"Wir fangen wieder von vorne an"

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Klaus Behr (rechts) schaut ernst drein. Der Leiter des Forstamtes Kitzingen weiß: Es ist keine leichte Aufgabe, die Schäden durch Sturmtief Fabienne zu beseitigen.
FOTO: Diana Fuchs
Christian Belz (Schönbornsche Forstverwaltung) lächelt, aber froh ist er nicht. Fabienne hat jahrelange Arbeit zunichte gemacht.
Diana Fuchs
Nach jahrzehntelangem Einsatz im Wald und auf seinem privaten Trainingsplatz ist Stefan Stark die Arbeit mit Holz in Fleisch und Blut übergegangen ...
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Rohe Kräfte haben am 23. September unter anderem hier im Kleinschönbacher Wald gewütet.
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Ehe Stefan Stark die Motorsäge anwirft, läuft er den Stamm ab und prüft. ob das Holz unter Spannung steht. Die Kräfte, die nach Windbruch wirken, können unvorsichtige Menschen töten. FOTO Diana Fuchs
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Sturmtief Fabienne hat gravierende Folgen. Sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich.

Die wirbelnde weiße Wand wird er sicher nie vergessen. Christian Belz, Leiter der Schönbornschen Forstverwaltung, befand sich im Forsthaus im Weiler Rüdern (bei Geesdorf), als das Sturmtief anrollte. „Fabienne“ fegte ganz in der Nähe Leitungsmasten und einen ganzen Kirchturm hinfort – und außerdem Tausende Bäume. Das Unwetter zerstörte innerhalb von wenigen Minuten die Forstarbeit von vielen Jahren. Die Folgen sind enorme wirtschaftliche Einbußen, ein ökologischer Kahlschlag und viel gefährliche Arbeit im Wald beim Beseitigen der Schäden.

„Wie ein kleiner Tornado“ habe Fabienne ausgesehen. Die Gewalt des Sturmes, der am 23. September im östlichen Landkreis Kitzingen örtlich bis zu 180 Stundenkilometer erreichte, sei unglaublich gewesen. „Ich habe gesehen, wie Fabienne in einigen Metern Höhe Baumkronen und Äste im Kreis herumgewirbelt hat, als wäre es Spielzeug“, berichtet Christian Belz. Selten hat der Name eines Wetterereignisses weniger gepasst. Fabienne ist eine französische Verniedlichung des lateinischen Wortes „faba“ und bedeutet niedliches, kleines Böhnchen.

Das „Böhnchen“ hat allein im Schönbornschen Wald rund 20 Hektar Fläche verwüstet. „Viele alte, wertvolle Bäume sind einfach entwurzelt worden. Viele schöne Bestände, zum Beispiel an der Traumrunde Prichsenstadt, wurden vernichtet. Das ist ökologisch fast noch tragischer als wirtschaftlich.“

Im Bereich Ilmbach sei „die Arbeit von zehn Jahren einfach futsch“. Zwei bis drei Meter seien die naturverjüngten Bäume dort bereits groß gewesen, als sie unter unzähligen Bäumen, die der Sturm entwurzelt oder umgeknickt hatte, begraben wurden.

Und nicht nur das: Während man nun die doppelte bis dreifache Hiebmasse eines normalen Jahres zu bewältigen hat, wird man aus Gründen der Nachhaltigkeit in den kommenden Jahren deutlich weniger Holz entnehmen können. Zudem müssen Wiederaufforstungsflächen mit Zäunen vor Wildverbiss geschützt werden. „Wir werden also weniger Einnahmen und zugleich mehr Ausgaben haben“, analysiert Belz. Er weiß: Rücklagen für die nächsten Jahre zu bilden, ist jetzt essenziell.

Ganz so einfach ist das freilich nicht. Der Nadelholzmarkt ist gesättigt. Klaus Behr, Leiter des Forstamtes Kitzingen, bestätigt, dass der Preis von Nadelholz gegenwärtig stark fällt. Er geht davon aus, dass von den 40 000 Festmetern Holz, die Fabienne allein im Kreis Kitzingen zu Fall gebracht hat, etwa die Hälfte als Stammholz auf den Markt kommt – etwa zwei Drittel dieser Menge sei Nadelholz, vor allem Kiefer.

Neben der Schönbornschen Forstverwaltung sind weitere Waldbesitzer besonders betroffen, etwa die von Crailsheimsche Familienstiftung, die Städte Volkach, Geiselwind und Prichsenstadt, der Mark Wiesentheid, die Waldkörperschaft Kleinschönbach und der Kleinprivatwald in Ebersbrunn.

„Viele Waldbestände gibt es schlichtweg nicht mehr.“
Klaus Behr, Forstamtsleiter Kitzingen

„In Relation zur Fläche hat es die Waldbesitzer rund um die ehemalige Siedlung Kleinschönbach bei Prichsenstadt am schlimmsten erwischt“, sagt Klaus Behr. Auf der Fläche von 44 Hektar rechnet Behr mit einem Holzanfall von 2500 bis 3000 Festmetern. „Selbst der hohe Eichenanteil von gut einem Drittel konnte nicht verhindern, dass es großflächige Windwürfe gab.“ Nach der Aufarbeitung werden Kahlflächen entstehen, die wieder aufgeforstet werden müssen. „Tragisch ist auch, dass der Forstwirtschaftsplan für die nächsten 20 Jahre, der im vergangenen Jahr für die Waldkörperschaft ausgearbeitet wurde, weitgehend überholt ist. Viele Waldbestände gibt es schlichtweg nicht mehr.“ Ein weiterer Wermutstropfen: „Praktisch alle Biotopbäume und Streuobstbestände sind dem Sturm zum Opfer gefallen.“

Was jetzt zu tun ist? Christian Belz von der Schönbornschen Forstverwaltung formuliert es so: „Jetzt fangen wir halt wieder von vorne an.“ Zunächst gelte es aufzuräumen. „Ich konzentriere mich zuerst auf die Fichte, weil der Borkenkäfer das Holz sonst entwertet und die Gefahr einer weiteren Ausbreitung des Schädlings groß ist. Die Eichen können wir auch in zwei, drei Monaten noch herausholen, da ist der Wertverlust nicht so gravierend.“

Klaus Behr hat den Holzmarkt im Blick und sagt: „Laubstammholz ist problemlos verwertbar.“ Seine Devise für die kommenden Monate bezüglich der Aufarbeitung der Fabienne-Schäden lautet: So lange es noch trocken ist, sollen zuerst steile Hänge und bekannte Feuchtstandorte an die Reihe kommen, danach sollen noch ausstehende Borkenkäfernester bekämpft und schließlich der Rest der Fläche aufgearbeitet werden. „Wo der Aufwand vertretbar ist, sollen Kulturzäune instandgesetzt werden, um die Aufforstungsgebiete zu schützen.“

Mit welchen Baumarten diese Areale aufgeforstet werden, muss jeder Waldbesitzer nach Beratung mit seinem Förster individuell entscheiden. Für Christian Belz ist und bleibt die Eiche die Hauptbaumart: „Eichen und Wein, das gehört einfach zusammen.“ Zusätzlich will er aber auch seltenere Baumarten mit auf die Flächen bringen und ausprobieren, wie sie sich behaupten. „Nussarten zum Beispiel und die Baumhasel. Die Esskastanie könnte ebenso ein Zukunftsbaum sein, sie hat wertvolles Holz und ist klimatoleranter als viele andere Arten.“

Klaus Behr wird seit Jahren nicht müde, genau diese Klimatoleranz zu thematisieren. „Eigentlich brauchen wir uns ja nicht zu wundern. Klimaexperten sagen seit langem voraus, dass es vermehrt solche trocken-heißen Jahre und andere Witterungsextreme wie häufigere und heftigere Stürme geben wird.“ Der Waldumbau ist vielerorts zwar längst in vollem Gange. Aber so ein Großprojekt braucht eben Jahrzehnte.

Deshalb werden die nächsten Jahre sehr spannend bleiben. Nie gekannte Dürreperioden wie heuer – Klaus Behr: „Das Dürrejahr ist ja noch nicht einmal vorbei, es ist immer noch viel zu trocken“ – sorgen dafür, dass Schadinsekten sich ausbreiten. Schwammspinner, Borkenkäfer, Kiefernprachtkäfer, die Rußrindenkrankheit und das Eschensterben werden die Forstleute und Waldbesitzer auf Trab halten.

Arbeitssicherheit: Damit die Aufarbeitung der Sturmschäden ohne verletzte oder gar tote Waldarbeiter vonstatten geht, hat das Forstamt einen Sicherheitslehrgang organisiert. Was im Wald jetzt zu beachten ist:

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