Druckartikel: Kitzinger Industriegeschichte

Kitzinger Industriegeschichte


Autor: Daniela Röllinger und Dr. Harald Knobling

Kitzingen, Dienstag, 06. Sept. 2022

Spannende Einblicke in die Vergangenheit bietet alljährlich der Tag des offenen Denkmals. So öffnen am Sonntag, 11. September, wieder zahlreiche historische Gartenanlagen, archäologische Stätten und vor allem bedeutende Bauwerke mit Geschichte ihre Pforten. In Kitzingen bietet sich die Gelegenheit, die Firma Arauner, die in diesem Jahr 125 Jahre alt wird, näher kennenzulernen und dabei zugleich viel über die Entwicklung der Stadt Kitzingen zu erfahren.
Die Firma Arauner blickt auf eine 125-jährige Geschichte zurück. Am Tag des offenen Denkmals gibt sie Einblick in ihre Firmengeschichte, Bauamt und Stadtheimatpfleger Dr. Harald Knobling informieren zugleich über die Entwicklung der Südstadt.


Spannende Einblicke in die Vergangenheit bietet alljährlich der Tag des offenen Denkmals. So öffnen am Sonntag, 11. September, wieder zahlreiche historische Gartenanlagen, archäologische Stätten und vor allem bedeutende Bauwerke mit Geschichte ihre Pforten. In Kitzingen bietet sich die Gelegenheit, die Firma Arauner, die in diesem Jahr 125 Jahre alt wird, näher kennenzulernen und dabei zugleich viel über die Entwicklung der Stadt Kitzingen zu erfahren.

Der Tag des offenen Denkmals steht in diesem Jahr unter dem Motto „KulturSpur. Ein Fall für den Denkmalschutz“. Stadtheimatpfleger Dr. Harald Knobling hat dafür zusammen mit Vertretern des Bauamtes und der Eigentümerin der Firma Arauner, Freya von Tautphoeus, ein interessantes und vielschichtiges Programm in den Mauern des Arauneranwesens zusammengestellt. „Unter dem Blickwinkel 'KulturSpur' begibt man sich in der Nährmittelfabrik Arauner in der Wörthstraße 34 auf Spurensuche, ja auf eine gemeinsame spannende Entdeckungsreise“, so der Stadtheimatpfleger.

Das Werk selbst, wie auch seine Architektur seien ein authentisches Zeugnis für die wirtschaftliche und bauliche Entwicklung der Südstadt. Nach dem Bahnanschluss Kitzingens im Jahre 1865 und der Öffnung der mittelalterlichen Stadtmauer ist dieses Quartier kontinuierlich gewachsen. Kitzingen hat sich geöffnet, nicht nur im Hinblick auf das Stadtbild, sondern auch im Hinblick auf neue Möglichkeiten der Mobilität, der Kommunikation, der Industrialisierung, des Handels und der Erschließung neuer Märkte. Kitzingen prosperierte, das selbstbewusste Bürgertum der Kleinstadt baute repräsentative Wohnhäuser, die denen in den Großstädten nicht nachstanden. Es entstanden Parks und kleinere Anlagen zur Verschönerung und Nobilitierung des städtischen Umfeldes. In der Südstadt entstand eine Reihe repräsentativer Häuser im direkten Zusammenhang mit Produktionsstätten und Wirtschaftsgebäuden.

Für diese Entwicklung um die Jahrhundertwende steht der Apotheker Paul Arauner, der 1897 in Kitzingen die „Obere Apotheke zum Lamm“, die heutige Lamm-Apotheke, kaufte. Noch heute besitzt die Familie Kittel Gefäße und Gegenstände von Arauner aus dieser Zeit. In seiner Apotheke führte Paul Arauner Weinuntersuchungen durch und forschte an der Herstellung reingezüchteter Weinhefen, um den Weinbauern und Winzern damit eine garantierte und schnelle Angärung ihres Mostes zu bieten, informiert die Firma auf ihrer Homepage über ihre Geschichte. Zugleich forschte der Apotheker auch auf dem Gebiet der Zuckerchemie.

Patent für Kitzinger Kunsthonig

Nachdem die „Obere Apotheke“ zu klein geworden war, erwarb Arauner zunächst das Anwesen in der Paul-Eber-Straße 18 – dort steht heute die AOK. Doch schon wenige Jahre später reichte auch dort der Platz nicht mehr für die Produktion aus, so dass der Apotheker die zwei Anwesen Wörthstraße 34 und 35 kaufte. Dort standen bereits die beiden Wohnhäuser im historistischen Baustil sowie Hallen und Werkstätten zur Fassherstellung und ein Holzlager. Durch Um- und Ausbau entstand eine Fabrikanlage, die bis heute mehrfach baulich verändert wurde.

Nach wie vor produziert Arauner Reinzuchthefen und bietet alles für den Kellereibedarf. Das „Kitzinger Weinbuch“ ist deutschlandweit noch heute ein Begriff, ebenso die Fabrikation von „Kunsthonig“, der 1916 patentiert wurde und der nicht nur in der Geschichte des Unternehmens, sondern für Deutschland in den 1930 und 40er Jahren eine besondere Bedeutung erlangte. Damals waren in diesem Betrieb mehr als 150 Leute beschäftigt.

Seit 125 Jahren ist das Familienunternehmen Arauner für Kitzingen ein Begriff und dieses Werk ist ohne Unterbrechung noch heute Produktionsort. „Hier begegnen sich die Spuren von Vergangenheit und Gegenwart. Dies wird bei der Betrachtung historischer Gerätschaften sinnlich erfahren und durch eine Bild- und Plan-Dokumentation in einer kleinen Ausstellung in der Werkhalle visualisiert“, so Stadtheimatpfleger Knobling.

Villa musste abgerissen werden

Die Veranstaltung am Tag des offenen Denkmals beinhaltet eine Einführung in die allgemeine Entwicklung der Südstadt sowie einen baugeschichtlichen Beitrag, der sich mit der Architektur der beiden historistischen Wohnhäuser, vor allem aber mit der Architektur der ehemaligen Arauner-Villa beschäftigt. Das hochherrschaftliche Gebäude in der Moltkestraße, an das sich wohl kaum noch jemand erinnern kann, wurde bei der Bombardierung Kitzingens durch eine Sprengbombe schwer beschädigt und musste abgerissen werden. Heute steht an dieser Stelle ein großes Mietshaus. Durch die Dokumentation von Plänen und historischen Fotos von Jürgen Wolfarth wird an diese Villa erinnert.

Im Anschluss wird Freya von Tautphoeus, studierte Önologin und Getränketechnologin, über die Betriebsgeschichte sprechen und die Besucher durch Gewölbekeller, Labor, Kocherei, Abfüllung, Versand und andere Räumlichkeiten führen, wo ihnen Kurioses und Museales, Altes und Neues begegnet. „Machen Sie die Reise durch ein Jahrhundert Kitzinger Industriegeschichte“, fordert Dr. Harald Knobling daher alle Interessierten auf.

Die erste Veranstaltung findet am Sonntag um 11 Uhr statt, die zweite Veranstaltung um 15 Uhr, jeweils in der Wörthstraße 34.