Kriminalität, Nationalität und Datenschutz: Was sagt die Polizei?
Autor: Robert Wagner
, Freitag, 22. Januar 2016
In ihrer Pressearbeit muss die Polizei Fingerspitzengefühl beweisen. Welche Informationen gibt sie über Tatverdächtige und Täter heraus, welche nicht? Spielt die Nationalität eine Rolle - und wenn ja, wann? Gibt es politische Einflussnahme auf die Pressearbeit? Mit Kommentar.
Die Nachrichten überschlagen sich. Am Morgen des 5. Januar wird im Schlosspark in Wiesentheid eine 22-jährige Frau mit schweren Verletzungen gefunden. Wie ein Lauffeuer verbreitet sich die Nachricht. Es dauert nicht lange, da tauchen erste Gerüchte auf: Es waren Asylbewerber!
Die Gerüchte, die sich schnell als haltlos erweisen, führen zu einer untypischen Pressemeldung des Polizeipräsidiums Unterfranken. In der steht der explizite Hinweis, dass die Beamten in der Asylunterkunft in der Nähe des Schlossparks waren und dort keine Hinweise gefunden haben. Im Gespräch erklärt Michael Dencinger, Leiter der Pressestelle im Präsidium Unterfranken, das Vorgehen: „Wenn uns Gerüchte zu Ohren kommen, dann werden wir durch Nennung von Fakten versuchen, die Gerüchte auszuräumen.“
Doch nicht jedem Gerücht können die Beamten entgegentreten – sonst hätten sie nur damit zu tun: Kaum eine Meldung, bei der nicht über die Beteiligung von Ausländern spekuliert wird – gerade in den sozialen Netzwerken.
Brisanz durch Kölner Vorfälle
Außerdem wird dort schnell zum leidigen Wort der „Lügenpresse“ gegriffen – und der Polizei unterstellt, sie würde Informationen gezielt zurückhalten. Befeuert wurden die Vorwürfe durch die Vorfälle am Kölner Hauptbahnhof in der Silvesternacht. Seitdem wird heftig über die Informationspolitik der Polizei diskutiert. Der Bund der Kriminalbeamten in Nordrhein-Westfalen beispielsweise hat einen offeneren Umgang mit Herkunft und Nationalität von Tätern gefordert. Höchste Zeit also, sich das Vorgehen der Polizei in Unterfranken einmal genauer anzusehen.
Die Pressearbeit hat für die Polizei grundsätzlich einen sehr hohen Stellenwert, erklärt Polizeirat Michael Dencinger. „Die Medienarbeit ist für uns ein Sprachrohr. Wir sind oft auf die Mitarbeit der Bevölkerung angewiesen.“ Beispielsweise bei Vermisstenfällen, der Suche nach Tatverdächtigen und Zeugen. „Die Bevölkerung hat ein Informationsbedürfnis – und auch einen Anspruch darauf, zu erfahren, was in ihrer Mitte passiert.“
Allerdings gäbe es zwei wichtige Einschränkungen: Zuerst dürfe die Öffentlichkeitsarbeit nicht die Ermittlungen gefährden. Das leuchtet ein: Es kann nicht das Ziel sein, dass Täter durch die Medien erfahren, welche Maßnahmen die Polizei unternehmen wird.
Information und Datenschutz
Die zweite wichtige Einschränkung betrifft das Persönlichkeitsrecht und den Datenschutz. Und da wird es schwammig und schwierig. Grundsätzlich gilt: Die Polizei gibt keine Informationen preis, die einzelne Personen erkenntlich machen. „Es geht nicht darum, dass man in der Zeitung lesen kann: 'Der war's!'“, sagt Dencinger.
Doch müsse man Fingerspitzengefühl beweisen. Wenn man beispielsweise über einen 35-jährigen Fahrer eines weißen Opels schreibe, der betrunken einen Unfall gebaut hat – dann ist das in Würzburg sicherlich unproblematisch. In einem Dorf mit 200 Einwohnern könnte diese Information aber reichen, um den Mann zu identifizieren.