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Metzgereien: Mit Klasse gegen Massenware


Autor: Robert Wagner

Prichsenstadt, Freitag, 13. November 2015

Eigentlich gehört Volker Bausewein (45) zu einer aussterbenden Spezies .Metzger sind im Konkurrenzdruck. Zwischen 2004 und Ende 2014 verschwanden 222 der ursprünglich 758 unterfränkischen Metzgereien – ein Rückgang von fast 30 Prozent. Die Familie Bausewein will mit Qualität überzeugen.
Konzentriert: Volker Bausewein bei der Arbeit, für die er kürzlich von Landwirtschaftsminister Helmut Brunner ausgezeichnet wurde.


Eigentlich gehört Volker Bausewein (45) zu einer aussterbenden Spezies. Zwischen 2004 und Ende 2014 verschwanden 222 der ursprünglich 758 unterfränkischen Metzgereien – ein Rückgang von fast 30 Prozent.

Die Gründe sind vielschichtig. Einerseits ist da die Konkurrenz durch Billiganbieter in Supermärkten und Discountern. Andererseits verzichten immer mehr Menschen freiwillig auf Fleisch. Zudem geht gerade auf dem Land die Bevölkerung zurück – kleine Landmetzgereien können sich so immer schwerer halten.

Der Metzgerei Bausewein geht es hingegen gut. Sowohl in Prichsenstadt als auch in Kitzingen gibt es jeweils eine Filiale. In Prichsenstadt bauen sie sogar gerade aus. Der Grund für den Erfolg? „Die Kunden vertrauen uns. Stammkunden sind einfach unbezahlbar“, erklärt Volker Bausewein. Rund 80 Prozent seiner Kunden seien regelmäßig da.

„Qualität setzt sich immer durch“, sagt Stefan Ulbricht vom Fleischverband Bayern. Und die Qualität der Metzgerei Bausewein wurde jetzt auch von der bayerischen Landesregierung anerkannt. Landwirtschaftsminister Helmut Brunner zeichnete den Familienbetrieb zusammen mit neun weiteren Metzgereien als die besten ihrer Zunft aus. Zugrunde liegt der Auszeichnung eine „Fünf-Jahres-Wertung“ des Landesinnungsverbands des bayerischen Fleischerhandwerks.

Untersucht werden das Äußere, die Farbe und Zusammensetzung, die Konsistenz und natürlich der Geruch und Geschmack mehrerer Produkte. Auch das Magazin „Feinschmecker“ hat die Metzgerei bereits getestet und ausgezeichnet. „Für uns ist das eine Bestätigung – und ein Ansporn, die Qualität zu halten“, so Bausewein.

Eine Branche im Wandel

In der fünften Generation führt er den Familienbetrieb zusammen mit seiner Frau Manuela. Auch seine Schwester und die Eltern arbeiten mit. Insgesamt sind rund 20 Menschen im Betrieb beschäftigt. Volker Bausewein hofft, dass eine seiner beiden fast erwachsenen Töchter die Tradition später weiterführen wird. Wie das Geschäft dann aussieht, ist allerdings schwer abzusehen.

Tendenzen gibt es aber: Wie Stefan Ulbricht erklärt, achten Kunden heute mehr auf Qualität als früher. Eine größere Auswahl und selbst gemachte Spezialitäten ziehen Kunden an. Sie kaufen weniger, aber dafür häufiger ein. „Am Wochenende mit dem Metzgerauto durch die kleinen Ortschaften zu fahren, lohnt sich kaum noch“, erzählt Volker Bausewein. Die Alten werden immer weniger und die Jungen fahren lieber selbst einkaufen.

Problematisch ist auch der Dokumentationsaufwand. Der wird laut Bausewein immer größer. Penibel muss Buch geführt werden. „Da ist sicher vieles sinnvoll – manches aber vielleicht auch etwas übertrieben“, sagt Bausewein.

Schließlich ist da noch die Frage nach der Herkunft des Fleisches. Durch viele Skandale um Gammelfleisch und falsch etikettierte Ware sind die Kunden sensibler geworden. Bausewein bezieht sein Fleisch aus der Region. „Da habe ich einen Stamm an Bauern, denen ich vertraue.“

Das Problem: Kleinere Bauernhöfe verschwinden zunehmend. Mit den großen Mastbetrieben können sie kaum noch mithalten. Viele der Bauern, von denen Bausewein Tiere bekommen hatte, haben aufgehört. Schweinefleisch bezieht Bausewein deshalb mittlerweile von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft in Schwarzenau (LVFZ), Rinder schlachtet der Familienbetrieb aber immer noch selber.

„Lieber lokal als bio“
Volker Bausewein, Metzger

Die Mast- und Fleischindustrie ist im Umbruch. Wichtiger wird dabei auch das Label „Bio“. Volker Bausewein steht dem eher kritisch gegenüber. Nicht, dass er nicht gerne mehr Bio-Fleisch verkaufen würde. Doch: „Woher soll ich das beziehen?“, fragt er. Er stehe vor der Wahl, entweder Biofleisch von weit entfernten Mastbetrieben zu beziehen, oder bei kleineren, lokalen Bauern Tiere zu kaufen – und entscheide sich dann lieber für Letzteres.

„Ich frag mich manchmal schon, wo die großen Discounter so viel Bio-Fleisch herkriegen“, sagt Bausewein. Dass Massentierhaltung mit Biotrend und Tierwohl zusammenpasst, erscheint zumindest fraglich.

Risikofaktor Fleisch?

Und wie ist das mit der Gesundheit? Die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) hat Ende Oktober einen Bericht veröffentlicht. Demnach ist rotes Fleisch wahrscheinlich und verarbeitetes Fleisch sicher krebserregend. Volker Bausewein sieht das gelassen. „Die Menge ist da sicher entscheidend“, sagt er. Wie bei allem ist zu viel schädlich. „Wir essen selbst auch nicht jeden Tag Unmengen Fleisch.“ Angst, dass der Fleischkonsum deshalb zurückgeht, hat Bausewein nicht. „Die Kunden können das sicher ganz gut einschätzen.“

Diese Erfahrung hat Volker Bausewein zumindest bei früheren Problemen gemacht. Beispielsweise beim Skandal um nicht deklariertes Pferdefleisch in Lasagne im Januar 2013. Damals waren neben britischen Firmen auch große Supermarktketten in Deutschland betroffen. Das Ergebnis: Der Fleischkonsum ging zeitweise zurück. „Dann gehen die Kunden aber wieder verstärkt zu lokalen Metzgereien, weil sie uns vertrauen“, erklärt Bausewein.

Eine Erfahrung, die auch Stefan Ulbricht vom Fleischverband bestätigen kann: „Der 'Metzger des Vertrauens' wird in solchen Situationen wieder wichtiger. Leider vergessen die Kunden das aber auch schnell. Dann wird wieder eher auf den Preis geschaut.“

Trotzdem ist sich Volker Bausewein sicher: „Frische und Qualität“ überzeugt die Kunden. Nur so könne man im immer enger werdenden Markt überleben – und eben nicht, wie so viele Kollegen, unter dem Druck der großen Fleischindustrie zugrunde gehen.

Noch eine Auszeichnung: Kirsten Paul ist Lehrling im dritten Ausbildungsjahr und hat beim „Plattenwettbewerb“ in Stuttgart Gold geholt.