Licht und Kraft für alle Wege
Autor: Diana Fuchs
Geiselwind, Donnerstag, 03. Juli 2014
Bremsen quietschen, Motoren heulen. Tausende Laster und Autos brummen, rattern und rasen täglich über die A3. An der Ausfahrt Geiselwind biegt so mancher Reisende ab – zum Auftanken. Im doppelten Sinn.
Bremsen quietschen, Motoren heulen. Tausende Laster und Autos brummen, rattern und rasen täglich über die A3. An der Ausfahrt Geiselwind biegt so mancher Reisende ab – zum Auftanken. Im doppelten Sinn.
Gleich hinter den Zapfsäulen mit Benzin und Diesel zieht ein weißer, 30 Meter hoher Turm die Blicke auf sich. Wer erkundet, worum es sich handelt, gelangt an eine ganz andere Tankstelle – eine Tankstelle für die Seele.
„Come in“, „venid todos“, „Komm herein“: In vielen Sprachen steht über der gläsernen Eingangstür, dass jeder willkommen ist. Wer den Schritt ins Innere wagt, kommt durch einen lichtdurchfluteten Vorbau – hier plätschert Wasser in einem großen Taufbecken – in den Andachtsraum, in dem sanfte Meditationsmusik zum Entspannen einlädt. Inklusive Empore hat das Kirchlein 120 Plätze. Im zentralen, runden Glasfenster sind die Kontinente der Erde zu sehen – ein Symbol dafür, dass der Raum offen ist für jeden, egal welcher Herkunft und welchen Glaubens.
Bezüge zur evangelischen und katholischen Kirche gibt es trotzdem. Der Altar besteht aus einer umgedrehten, indirekt beleuchteten Wurzel mit zwölf „Armen“ – Symbole für die Apostel oder die zwölf Stämme Israels. Daneben können Kerzen angezündet werden. An der Kirchendecke erinnern Halogen-Sterne an den Namen der Autobahnkirche: „Licht auf unserem Weg“.
Kraft tanken
Seit fast 13 Jahren gibt es das besondere Gotteshaus. Hier kommen Menschen aus aller Herren Länder zur Ruhe. In dem hellen, mit Holz und Stein gestalteten Andachtsraum tanken sie neue Kraft für die Weiterfahrt – manche auch für ihr ganzes Leben. „Es sind schon viele wundersame Dinge rund um die Autobahnkirche geschehen“, erzählt Manuela Strohofer, die in einer Person sowohl Mesnerin, Wortgottesdienstleiterin, Organisatorin, Blumenbeauftragte und Kirchenführerin ist.
Den Wunsch, eine Kapelle zu bauen, habe ihre Familie schon lange gehegt. „Eigenmächtig, wie er ist, hat mein Vater dann Ende der 90er Jahre entschieden, mitten im Event-Zentrum eine Kirche zu bauen.“ Anton Strohofers Platzwahl war gut. „Die Kirche heute muss dahin gehen, wo die Menschen sind“, ist sich Manuela Strohofer sicher. „Wir müssen andere Wege gehen und neue Gottesdienstformen ausprobieren, um die Menschen zu erreichen, die sonst außen vor bleiben.“
Ein 22-jähriger Mann aus Berlin war nach dem ökumenischen Gottesdienst beim Trucker-Fest so beeindruckt, dass er spontan beschloss, sich taufen zu lassen – und das wenige Monate später in der Autobahnkirche auch tat. „Besonders gern erinnere ich mich auch an die Doppeltaufe zweier kleiner Cousins“, berichtet Manuela Strohofer. Eines der Kinder wurde katholisch getauft, das andere evangelisch. „Bei der Feier haben alle gemerkt, dass wir in der Taufe vereint sind, dass wir alle einen Vater im Himmel haben.“