Überforderter Freund und Helfer?
Autor: Robert Wagner
Kitzingen, Mittwoch, 13. April 2016
Die Aufgaben wachsen, die Zahl der Beamten nicht. Rund 17 Prozent aller Soll-Stellen sind unbesetzt. Wie ist es um die Polizei im Landkreis Kitzingen bestellt?
Bei der Polizei in Unterfranken herrscht großer Personalmangel. „Die Lage ist angespannt bis sehr angespannt“, sagt Holger Zimmermann. Für den Bezirksvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei in Unterfranken ist dafür noch die Sparpolitik Edmund Stoibers verantwortlich: Unter dem ehemaligen Ministerpräsidenten wurden Stellen pensionierter Beamter nicht neu besetzt, um den Landeshaushalt zu entlasten. Auch wenn sich der politische Wind gedreht hat: „Das schleppen wir bis heute mit“, sagt Zimmermann.
Für Kitzingen liest sich das so: 103 Stellen sind für die Polizeiinspektion im Organisationsplan vorgesehen. Demgegenüber stehen die 94 Polizeibeamten, die Ende Februar tatsächlich in der Dienststelle beschäftigt waren. Ihr Durchschnittsalter liegt bei 41,5 Jahren. Eine andere Zahl ist aber entscheidend: Die Zahl der tatsächlich verfügbaren Personalstärke. Die liegt in Kitzingen bei 86,10 – und damit knapp 17 Prozent unter dem Soll. Anders gesagt: Jeder sechste Polizist im Landkreis fehlt.
„Die Zahl ist auch deshalb so niedrig, weil einige Beamtinnen und Beamte zentral eingesetzt werden“, erklärt Michael Zimmer, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Unterfranken. Beispielsweise bei den „Operativen Ergänzungsdiensten“. Diese kämen aber letztlich auch dem Kreis Kitzingen zugute – könnten also zum Teil auch mitgezählt werden. Gewerkschaftler Zimmermann hingegen betont die Bedeutung neuer Beschäftigungsmodelle: Tatsächlich nehmen mehr Kollegen Elternzeit- und Teilzeitangebote war. Alles Faktoren, die die Zahl der aktiven Beamten schmälert.
Groß ist deshalb auch die Zahl der Überstunden: 5457 Stunden Mehrarbeit schoben die Beamten der Polizeiinspektion Kitzingen im Februar vor sich her. Das sind im Durchschnitt 58 Stunden pro Polizist. Bei allen Polizeibeamten im Bezirk Unterfranken hat sich bis Februar die immense Zahl von 106 929 Überstunden angesammelt. Hauptschuld daran habe immer noch der G7-Gipfel in Elmau im vergangenen Jahr, erklärt Michael Zimmer. Ein großer Teil der Beamten musste in Oberbayern Dienst leisten – was natürlich auch für die Kollegen in Unterfranken Mehrarbeit bedeutete.
Eine andere Statistik legt nahe, dass es um das Personal nicht so schlecht bestellt sein kann: Nämlich die Kriminalitätsstatistik. Die Zahl der Straftaten sank im Raum Kitzingen von 3056 im Jahr 2014 auf 3015 im Jahr 2015. Auch die Aufklärungsrate konnte leicht gesteigert werden – und zwar auf 65,3 Prozent. Reichen die Polizeikräfte also doch aus?
Für Holger Zimmermann spielt auch die Konzentration auf bestimmte Aufgaben eine Rolle: So werden bei Straftaten wie Einbrüchen und schweren Körperverletzungen selbstverständlich mit dem nötigen Personal ermittelt. „Bei schweren Delikten ermitteln wir mit voller Sollstärke.“ Es gäbe aber Bereiche, bei denen eingespart werden müsse: Beispielsweise bei Verkehrskontrollen. Auch die Bearbeitungszeit von Fällen mit niedrigerer Relevanz wie Unfällen ohne Personenschaden oder Ruhestörungen könnten sich schon einmal verlängern.
Sinkende oder auch steigende Kriminalitätszahlen müssen indes nicht unbedingt eine reale Entwicklung widerspiegeln. So gibt es Bereiche, bei denen die Zahlen sinken, wenn weniger Polizisten im Einsatz sind – und zwar auch dann, wenn die Zahl der Straftaten eigentlich gleich bleibt oder sogar steigt: Bei Rauschgiftverbrechen oder Verkehrsdelikten steigt die Zahl der erfassten Straftaten beispielsweise mit den eingesetzten Beamten.