Gemüseanbau: Klein Holland in Franken?
Autor: Robert Wagner
Kitzingen, Freitag, 09. Sept. 2016
Deutsches Gemüse ist gefragt - ausländische Firmen wollen davon profitieren. Im Landkreis Kitzingen versucht ein niederländischer Gemüsebauer ein großes Gewächshaus zu bauen.
Im Supermarkt liegen sie direkt nebeneinander. Hier der Salatkopf aus der Region, dort der Kopfsalat aus Holland. Tomate neben Tomate, Gurke neben Gurke – ihre Herkunft sieht man ihnen nicht an. Und doch spielt sie für viele ein große Rolle.
Für Gemüse aus deutscher Produktion sind viele Kunden bereit, einen Aufpreis zu bezahlen. „Das haben wir uns über Jahre mühsam erarbeitet“, sagt ein Gemüsebauer aus Franken. Er möchte seinen Namen nicht in der Zeitung lesen. Er fürchtet, dass diese Errungenschaft in Zukunft bedroht ist. „Ausländische Anbieter drängen auf den deutschen Markt“, sagt er. In ganz Deutschland seien Gemüsebauern, namentlich aus den Niederlanden, daran interessiert, Anbauflächen zu erwerben. Sie wollten Gemüse regional anbauen und so von höheren Preisen profitieren.
Viel Geld sei dabei im Spiel. Geld, das viele kleinere Unternehmen gar nicht aufbringen könnten. „Die wollen mit viel Kapital einen Großbetrieb aus dem Boden stampfen“, meint der Gemüsebauer. Ein normaler Einsteiger könne sich das gar nicht leisten – die Zukunft kleinerer Familienbetriebe stehe auf dem Spiel. Außerdem hätten solche Großbetriebe oft guten Kontakt zu inländischen Supermarktketten. Kontakte, die kleineren Anbietern fehlten. „Wenn die einmal Fuß gefasst haben, geht das dann ganz schnell.“ Für den fränkischen Gemüsebauer ist die Entwicklung vergleichbar mit den Chinesen, die im großen Stil Fabriken in Afrika aufbauen. Statt „little China“ also „klein Holland“ in Franken?
Martin Bach vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) weiß von einem holländischen Interessenten, der zwar in ganz Bayern, aber eben auch im Landkreis Kitzingen nach Flächen für ein großes Gewächshaus sucht. Die Tendenz sei schon länger absehbar: Gerade in der Grenzregion zu Österreich hätten sich schon ausländische Bauern niedergelassen. „Ich könnte mir vorstellen, dass sich diese Entwicklung verstärkt“, meint Bach. Durch den Strukturwandel hören kleinere Familienbetriebe in Deutschland auf, ausländische Produzenten könnten in die Lücke stoßen. Schließlich könne man so auf den „Regionalzug“ aufspringen.
Bei dem „holländischen Interessenten“ handelt es sich um die Firma „Deliscious“ der Zwillingsbrüder Mark und Roy Delissen. Die Firma bestätigt das Interesse, betont aber, dass „Kitzingen nur eine von mehreren Regionen in Deutschland ist“, in denen man suche. Es sei im Moment noch zu früh, um weitere Auskünfte zu geben. „Erst müssen wir ein geeignetes Stück Land finden und die Unterstützung der Gemeinde bekommen.“
Die Firma Deliscious versteht sich als „Trendsetter“. Sie verkauft „Salat mit Wurzelballen“. So sollen die Salatblätter länger frisch bleiben. Angebaut wird das Gemüse in Rillen, in denen das Wasser aufgefangen und wiederverwendet wird. Man versuche „Kreisläufe zu schließen, Energie und Wasser zu sparen und andere clevere Lösungen für einen nachhaltigen Anbau von Salat zu finden“, heißt es auf der Internetseite von Deliscious.
Das klingt gut, findet Elmar Gimperlein, Gemüsebauer aus Albertshofen und als solcher bis letzten Januar Bezirksvorsitzender. „Ich unterstütze es sehr, dass sich eine solche Firma bei uns niederlässt“, sagt Gimperlein. Er habe selbst seit Jahren enge Kontakte zu holländischen Unternehmen. „Die sind zuverlässig und innovativ.“