Kampf- oder Schmusehund?
Autor: Robert Wagner
Sickershausen, Freitag, 01. April 2016
Für potenziell gefährliche Hunde gibt es einen "Wesenstest". Ist der überhaupt sinnvoll?
Wenige Momente später stehen Dominik Necas, Hündin Nala und Hunde-Sachverständiger Jürgen Fuhrmann eng zusammen. Nala bleibt ruhig, geht den Mann im Mantel nicht an. Der Test ist bestanden. Fuhrmann ist einer von nur vier öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen in Unterfranken. Außerdem ist er Ausbilder für Polizeihunde in Nürnberg. Der Sachverständige prüft, ob ein Hund ein Kampfhund ist – obwohl er selbst den Begriff „Kampfhund“ gerne vermeidet.
„Beim Hundewesenstest gibt es viele Vorurteile und einigen Irrglauben“, sagt Fuhrmann. Es gehe eben nicht in erster Linie darum, dass ein Hund nicht auf Aggressionen reagieren darf. Es gehe viel mehr darum, dass der Halter seinen Hund kontrollieren kann. Drei bis Vier Stunden dauert ein Test – bei Tierärzten, die den Test auch machen dürfen, gehe es meist schneller, sagt Fuhrmann. Es gibt zwar Richtlinien, doch die konkrete Umsetzung unterscheide sich stark. Prinzipiell gehe es beim Wesenstest um zwei Punkte:
Erstens: Ist der Hund ein Kampfhund? „Eigentlich ist die Frage schon beantwortet, wenn ich dem Halter zur Begrüßung die Hand geben kann“, sagt Fuhrmann schmunzelnd. Denn als „Hund mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit“ gilt nur derjenige, der ein „undifferenziertes“ Angriffsbedürfnis besitzt – also ohne Grund angreift. Etwas anderes ist es, wenn er sein Territorium verteidigen will oder einen gesteigerten Jagdinstinkt aufweist.
Das heißt aber nicht, dass diese Verhaltensweisen keine Konsequenzen haben können. Denn der Sachverständige kann, zweitens, „Sicherheitsrechtliche Auflagen“ empfehlen. Die gehen von Leinenzwang über Maulkorbpflicht bis dahin, dass einem Halter das Führen des Hundes verboten werden kann. Zuständig dafür ist die jeweilige Gemeinde.
Entscheidend ist laut Fuhrmann die Frage, ob Hund und Herrchen zusammenpassen: „Wenn mir beim Gassi gehen eine Frau, die vielleicht 50 Kilo wiegt, mit ihrem 60-Kilo Rottweiler entgegenfliegt, dann kann da etwas nicht stimmen.“
Dominik Necas kann das nicht passieren. Der muskulöse Mann hat Nala jederzeit unter Kontrolle. Die Hündin hat ihren Test bereits bestanden. Auf zwölf Seiten hat der Sachverständige ihre Daten, den Hintergrund und die Testergebnisse notiert. Wie ist die Beziehung von Nala und ihrem Herrchen, hat er Autorität über die Hündin? Wie reagiert die Cane Corso-Hündin auf Umweltreize wie Passanten, Verkehrslärm oder gar einen Schreckschuss? Wie reagiert sie auf andere Hunde, auf andere Tierarten?
Das Ergebnis: Nala ist nicht aggressiv, reagiert völlig gutartig und auf Aggressionen defensiv. Von der Gemeinde wurde ihr deshalb ein „Negativzeugnis“ ausgestellt. „Das heißt, sie gilt nicht als Kampfhund.“ Ein solches Zeugnis können nur Hunde der Liste Zwei erhalten – Hunde auf der Liste Eins gelten stets als gefährlich (siehe Infokasten).