichen Wirsingkopf in den Händen. „An der Farbe!“ meint ein Mädchen. „Genau, denn faulen dürfen die Köpfe nicht, wenn sie auf dem Markt landen.“ „Und groß und schwer müssen sie sein!“, ergänzt ein Junge. Ein wichtiges Merkmal für einen ordentlichen Wirsing. Kleine weiße Fliegen schwirren umher, als Hedrich einen anderen Kopf hochhebt und fragt: „Was fällt euch an diesem hier auf?“ „Da sind ja Blattläuse dran!“, meint ein anderes Mädchen. Also auch ein Fall für den Kompost.
Nach der kurzen Einweisung im Gewächshaus dürfen die Kinder endlich an der frischen Luft der blättrigen Pflanze ans Leder rücken. Jedes Kind hatte im Juni eine Parzelle gepflanzt. Aber Gartenspezialist Hedrich und seine Kollegin Anna Schnörer haben bereits zwei Drittel der reifen Pflanzen vom Feld geholt, sodass sich drei Kinder um einen Flecken Acker kümmern. Alina, Kathy und Belana machen sich zusammen ans Werk. Die drei zehnjährigen Mädchen aus Geiselwind waren zu Beginn der Minigärtnergruppe gemeinsam in der vierten Klasse. „Ich hätte nicht gedacht, dass die Wirsinge mal so groß werden können“, meint Kathy stolz. Nach ein bisschen Rupfen und Säubern landen ganz ordentliche Exemplare in den großen grauen Kisten.
Neben dran rücken Lukas, Hendrik und Martin dem Gemüse auf die Pelle. Die Jungs zwischen acht und elf Jahren stammen aus Geiselwind und Iphofen und haben viel Spaß: „Den Wirsing kann man richtig einfach abschneiden“, freut sich Lukas. Nachdem der letzte Wirsing von seinem Strunk befreit wurde, geht es zurück mit dem voll beladenen „Garten-Taxi“ in das Gewächshaus.
Jetzt muss sortiert und etikettiert werden: Welche Sorten sind in welchem Behälter? Und wieviel Ernte konnten die Kinder einholen? Schnell werden Teams gebildet: Die einen zählen die Köpfe, während die anderen die schönen wie die fauligen Wirsingköpfe wiegen. An modernen Laptops rechnen wieder andere Minigärtner das alles zusammen.
Die Sorten hören auf exotische Namen wie Wirosa, Smaragd, Langediskja, Vertus, Barbosa und Violaeco di Verona. Welcher Aufwand dahinter steckt, bis aus den Samen zarte Pflänzchen und später prächtiger Kohl wird, können die Kinder nur erahnen. Besonders in diesem Jahr war die Arbeit enorm. „In diesem heißen Sommer mussten wir zwei bis drei Mal die Woche bewässern“, erklärt Schnörer. Dazu käme noch das Nachdüngen mit Bio-Kompost und den Hornspänen von Kühen. Also alles nachhaltige Methoden, die aber ihre Zeit brauchen.