Druckartikel: Von Wiesenbronn in die Welt

Von Wiesenbronn in die Welt


Autor: Robert Wagner

Wiesenbronn, Dienstag, 12. Juli 2016

Es läuft gut für die Firma M. Roth. Die Wiesenbronner Firma exportiert in die ganze Welt. Eine neue Halle wird gerade gebaut. Der Blick in den Osten bereitet jedoch Sorgen.
Mit dem Schiff geht es für diese Behälter von Kitzingen aus auf den Weg. In einer amerikanischen Brauerei werden sie schon erwartet.


Hoch wie ein mehrstöckiges Haus, ein Durchmesser von mehreren Metern – die großen Edelstahlbehälter der Wiesenbronner Firma M. Roth sind alles andere als einfach zu transportieren. Schon in Wiesenbronn könne es für die Transporter manchmal eng werden, erzählt Geschäftsführer Manfred Roth. Dabei liegen dann oft noch tausende Kilometer vor ihnen. Mit dem Schiff über den Main bis in die USA. Oder mit dem Schwertransport Richtung Russland. Kein Wunder also, dass Dellen in den silbern glänzenden Röhren ein immer wiederkehrendes Ärgernis darstellen.

Bei den ganz großen Anlagen sind Mitarbeiter der Firma auch vor Ort auf Montage, mal eine Woche, mal vier Monate. So wie Martin Sindlgruber. Der gebürtige Österreicher erinnert sich an einen Einsatz im Sudan zurück. Damals, 2003, als es in dem Land einen kleinen Aufschwung gab, half der Montageleiter beim Bau von Behältern in einem Kraftwerk in der Hauptstadt Khartum. In der Wohnung gab es nur stundenweise Strom. Die Bedingungen auf der Baustelle waren ebenfalls schwierig: „Mal hatten wir einen Kran, aber keinen Fahrer. Dann war wieder der Kran kaputt“, erzählt Sindlgruber. Wichtig sei es bei solchen Einsätzen, dass man weiß, bei wem und wo man etwas organisieren kann.

Der Export ist für die Firma M. Roth enorm wichtig. Zwischen 40 und 50 Prozent aller Waren gehen ins Ausland. In den ärmeren Ländern versuchen viele Menschen, in den Mittelstand aufzusteigen, erklärt Manfred Roth. Sie gründen neue Unternehmen – und investieren dafür in moderne Technik. „Das sind unsere Kunden, dort können wir Geschäfte machen“, sagt Roth. „Und deshalb haben wir weiter eine Existenzberechtigung.“

„Wir können nicht nur vom Nehmen leben.“
Manfred Roth Geschäftsführer

Seien es die großen Industrietanks, die Saft-, Wein, und Bierbehälter, oder der immer wichtiger werdende pharmazeutische Bereich: Die Produkte der Wiesenbronner Firma werden für die Weiterverarbeitung benötigt – und schaffen so vor Ort Wertschöpfung. „Wir können nicht nur vom Nehmen leben“, erläutert Roth. „Wenn jeder etwas gibt, dann geht es allen besser.“

Mit einer gewissen Beunruhigung betrachtet der Unternehmer deshalb die aktuelle politische Lage. Besondere Sorgen bereitet ihm die Situation in Osteuropa und Russland. Die 1982 gegründete Firma hatte stark vom Fall des Eisernen Vorhangs und der Osterweiterung der EU profitiert. „Wir sind mit unseren Kunden mitgegangen und mitgewachsen“, erzählt Roth. „Für uns ist die Öffnung nach Osten sehr wichtig gewesen.“ Die Ukraine, Polen und die GUS-Staaten seien wichtige Absatzmärkte gewesen. „Das ist ja jetzt leider nicht mehr in dem Umfang möglich.“

Nach Russland hätten sie theoretisch rund 40 Prozent ihrer Kapazität liefern können, schätzt Roth. Durch den extrem schwachen Rubel und die politischen Zwistigkeiten geht jetzt praktisch gar nichts mehr: Den letzten Behälter habe man vor eineinhalb Jahren geliefert – in den Jahren davor habe es Aufträge für ganze Anlagen mit dutzenden Behältern gegeben. Auch die Ukraine fällt als Absatzmarkt faktisch aus. Und selbst Länder, die nicht unmittelbar betroffen sind, hätten Probleme: „Die polnischen Apfelbauern haben rund 40 Prozent ihres Marktes verloren.“ Auch in Deutschland leidet die Landwirtschaft. „Für uns ist die Russlandpolitik ein Fehler“, sagt Roth deshalb. Die Geschäfte litten, der Imageschaden sei groß.

Umso erstaunlicher, dass sich Manfred Roth grundsätzlich zufrieden mit der Geschäftslage zeigt. „In den letzten Jahren läuft die Weltwirtschaft ja gut.“ Fehlende Aufträge aus dem Osten habe man locker mit Aufträgen aus den USA und anderen Ländern auffangen können. Im Moment wird in Wiesenbronn eine weitere Produktionshalle gebaut: „Wir sind schneller gewachsen, als wir unsere Anlagen ausbauen konnten“, erklärt der Geschäftsführer. „Das holen wir gerade nach.“ Rund 85 Mitarbeiter habe man mittlerweile.

Hinter Manfred Roth liegt damit ein langer, aber erfolgreicher Weg. „Ich komme eigentlich aus einem Weingut.“ 1982 stellte sich dann die Frage: Eine neue Anstellung suchen – oder sich selbstständig machen. Roth entschied sich für letzteres und lag damit goldrichtig: Nach drei Missernten in den Jahren zuvor gab es 1982 einen gewissen Investitionsstau bei den Winzern. Mit seinen Kenntnissen im Weinbau konnte sich Roth schnell einen Kundenstamm im Bereich Weinbehälter erarbeiten.

Auch bei den ersten Schritten ins Ausland hatte die Firma Roth Glück. „Wir waren damals Lieferant eines Anlagenbauers“, erzählt der Geschäftsführer. Den habe man bei Aufträgen ins Ausland begleitet. So habe man Kontakte geknüpft und trotzdem viel Unterstützung bei den neuen Aufgaben gehabt. Schließlich seien in fast jedem Land andere Zollbestimmungen, Sicherheitsauflagen und Zertifizierungen zu beachten. „Gerade am Anfang war es schon schwierig.“ Heute sei das Routine: In den USA müsse man beispielsweise auf Erdbeben- und Hurrikansicherheit achten. „Da müssen wir uns eben anpassen.“ Und auch wenn die Mentalitäten teilweise andere seien: „Probleme hatten wir eigentlich nie.“

„Für uns ist die Russlandpolitik ein Fehler.“
Manfred Roth Unternehmensgründer

Neben dem Export spielt auch der Import bei der Firma M. Roth eine große Rolle. Die großen, tonnenschweren Stahlblechrollen, die das Grundmaterial aller Behälter darstellen, müssen aus Westeuropa eingeführt werden. „In Deutschland gibt es leider keinen Anbieter mehr“, sagt Roth. Sowieso sei im Stahlbereich eine Monopolbildung zu beobachten. Ein finnischer und ein indischer Anbieter teilen sich praktisch den europäischen Markt auf.

Eine Alternative stellt Fernost dar. „Trotz Transport kosten die Rollen dort fast nur die Hälfte“, erklärt Manfred Roth. „Das ist schon eine große Verlockung.“ Eine, der Roth jedoch möglichst nicht nachgeben will. „Wir brauchen sehr hohe Qualität.“ Die sei bei den Importen aus Asien aber nicht immer gegeben. Und Fehler in den Behältern würden sich schließlich auf das Image der Wiesenbronner Firma auswirken.

Aus diesem Grund ist Manfred Roth sehr froh über die Bedingungen in Deutschland und Europa. Trotz mancher Probleme. Die Qualität ist hoch, die rechtliche und ökonomische Lage sicher. „Ich möchte mein Unternehmen auf jeden Fall nicht in einem anderen Land aufbauen müssen.“