Wiesentheid: Tatverdächtiger festgenommen - Ärger über Gerüchte
Autor: Ralf Dieter, Diana Fuchs
Wiesentheid, Donnerstag, 07. Januar 2016
Die Ermittlungen der Polizei im Wiesentheider Fall deuten auf eine Beziehungstat hin. Am Mittwochabend wurde ein 19-Jähriger festgenommen. Der Wiesentheider Bürgermeister äußert sich derweil zu den kursierenden Gerüchten.
Die Hoffnung des Wiesentheider Bürgermeisters hat sich erfüllt: Eine rasche Aufklärung des mysteriösen Falles von Dienstagmorgen scheint greifbar nahe. Die Polizei hat am Mittwochabend jedenfalls einen Tatverdächtigen festgenommen. Der 19-Jährige aus dem Landkreis Kitzingen ist auf Anordnung der Staatsanwaltschaft dem Ermittlungsrichter vorgeführt worden. Der Gesundheitszustand der schwer verletzten 22-Jährigen ist weiterhin kritisch. Sie ist nicht vernehmungsfähig.
Seit Dienstagvormittag ist Wiesentheid im Ausnahmezustand. „Natürlich haben wir so etwas hier noch nicht erlebt“, sagt Dr. Werner Knaier. Anfragen von überregionalen und lokalen Medien, intensive Gespräche mit der Bevölkerung und ein Treffen mit den Angehörigen der jungen Frau: Zusammen mit seinem Geschäftsstellenleiter Christian Sturm ist er seit dem Vorfall im Dauereinsatz.
Dr. Knaier spricht von einer großen Betroffenheit und Fassungslosigkeit in Wiesentheid. Angst? „Die merkte man deutlich“, bestätigt der Bürgermeister. „Die steckte hier allen in den Gliedern.“ Knaiers Hoffnung: Mit der Festnahme wird sich die Lage beruhigen.
Am Dienstagmorgen sah es noch ganz anders aus. Gegen 9.20 Uhr ging die Polizeimeldung raus: Schwerverletzte Frau liegt im Wiesentheider Schlosspark. Unverzüglich war ein Notarzt vor Ort. Die 22-Jährige wurde mit einem Rettungshubschrauber in eine Würzburger Klinik eingeliefert. Rund 40 Polizisten durchkämmten den Schlosspark nach Hinweisen auf den möglichen Täter. Im Ort machten da längst die ersten Gerüchte ihre Runde. „Über Facebook geht das alles rasend schnell“, ärgert sich der Bürgermeister.
Die junge Frau, die nach inoffiziellen Angaben mehrere Stichverletzungen erlitt, hatte sich im erweiterten Helferkreis für die Integration der Asylbewerber eingesetzt. Im Zuge der Ermittlungen im Umfeld des Schlossparks befragten die Beamten auch die Flüchtlinge. Polizeihauptkommissar Michael Zimmer, Sprecher der unterfränkischen Polizei, betonte unmittelbar danach, dass es „keinerlei Hinweise gegeben hat, dass ein Asylbewerber etwas mit der Tat zu tun haben könnte“.
Die Asylbewerber waren von der Bluttat geschockt. „Sie kannten und mochten die junge Frau und waren alle sehr betroffen“, berichtet Helma Schug vom Helferkreis. Natürlich hätten die Männer auch Angst gehabt, selbst verdächtig zu werden – allein schon durch die räumliche Nähe ihrer Unterkunft zum Schlosspark. „Sie hoffen, dass das Mädchen wieder gesund wird. Auch ich bete dafür.“
Als ganz schlimm, sagt Helma Schug, habe sie seit Dienstag so machen Versuch der Stimmungsmache gegen die Flüchtlinge empfunden. „Es ist fürchterlich, was da teilweise gemutmaßt wurde.“ Auch für Bürgermeister Werner Knaier sind die Spekulationen unverständlich, die einen Zusammenhang zu den Asylbewerbern herstellten, die seit rund drei Jahren in der Nähe des Schlossparks leben. „Die Polizei hat selbstverständlich auch in diese Richtung ermittelt und kann nach derzeitigem Stand jeglichen Zusammenhang definitiv ausschließen“ bestätigt Knaier, der sich erschrocken und enttäuscht zeigt, dass solche Anschuldigungen überhaupt öffentlich getätigt wurden.