"Wie in einer Nebelwand": Stadtrat rätselt nach Brandanschlag über Motiv - er kennt den Täter

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Brandanschlag auf Auto in Kitzingen
In der Nacht auf den 4. Februar steht das Auto von Bayernpartei-Stadtrat Uwe G. Hartmann in Flammen.
Brandanschlag auf Auto in Kitzingen
Feuerwehr Stadt Kitzingen
Brandanschlag auf Auto in Kitzingen
In der Nacht auf den 4. Februar steht das Auto von Bayernpartei-Stadtrat Uwe G. Hartmann in Flammen.
Brandanschlag auf Auto in Kitzingen
Feuerwehr Stadt Kitzingen
Brandanschlag auf Auto in Kitzingen
Auch Tage nach der Tat sind die Brandspuren vor dem Haus nicht zu übersehen. Uwe Hartmann erinnern sie ständig an den Brandanschlag.
Brandanschlag auf Auto in Kitzingen
E. Lenz

Der Brandanschlag vom 4. Februar auf das Auto des Kitzinger Politikers Uwe G. Hartmann hat Spuren hinterlassen. Im Interview spricht er von einem Gefühl der Ohnmacht – bis am Freitagnachmittag die Polizei anruft.

Er hat ein Auf und Ab an Gefühlen erlebt. Am Freitag, 4. Februar, brannte sein Auto komplett aus. Der Schock saß tief, zumal die Polizei nach intensiven Ermittlungen bestätigte, dass es sich um einen Anschlag handelte.

Am Donnerstagnachmittag (10. Februar 2022) sprach Uwe G. Hartmann mit der Redaktion von "Die Kitzinger" und war sichtlich mitgenommen. 24 Stunden später dann die Erleichterung: Die Polizei teilt dem Stadtrat der Bayernpartei mit, dass der Täter gefasst ist.

Wie ging es Ihnen und Ihrer Frau sieben Tage nach dem Anschlag?

Wir funktionierten. Der Alltag lief nach Schema F, aber ich konnte mich nicht wirklich konzentrieren.

Ich konnte kaum schlafen, kam einfach nicht zur Ruhe. Es war ein Gefühl wie in einer Nebelwand. Entsprechend erleichtert war ich, als mich die Polizei anrief.

Hatten Sie eine Vermutung, wer hinter dem Brandanschlag stecken könnte?

Überhaupt nicht. Ich wusste natürlich, dass die Polizei in alle Richtungen ermittelt. Für mich war und ist es immer noch unvorstellbar, dass mir jemand nach dem Leben trachten könnte.

Der Anschlag galt Ihrem Auto.

Ja, und das stand direkt vor unserem Haus. Feuerwehrkommandant Matthias Gernert hat mir noch mal bestätigt, wie knapp es war. Fünf Minuten später und das Haus wäre in Feuer gestanden. Wir wären gefangen gewesen.

War es doch „nur“ eine Art Jugendstreich?

Das war mein erster Gedanke. Aber wenn sich selbst Innenminister Joachim Herrmann zu Wort meldet und die Polizei eine Kommission mit zehn bis zwölf Beamten einrichtet, die nichts anderes tut, als in diesem Fall zu ermitteln? Es sah alles nach einem ernsten Hintergrund aus.

Kennen Sie den Täter?

Ja, aber ich möchte mich zu diesem Zeitpunkt nicht näher dazu äußern. Sein Motiv ist mir jedenfalls ein Rätsel.

Gibt es ein politisches Thema der letzten Tage und Wochen, das den Täter zu so einer Tat verführt haben könnte?

Mir fällt nichts ein. Ich habe nichts getan, was so eine Tat rechtfertigen würde. Wie gesagt: Über das Motiv kann ich nur spekulieren.

Wie haben Sie die Minuten der Rettung erlebt?

Zum Glück hat ein Zeitungsausträger das Feuer bemerkt und die 112 gerufen. Polizei und Feuerwehr waren schnell vor Ort. Wir waren auch schon wach. Uns hatte ein Knall geweckt. Die Polizisten haben uns aufgefordert, das Haus zu verlassen und gleichzeitig mit der Feuerwehr versucht, das Feuer zu löschen. Seither ist nichts mehr, wie es war.

Wie fühlte sich das Leben für Sie seither an?

Es war ein Gefühl der Ohnmacht. Ich kann ja nicht 20.000 Kitzinger verdächtigen. Ich wollte wissen, wer der Täter ist, wie er tickt, aus welcher Richtung er kommt. Warum er so etwas getan hat. Ich war gespannt, was die Polizei herausfindet. Ich überlege jedenfalls, als Nebenkläger aufzutreten. Aber das muss ich noch mit meinem Anwalt besprechen.

Haben Sie die letzten Tage in großer Angst gelebt?

Natürlich, man wird sensibler, vorsichtiger, passt auf seine Umgebung genauer auf. Ich habe bis zum erlösenden Anruf der Polizei in einer Art Alarmzustand gelebt. Aber mir war immer klar: Ich will mich nicht verbiegen, sondern so schnell wie möglich wieder in unser gewohntes normales Leben zurückkehren.

Das heißt?

Dass ich auch weiterhin politisch tätig sein werde. Die Mahnwachen am Sonntagmorgen werde ich beispielsweise bis Ostern durchziehen. Jetzt erst recht.

Die Mahnwachen finden unter dem Motto „Empathie statt Missmut“ statt und sollen ein Gegenpol zu den sogenannten Corona-Spaziergängen sein.

Ja, einen Tag vor dem Brandanschlag habe ich dazu aufgerufen. Kaum vorstellbar, dass es da keinen Zusammenhang gibt. Aber wie gesagt: Die Polizei hat den Täter gerade erst gefasst. Ich bin gespannt, welches Motiv er angibt.

Rund 70 Menschen haben an der ersten Mahnwache teilgenommen. Waren Sie damit zufrieden?

Ja, vor allem weil der Zuspruch für mich und meine Frau riesengroß war. Fast alle Parteien aus dem Stadtrat waren vertreten, der OB und die Landtagsabgeordnete Barbara Becker (CSU) waren auch da. Ich habe das als starkes Zeichen empfunden, als Signal, dass die Demokraten in schwierigen Zeiten zusammen stehen.

Mit wie vielen Teilnehmern rechnen Sie an diesem Sonntag?

Mir ist völlig klar, dass die politischen Mandatsträger nicht jeden Sonntag kommen können. Aber es wäre natürlich schön, wenn möglichst viele Bürger auch weiterhin ein Zeichen setzen würden. Friedlich und schweigend, wohlgemerkt. Wir wollen niemanden provozieren.

Ihr Auto ist komplett abgebrannt, die Fassade des Hauses angekokelt, die Rollläden kaputt. Bleiben Sie auf den Kosten sitzen?

Es gibt viel zu organisieren. Auch das kostet Nerven. Von der Gebäudeversicherung war noch niemand da, von der Autoversicherung habe ich noch keine Rückmeldung erhalten.

Was hilft Ihnen in dieser Zeit?

Der Zuspruch von ganz vielen Menschen. Fast jeder meiner Stadtratskollegen hat mir Hilfestellung angeboten, die beiden Bürgermeister Astrid Glos und Manfred Freitag haben die Organisation und Vorbereitung einer Sondersitzung des Umweltbeirates für mich übernommen, Dirk und Georg Wittmann haben mir sogar finanzielle Unterstützung angeboten. Frau Dr. Kramer-Grünewald wollte für uns sammeln, Dirk Wittmann gab mir sogar Geleitschutz zum Auto nach der letzten Stadtratssitzung.

All das sind Sachen, die uns tief berühren. Genauso wie kleine Gesten, eine spontane Umarmung oder der Blumenstrauß, der uns von der Familie Freitag vorbeigebracht wurde. Das sind Aufmunterungen, die unserem Seelenheil sehr gut getan haben. Und dank des schnellen Ermittlungserfolgs der Polizei können wir jetzt wieder aufatmen.

Polizei sucht nach Brandanschlag in Kitzingen Zeugen

Zeugenaufruf der Ermittlungskommission „Smart“: Wer ist in den frühen Morgenstunden des Freitags, 4. Februar, auf eine Person aufmerksam geworden, die sich im Umfeld der Geschäftsstelle der Bayernpartei in Kitzingen-Etwashausen aufgehalten hat? Wer kann sonst sachdienliche Hinweise geben, die zur Aufklärung des Falles beitragen könnten? Mögliche Zeugen, aber auch Spaziergänger oder Verkehrsteilnehmer, die sich im Zeitraum zwischen 3.30 Uhr und 4.30 Uhr im Bereich der Oberen Neuen Gasse aufgehalten haben, werden dringend gebeten, sich unter der Telefonnummer 0931/457-1732 mit der Kriminalpolizei Würzburg in Verbindung zu setzen.