Einige Kitzinger Geschäftsleute machen mit gelben Plakaten auf ihre angespannte Situation aufmerksam. Große Hoffnung habe sie in das neue System „click&collect“.
Die gelben Plakate hängen seit diesem Montag in der Stadt. Sie sorgen für Aufmerksamkeit – und für ein wenig Verwirrung.
„Wir machen AUF-----merksam“ steht mit schwarzer Schrift auf gelbem Grund. „Ab 11. Januar, 11 Uhr.“ In mindestens fünf Geschäften in der Kitzinger Innenstadt sind die Plakate angeklebt. Martina Oberndorfer hat eines an ihrem Haupteingang angebracht. Der ist seit Wochen für Kunden geschlossen. Lockdown. „Das ist ein Hilferuf“, erklärt die Geschäftsinhaberin. „Es muss etwas passieren.“
Politik hat Not der Einzelhändler nicht verstanden
Unter dem Namen „handelstehtzusammen“ hat sich kurz vor Weihnachten in Frankfurt ein Bündnis gegründet, das schnell über die Stadtgrenzen wuchs und mittlerweile in ganz Deutschland für Aufsehen sorgt. Rund 13.500 Unterstützer gibt es laut der Initiatoren, die Hälfte davon Unternehmer. Was sie eint: akute Existenzsorgen aufgrund der wochenlangen Schließungen. Ihr Vorwurf: Die Politik habe die akute Not vieler Einzelhandelsbetriebe bislang nicht verstanden.
Martina Oberndorfer hat sich vor fünf Jahren selbstständig gemacht. In der Ritterstraße hat sie ein kleines Schmuckstück geschaffen, Anfang des letzten Jahres noch erweitert. Dann kam Corona. Im ersten Lockdown erhielt sie 9.000 Euro Soforthilfe. „Das hat ein wenig geholfen“, sagt sie.
Im Sommer, als die Aussichten gar nicht schlecht standen, als von einem zweiten Lockdown keine Rede war, hat Oberndorfer ihre Frühjahrs- und Sommerkollektion geordert. So wie alle Kolleginnen und Kollegen. Die Lieferung erfolgt in den nächsten zwei Monaten. Dann muss sie bezahlen. „Die Verträge sind gemacht“, erklärt sie und schaut sich in ihrem Laden um. Dort hängt noch die Herbst- und Winterware. Einen Teil davon hat sie während des Lockdowns verkaufen können. Aber längst nicht alles.
Über die sozialen Medien wirbt Martina Oberndorfer für ihre Blusen, Mäntel und Schuhe, stellt immer wieder neue Fotos auf Instagram und Facebook. „Meine Kunden sind super“, sagt sie und freut sich, dass sie auch vor Weihnachten Geschäfte tätigen konnte. Päckchen hat sie geschnürt und verschickt oder ist selbst zu den Kunden gefahren, hat die Ware kontaktlos übergeben. Ein großer Aufwand, der einen übersichtlichen Erfolg zeitigte. Etwa ein Drittel des normalen Dezember-Umsatzes hat sie im Jahr 2020 verloren. Wenn jetzt keine schnellen und effektiven Hilfen kommen, wird es eng. „Die gesamte Modebranche liegt schon auf der Intensivstation“, sagt Oberndorfer und warnt: „Ohne Hilfe wird in Kitzingen kaum ein Einzelhändler überleben“.
"Click&Collect" hilft Einzelhändlern
Von einer bedrohlichen Situation spricht auch Frank Gimperlein. Der Vorsitzende des Stadtmarketingvereins weiß, dass die Einzelhändler auch weiterhin Miete und/oder Darlehen zu zahlen haben. „Und das bei spärlichen Einnahmen.“ Immerhin: Mit „click&collect“ ist eine Hilfe geschaffen worden, die von fast allen Einzelhändlern angenommen wird. Seit dem gestrigen Montag können die Kunden die Waren direkt bei ihren Händlern vor Ort ordern – per Telefon oder „click“ auf der Homepage beziehungsweise den Seiten in den sozialen Medien. Dann holen die Kunden die Ware vor Ort. In der Gastronomie ist dieses Konzept als „Essen to go“ längst etabliert. Warum es beim Einzelhandel so lange dauerte, ist nicht nur Gimperlein ein Rätsel.