Wilder Müll: Kein schöner Land
Autor: Robert Wagner
Kitzingen, Dienstag, 22. März 2016
Unbelehrbare entsorgen ihren Müll mitten in Kitzingen - das sieht hässlich aus und führt zu hohen Kosten.
Mit düsterer Miene reißt Norbert Hammer einen schwarzen Sack auf. Er stochert zwischen leeren Milchpackungen, zerdrückten Zigarettenschachteln und Nussschalen. Plötzlich hellt sich sein Gesicht auf und er lächelt. Seine Finger bringen ein zerrissenes Stück Papier zum Vorschein: Teil eines Briefs – mitsamt kompletter Adresse. „Der bekommt eine Anzeige und eine deftige Rechnung“, sagt Hammer.
Der Mann mit der Irokesenfrisur ist seit sechs Jahren Vorarbeiter bei der Straßenreinigung Kitzingen. In dieser Zeit hat er unzählige Fotos von wilden Müllbergen gemacht – so wie heute bei den Glascontainern an der Alten Poststraße. Die 14 Containerplätze in Kitzingen sind Schwerpunkte wilder Müllentsorgung, weiß Hammer zu berichten.
Dass der Übeltäter freundlicherweise seine Adresse „hinterlegt“ hat – so viel Glück haben Hammer und seine Kollegen indes nur selten. Meist kommen die Täter ungeschoren davon. Nur eine strikte Überwachung könnte das verhindern. Doch: „Überall Kameras oder übertrieben hohe Strafen wie in Singapur – wer will so etwas?“, fragt Georg Günther, Leiter des Kitzinger Bauhofs.
Also räumen sie weiter auf, Hammer und Kollegen, oft zwischen 200 und 300 Kilo Müll pro Tag. „Manche Leute sind schon zu faul, die Flaschen in die Container zu werfen“, erzählt Hammer. Manchmal stehen Dutzende gelbe Säcke umher – Müll der doch kostenlos abgeholt wird.
Allein die Entsorgung des Mülls kostet die Stadt rund 46 000 Euro. Bis zur Hälfte der Kosten entsteht durch illegalen Müll, schätzt Günther. „Rausgeschmissenes“ Geld – im wahrsten Sinne des Wortes.
Doch warum sollte man sich um seinen Müll kümmern, wenn es doch so einfach geht? „Unbelehrbare“ nennt Günther jene, die so denken. Dabei ist das noch eins der freundlicheren Worte, die er im Laufe des Gesprächs benutzt.
Georg Günther und Norbert Hammer schwanken zwischen Frustration und Gelassenheit. Einerseits haben sie seit vielen Jahren mit wildem Müll zu tun – vom achtlos weggeworfenen Bonbonpapier bis hin zu Lkw-Ladungen voller Hausmüll. Andererseits sind „neun von zehn Kitzingern“ nicht so, sagt Günther. Er wird nicht müde zu betonen, dass es keineswegs „die Kitzinger“ sind, die willentlich Stadt und Land verschandeln, sondern eben einige Unverbesserliche. Ein beliebtes Schimpfwort mit 'A' fällt in dem Zusammenhang.