Druckartikel: Steinerne Schätze

Steinerne Schätze


Autor: KTlen

Prichsenstadt, Mittwoch, 29. August 2018

Ob es den Prichsenstädter Heimatschatz ohne die Kühe gäbe? Womöglich nicht. Dass auf dem Weg zu ihrer Wiese so viele Steine herumlagen, hat den Tieren nicht gefallen – und das hat den Blick von Besitzer Andreas Klein auf den Boden gelenkt. Was er gefunden hat, liegt heute in der Vitrine eines kleinen, aber feinen Museums. Und wurde kürzlich vom Heimatministerium und Kunstministerium prämiert.
Erika Klein mit ihrem Heimatschatz: Diesen Ceratiten hat ihr Großvater Andreas Klein einst auf einer Wiese gefunden. Das Modell daneben zeigt, wie die Weichtiere aussahen.


Ob es den Prichsenstädter Heimatschatz ohne die Kühe gäbe? Womöglich nicht. Dass auf dem Weg zu ihrer Wiese so viele Steine herumlagen, hat den Tieren nicht gefallen – und das hat den Blick von Besitzer Andreas Klein auf den Boden gelenkt. Was er gefunden hat, liegt heute in der Vitrine eines kleinen, aber feinen Museums. Und wurde kürzlich vom Heimatministerium und Kunstministerium prämiert.

Gezielt greift Erika Stein zu einem der vielen schneckenförmigen Gebilde. „Das ist er, der Ceratit, um den es geht“, sagt die 53-Jährige. Über 70 Jahre ist es her, dass ihr Großvater Andreas Klein ihn gefunden hat. Er wusste nicht, was es ist. Mitgenommen hat er es trotzdem und auf die Kommode in der Wohnstube gelegt. Das seltsame Ding ließ seinem Sohn Hans keine Ruhe – und so ist er eines Tages nach Würzburg gefahren und hat nachgeforscht, was das sein könnte. Die erstaunliche Mitteilung: Es handelt sich um einen Ceratiten, etwa 185 Millionen Jahre alt, versteinert in Zeiten des Jurameeres. Das Weichtier, das einst darin lebte, war ein typischer Organismus schon in der Muschelkalk-Zeit.

Wie der Ceratit einmal ausgesehen hat, zeigt Erika Klein ihren Besuchern anhand eines Modells und anhand von Bildern. Sie ist die Enkelin von Andreas Klein und Tochter von Hans Klein, in dem der Stein aus der Wohnstube eine Sammelleidenschaft auslöste, die Zeit seines Lebens anhielt und die ihresgleichen sucht. Seine Funde sind vielfältig und vielzählig, aufgereiht in den Vitrinen seiner Sammlung, aus der er mit den Jahren ein Museum aufbaute. Fossilien und Mineralien sind dort ausgestellt, Edelsteine und antikes bäuerliches Gerät. Heute gehört die Sammlung Hans Klein zu den nichtstaatlichen Museen und zieht jährlich mehrere Tausend Besucher an.

Erika Klein führt die Tradition ihres Vaters gemeinsam mit ihren Kindern Lisa und Mike fort. Und so hat sie, als in diesem Jahr das Heimatministerium und das Kunstministerium gemeinsam mit der Landesstelle für nichtstaatliche Museen den Wettbewerb „100 Heimatschätze“ ausschrieb, einfach mal mitgemacht. Dass ihr Ceratit unter den über 600 Einsendungen als einer von 100 Schätzen ausgewählt werden sollte, hat sie nicht erwartet. Um so mehr hat sie sich über die Preisverleihung in München gefreut.

Hans Kleins Tochter wurde schon früh von seiner Leidenschaft angesteckt, denn oft zog die ganze Familie gemeinsam los. Sie war auf den Feldern und Wiesen rund um Prichsenstadt unterwegs, wo es unzählige Funde gibt, denn die Region war bereits in der Alt- und Mittelsteinzeit besiedelt. Häufig ging es nach Kleinschönbach, wenige Kilometer von Prichsenstadt entfernt war der Ort bis ins 15. Jahrhundert besiedelt. „Dort habe ich als Kind mit meinem Vater Steinzeitwerkzeuge gesucht.“ Sie sind heute ebenso in den Vitrinen zu finden wie vieles andere, was in der Region oder in der Fränkischen Schweiz in stundenlanger Kleinarbeit gesucht und gefunden wurde. Das nahm oft den ganzen Tag in Anspruch. „Meine Mutter hat dann auf den Feldern mit dem Gaskocher für uns gekocht.“

Als die Prichsenstädter Kirche renoviert wurde, wurde viel Schutt in den Wald gefahren, erinnert sich Erika Klein. Doch nicht nur Schutt sei dort hingeworfen worden, sondern auch Christusfiguren und Münzen, erzählt sie. Da niemand sich für den „Schutt“ interessierte, durfte Klein ihn sich genauer anschauen. „Wir sind jeden Tag dorthin und haben gesiebt.“ Die Münzen und Figuren, die sie fanden, wurden in München begutachtet. „Wir durften sie behalten.“

Gefunden wurde viel, ausgestellt auch, aber manches hat Hans Klein auch verkauft und dafür andere Ausstellungsstücke erworben, die er in aller Welt entdeckte. Versteinertes Holz in schillernden Farben gibt es im Museum, schier unzählige Edelsteine, ein versteinertes Dinosauriergelege, eine jungsteinzeitliche Großklinge aus Hornstein, das laut Hans Klein größte Ei der Welt von einem Riesenstrauß aus Madagaskar, einen Meteorit vom Mond, einen Neuschwanstein-Meteorit und vieles, vieles mehr.

Erika Klein beschränkt sich nicht nur darauf, das Vermächtnis ihres vor fünf Jahren verstorbenen Vaters zu hegen und zu pflegen. Sie fährt, wie er früher, auf Messen in Deutschland und Frankreich, ist in Amerika und Brasilien unterwegs, in Griechenland und in Marokko. Und besucht, wie sie es früher mit ihrem Vater tat, regelmäßig Treffen und Vorträge der Mineralienfreunde in Würzburg. „Dort habe ich einen großen Rückhalt, wenn ich Fragen habe“, freut sich die 53-Jährige, ebenso bei den Sammlerkollegen, die sie schon über ihren Vater kennengelernt hatte. „Das ist wie eine große Familie.“ Und passt wunderbar zum kleinen, feinen und familiären Museum direkt an der Stadtmauer von Prichsenstadt.

Info: Museum Hans Klein Prichsenstadt, Schulinstraße 28, 97357 Prichsenstadt, Tel. 09383/ 9032428,

Email: museumklein@t-online.de

Geöffnet ist das Museum an Sonn- und Feiertagen von 11 bis 17 Uhr sowie nach Vereinbarung. Der Eintritt ist frei.