„Ich hatte mehrere Schutzengel“
Autor: Diana Fuchs
Kitzingen, Mittwoch, 20. Januar 2016
Fast vier Wochen Koma. 19 Wochen Klinikaufenthalt. Der Kitzinger Pfarrer Uwe Bernd Ahrens hat in den vergangenen Monaten viel durchgemacht. Am 17. Juli 2015 wäre er beinahe an einem plötzlichen, schweren Hinterwand-Herzinfarkt gestorben. Ein halbes Jahr später geht es ihm wieder ganz gut. Er ist dünn geworden, aber sein Lachen ist noch dasselbe. Die Nachwirkungen des Infarkts sind trotzdem ständig präsent.
An einem der heißesten Tage des Jahres 2015 hatte Ahrens in Würzburg eine Physiotherapie-Praxis aufsuchen wollen – für Fitness-Übungen. „Es war ein Freitagnachmittag. Meine beste Entscheidung war, dass ich mein Auto nicht im Parkhaus, sondern direkt an der Straße abgestellt habe“, meint der 62-Jährige. „Sonst hätte man mich wohl nicht rechtzeitig gefunden.“
Ahrens stieg aus dem Wagen – und fiel einfach um. Es hatte keine Vorwarnung gegeben, keine Vorzeichen. „Ich weiß davon nichts mehr, aber man hat mir später erzählt, dass zwei Mädchen meinen Sturz beobachtet und Ersthelfer alarmiert haben.“
Es folgte eine 50-minütige Reanimation im Krankenwagen, dann wurde Ahrens in die Uni-Klinik gefahren, wo die Reanimierung nach weiteren 30 Minuten endlich Erfolg hatte: Ahrens Herz sprang wieder an. Es hatte es einen schweren Infarkt erlitten. Ein Stent wurde gelegt, also ein Implantat, das die verstopfte Blutader offen hält.
Belastende Gerüchte
„Der Infarkt, für den es bei mir kaum Risikofaktoren gab, war das Eine. Die Folgeschäden durch die für längere Zeit unterbrochene Sauerstoffzufuhr das Andere“, berichtet Ahrens. Organe im Bauchraum waren beschädigt, der Pfarrer musste mehrfach operiert werden, unter anderem am Darm.
Von all dem bekam Ahrens nichts mit. Erst nach drei Wochen konnten die Ärzte die Medikamentengaben reduzieren, um den Patienten langsam wach werden zu lassen. Vor allem für Ahrens Frau, seine drei Kinder und drei Enkel war es eine schreckliche Zeit. Sie sahen die vielen Monitore, das Beatmungsgerät, die Medikamentenbeutel. Und konnten nur hoffen und beten.
Besonders schlimm seien die Gerüchte gewesen, die in und um Kitzingen die Runde machten. In den sozialen Netzwerken gab es bereits Nachrufe. „Für meine Familie war das sehr belastend.“
Sehr vorsichtig sein
Er selbst, erzählt Ahrens, habe an die Zeit im Koma keinerlei Erinnerung. „Da ist nichts, gar nichts.“ Ende August, nach dem Aufwachen, habe er Stück für Stück realisiert, was geschehen war. „Ich konnte wegen der Beatmung noch nicht sprechen. Bewegen konnte ich mich auch nicht. Aber mein Sohn hatte eine Idee. Er brachte ein Plakat mit Buchstaben mit und deutete darauf.“ Ahrens Stimme wird unsicher. Er schluckt. Die Erinnerung tut weh.