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Kitzingen: So ist es in einer Notunterkunft wirklich


Autor: Ralf Dieter

Kitzingen, Mittwoch, 04. November 2015

Das Notwohngebiet in der Egerländer Straße in Kitzingen ist immer wieder Gesprächsthema. Kürzlich machten einige Bewohner mit Schildern auf ihre Situation aufmerksam: kein warmes Wasser in der Wohnung, die Toilette zu niedrig. Wie schaut es eigentlich in den Städten und Gemeinden im Landkreis aus?
Lösung für die VG-Gemeinden? Vorsitzender Horst Reuther zeigt einen Teil des Nebengebäudes der VG, in dem eine Wohnung für Obdachlose eingerichtet werden könnte. In diesem Raum könnte Platz für zwei bis drei Obdachlose geschaffen werden.


Das Notwohngebiet in der Egerländer Straße in Kitzingen ist immer wieder Gesprächsthema. Kürzlich machten einige Bewohner mit Schildern auf ihre Situation aufmerksam: kein warmes Wasser in der Wohnung, die Toilette zu niedrig, um sich richtig setzen zu können. Die Stadt Kitzingen hat reagiert. In der nächsten Woche ist ein Ortstermin geplant. Der soll als Vorbereitung für eine Sondersitzung dienen. Das Thema lautet dann ganz allgemein: die städtische Wohnungspolitik. Aber wie schaut es eigentlich in den Städten und Gemeinden im Landkreis aus?

„Weitgehende

Einschränkungen der

Wohnansprüche müssen hingenommen werden.“

Verwaltungstext Staatsministerium des Innern

Horst Reuther kramt den Schlüssel hervor und schließt die Tür zum Nebengebäude der Verwaltungsgemeinschaft Kitzingen auf. In der Bismarckstraße 22 war früher eine Werkstatt und das Bildungs- und Schulungsinstitut (bsi). Jetzt überlegen die Verantwortlichen der Verwaltungsgemeinschaft, was sie mit dem Gebäude anfangen sollen. Geht es nach dem VG-Vorsitzenden wird im Erdgeschoss eine kleine Wohnung für Obdachlose eingerichtet, auf die alle fünf VG-Gemeinden zurückgreifen können. Die vorgeschriebenen Mindestanforderungen sind erfüllt: Wasser, Strom, Tageslicht. Reuther würde Schlafmöglichkeiten bereitstellen und eine Dusche einbauen lassen.

Von den Mitgliedsgemeinden Biebelried, Buchbrunn, Mainstockheim und Sulzfeld hat bislang nur Albertshofen eine Notunterkunft – einen Wohncontainer mit Wasser- und Stromanschluss. Die anderen vier Gemeinden weichen im Fall der Fälle auf eine Pension aus. Die Belegungen sind allerdings übersichtlich. Sechs Fälle gab es in den letzten Jahren, vier davon alleine in Albertshofen.

Wird ein Mensch obdachlos, muss die Gemeinde, in der er zuletzt gemeldet war, eine Unterbringung bereitstellen. Die Notunterkunft ist immer nur eine vorübergehende Maßnahme heißt es auf der Internetseite des Bayerischen Innenministeriums. „Sie muss daher nur den Mindestanforderungen einer menschenwürdigen Unterbringung genügen.“ Was das im Detail heißt, wird in der Verwaltungsvorlage nicht klar. „Weitgehende Einschränkungen der Wohnansprüche müssen hingenommen werden“, heißt es. Obdachlose könnten keine „wohnungsmäßige Versorgung“ verlangen.

In den Gemeinden wird dieser Passus unterschiedlich in die Praxis umgesetzt. Horst Reuther ist Bürgermeister von Albertshofen. Dort hat man Obdachlose früher in einer leer stehenden Wohnung eines ehemaligen Gasthauses untergebracht. „Das war aber immer eine Riesenaktion“, erinnert sich Reuther. Die Wasserleitungen mussten durchgespült, die Heizung überprüft werden. „Es geht einfach nicht, eine Wohnung ein Jahr oder länger leer stehen zu lassen“, springt ihm Wiesentheids Bürgermeister Dr. Werner Knaier bei. Die Gefahr einer Verkeimung des Wassers in den Leitungen sei viel zu groß.

In der Marktgemeinde gab es in den letzten sieben Jahren nur zwei Fälle. In einer Gaststätte wurden die Obdachlosen vorübergehend untergebracht. Und dann schnellstmöglich weitervermittelt. In der Regel ist das kein Problem. „Wiesentheid hat eine überschaubare Größe“, sagt Dr. Knaier. „Das Netzwerk ist entsprechend dicht.“

Auch in Volkach funktioniert laut Bürgermeister Peter Kornell das soziale Netz. Dennoch stellt die Stadt zwei Häuser für je vier Personen zur Verfügung. In Gaibach gibt es eine weitere Unterkunft. Warmwasser und eine Ofenheizung stehen zur Verfügung. „Das Holz müssen sich die Obdachlosen aber selbst beim Bauhof holen“, sagt Kornell. Im Moment wird das Angebot von acht Personen genutzt. Kornell sind außerdem zwei Obdachlose bekannt, die lieber in Hütten und Lauben schlafen. „Die wollen das so“, sagt der Bürgermeister. „Die fühlen sich in einer Wohnung nicht wohl.“

Die Stadt Dettelbach hält momentan eine Unterkunft zur Unterbringung eines Obdachlosen vor. „Bei kurzfristigem Mehrbedarf ist im Stadtteil Euerfeld eine weitere Unterbringungsmöglichkeit vorhanden“, teilt Verwaltungsinspektorin Claudia Bräuer mit. In Geiselwind steht eine Wohnung als Notunterkunft bereit. Sie war in den vergangenen Jahren allerdings nur einmal kurzfristig belegt. „Es handelt sich um drei Zimmer mit Bad/WC“, erklärt Annemarie Maurer aus dem Rathaus. „Dort gibt es warmes Wasser und eine Duschmöglichkeit.“

„Die Gemeinden auf dem Land haben es einfacher als die Städte“, meint Hans Uebelacker, zuständiger Sachgebietsleiter der Stadt Iphofen. Viel seltener würden Obdachlose dort vorstellig. In Iphofen waren es in den letzten 20 Jahren nach seiner Erinnerung vier oder fünf. Die wurden vorübergehend untergebracht und schnellstmöglich weitervermittelt. „Im Schnitt war jeder Obdachlose drei Tage bei uns“, informiert Uebelacker.

„Im Schnitt war jeder Obdachlose drei Tage bei uns.“
Hans Übelacker Stadt Iphofen

Anfragen erhalte er jedoch genug. „Drei Mal im Monat kündigt jemand per Telefon an, dass er bald obdachlos wird und wir ihm eine Wohnung zur Verfügung stellen sollen“, sagt Übelacker. Diese „Androhungen“ werden aber so gut wie nie in die Tat umgesetzt. Es hat sich längst herumgesprochen, dass die Gemeinden die Miete für die Notunterkunft wieder eintreiben. „Es sei denn, jemand ist nicht nur obdachlos, sondern auch mittellos“, sagt Bürgermeister Reuther. „Dann bleiben wir auf den Kosten sitzen.“

Für den Albertshöfer sind spartanische Lösungen wie der Wohncontainer in seiner Gemeinde oder die Wohnung im VG-Nebengebäude deshalb die richtige Wahl. „Letztendlich ist das auch eine erzieherische Maßnahme.“ Eines steht für ihn aber außer Frage: „Wer in Not ist, dem müssen wir auf jeden Fall helfen.“ Inklusive Warmwasser und einer Duschmöglichkeit.