Im Fall der Fälle
Autor: Robert Wagner
Kitzingen, Mittwoch, 31. August 2016
Der Bunker steht einen kleinen Spalt offen. An dem schweren Stahlschott hängt ein großes Schloss. Von innen hört man einen Luftentfeuchter dröhnen. Hier, im Keller des Landratsamtes in Kitzingen, soll im Notfall die „FüGK“ zusammenkommen – die Führungsgruppe Katastrophenschutz.
Rund 25 bis 30 Leute sind das, hauptsächlich Mitarbeiter des Landratsamtes, ergänzt durch Experten, die je nach Lage eingeladen werden. Alle Positionen sind doppelt und dreifach besetzt. „Im Katastrophenfall müssen wir ja 24 Stunden einsatzfähig sein – und das vielleicht mehrere Tage am Stück“, erklärt Elena Dietz, Abteilungsleiterin Sicherheit und Ordnung.
Dass die FüGK sich im kreiseigenen Bunker trifft, passt zwar irgendwie, ist aber nur Zufall. „Die Räumlichkeiten sind ja da, warum sollten sie dann nicht dafür genutzt werden“, fragt Corinna Petzold, verantwortlich für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit – und als solche auch Teil der Führungsgruppe. Im Fall der Fälle muss sie den Kontakt zu den Medien halten und die Bevölkerung über notwendige Maßnahmen informieren.
Der Bunker ist ein Überbleibsel des Kalten Krieges. Noch kurz vor dem Fall der Mauer entstand der rund 200 Quadratmeter große Bau – mit Unterstützung von Bundesmitteln. Im Hauptraum hängt eine Karte des Landkreises. Mit Magnetkärtchen können hier Einsatzorte markiert werden. Was ist wo passiert? Wie viele Menschen sind verletzt? Wo sind die Einsatzkräfte?
Die von dicken Betonwänden geschützten Räumlichkeiten sollten eigentlich im Falle eines Krieges mit der Sowjetunion dem Führungsstab Schutz bieten. Nach der Wende fiel diese Aufgabe weg. „Viele Pläne wurden 1990 obsolet“, erzählt Armin Stäblein, Sachgebietsleiter Öffentliche Sicherheit und Ordnung, der die Übergangszeit damals noch am Landratsamt Rhön-Grabfeld mitbekommen hat. Erst ein paar Jahre später habe man in Deutschland begonnen, den Katastrophenschutz an die neuen Bedingungen anzupassen.
Doch was sind diese „neuen Bedingungen“? Laut Bayerischem Katastrophenschutzgesetz ist eine Katastrophe „ein Geschehen, bei dem Leben oder Gesundheit einer Vielzahl von Menschen, die natürlichen Lebensgrundlagen oder bedeutende Sachwerte“ gefährdet sind.
Das kann beispielsweise durch ein Hochwasser passieren. „Im Jahr 2013 war es knapp“, sagt Inge Stumpf, Sachbearbeiterin im Katastrophenschutz des Landratsamtes. Wenn das Wasser noch etwas höher gestiegen wäre, hätten die lokalen Einsatzkräfte die Lage nicht mehr unter Kontrolle bringen können – und die FüGK hätte bei der Koordinierung zusätzlicher Kräfte eingreifen müssen. Ähnliches ist dieses Jahr beim Hochwasser in Niederbayern passiert.
Natürliche Katastrophen stellen einen bedeutenden Teil möglicher Szenarien dar. Hochwasser, Brände, Unwetter – extreme Wetterphänomene werden mit dem voranschreitenden Klimawandel immer wahrscheinlicher. Hinzu kommen medizinische Katastrophen – beispielsweise Tierseuchen wie die Maul- und Klauenseuche. „Als Ebola im vergangen Jahr aktuell war, haben wir uns überlegt, wie müsste man reagieren“, erzählt Inge Stumpf.