OB Stefan Güntner sagt: Die Egerländer Straße ist eine gute Wohnlage für Familien

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StefanGüntner
Ein Bild aus sonnigeren Tagen, ein Bild „vor Corona”: Damals freuten sich die Bewohner Karl-Heinz und Wolfgang sowie die ehrenamtlichen Helferinnen Andrea Schmidt, Manuela Link ...
Diana Fuchs
Sozialer Brennpunkt Schwarz auf Weiß....
Diana Fuchs

Hat sich die Situation in dem Kitzinger Notwohngebiet verbessert, seit auch überregionale Medien vor drei Jahren berichtet haben?

KITZINGEN

Vor drei Jahren war Kitzingen überregional in den Medien: Die Zustände im „sozialen Brennpunkt Notwohngebiet“ waren Thema mehrerer TV-Beiträge. Was hat sich seitdem geändert? Ein Gespräch mit Oberbürgermeister Stefan Güntner (CSU), unter dessen Vorgängern im Amt das seit gut zwei Jahrzehnten schwelende Problem nicht gelöst wurde.

Aktuell leben 14 Kinder im Notwohngebiet Kitzingen. Familien neben Süchtigen und Straftätern – das alte Problem: Wie kann das sein? Stefan GÜNTNER:

Es ist zwar Beschlusslage, dass im Notwohngebiet keine Familien mehr untergebracht werden sollen, nichtsdestotrotz gibt es manchmal keine Alternative. Wenn gerade keine andere Wohnung frei ist, dann müssen sie dahin. Ich persönlich sehe Potenzial in der laufenden Sanierung der Wohnungen am Galgenwasen. Dort werden aktuell 14 Wohnungen saniert. Wenn die Baustelle gut weiterläuft, ist mit der Fertigstellung Ende April 2021 zu rechnen. Im Anschluss stehen die Wohnungen dann dem Markt zur Verfügung.

Wie sehen Sie die Zukunft des Notwohngebietes?

Aus meiner Sicht hat der Stadtrat die Zukunft des Areals im Februar 2020 genau falsch herum beschlossen. Die Familien rauszuholen und alle anderen Menschen drinzulassen, halte ich für einen Fehler. Das Gebiet an der Schnittstelle Egerländer Straße/ Tannenbergstraße ist eigentlich prädestiniert für Familien. Wenn man von oben auf Kitzingen schaut und den Ist-Zustand ausblendet, sieht man: Das ist eine gute Wohnlage. In der Nähe gibt es Einkaufsmöglichkeiten, Schule, Kindergarten, Sportverein – alles, was Familien so brauchen.

Das heißt, wenn es nach Ihnen geht, wird das Notwohngebiet aufgelöst und die Bewohner auf verschiedene Orte verteilt?

Ja, ich hege Sympathie dafür, das reine „Notwohnen“ zu verlagern. Im jetzigen Notwohngebiet könnte ein ganz normaler, durchmischter Siedlungsabschluss entstehen. Das Konzept des Büros „Planwerk“, das schon im „alten“ Stadtrat vorgestellt wurde, sieht eine Mischung aus Geschoss- und Reihenhausbau vor. Das halte ich für durchaus überlegenswert.

Was würde nach dem Abriss der alten Wohnblocks mit Bewohnern passieren, die schon jahrzehntelang im Notwohngebiet leben und auch nicht mehr wegwollen?

Ob es tatsächlich einen Abriss gibt, ist noch nicht klar. Tatsächlich gibt es auch Interessenten, die sich eine Sanierung des Bestandes vorstellen können. An dem Sprichwort „Einen alten Baum verpflanzt man nicht“ ist natürlich etwas Wahres dran. Ich glaube, dass der eine oder andere, der schon ewig da lebt, sich in der neuen Situation gut zurechtfinden würde. Wichtig ist, dass im Zuge der Neukonzeption klar sein muss, dass Menschen, die wir im Zuge des Notwohnens unterbringen müssen, sich in Zukunft nicht einfach wieder selbst überlassen werden.

Als das Kitzinger Notwohngebiet vor drei Jahren landesweit in den Schlagzeilen war, geriet einiges in Bewegung. Ein Hausmeister wurde eingestellt und es wurden Warmwasser-Boiler für alle Wohnungen angeschafft. Am Grundsatz wurde aber nichts geändert, nach wie vor werden alle irgendwie Bedürftigen an einem Fleck versammelt. Warum?

Von Rechts wegen steht fest: Die Stadt ist zuständig dafür, dass Obdachlose eine Unterkunft für maximal drei Monate vorfinden. In Kitzingen kommt dazu, dass es so genannte Schlichtwohnungen für finanziell Schwache gibt, und zwar ebenfalls in den Blocks der Egerländer und Tannenbergstraße. Hier plädiere ich für andere Lösungsansätze. Aus meiner Sicht sollten wir es so machen wie andere Städte auch: Statt Mietverträge abzuschließen, sollten wir Wohnungen per Bescheid zuweisen. Das hat rechtlich einen ganz anderen Hintergrund.

Dazu bräuchte die Stadt eine eigene Einrichtung.

Genau. Dort müsste nicht jeder seine abgeschlossene Wohnung und auch nicht sein eigenes Zimmer haben, sondern man käme vielleicht erst mal in ein Vierbett-, dann in ein Zwei- oder Einbettzimmer und schließlich – das muss immer das Ziel sein – wieder ganz aus der Einrichtung raus. Die Frage ist natürlich, ob wir so eine Einrichtung bauen wollen. Und wo.

Steht die Stadt in Kontakt zu den Caritas-Sozialpädagoginnen Kühn und Flurschütz, die die Bewohner beraten, und zum Wegweiser-Team, das sich ehrenamtlich kümmert?

Frau Schmöger als Amtsleiterin für Recht und Ordnung und Frau Haaf als Leiterin des Einwohnermeldeamts sind in der „Steuerungsgruppe Ökumenisches Projekt Soziale Beratung Egerländer Straße“ für die Stadt Kitzingen vertreten. Für das Projekt trägt die Stadt Kitzingen auch zwei Drittel der Kosten. Dass es seit einiger Zeit einen Hausmeister und zwei Pädagoginnen gibt, halte ich für sehr gut. Das muss aus meiner Sicht auch so bleiben: Die Bewohner brauchen Betreuung. Wir dürfen die Leute nicht alleine lassen, denn ohne Hilfe kommt man kaum aus dem Teufelskreis raus: Kein Job führt zu Armut und Armut in eine soziale Abwärtsspriale. Foto: Ralf Dieter