Druckartikel: High-Tech fürs Getreide

High-Tech fürs Getreide


Autor: Robert Wagner

Kitzingen, Donnerstag, 04. August 2016

Pfeuffer stellt moderne Geräte für die Landwirtschaft her - und verkauft sie weltweit. Im neuen Teil unserer Serie Lokal und doch Global stellen wir ein Kitzinger Unternehmen vor - und erklären, warum Pfeuffer neben einem blau-gelben auch noch ein rotes Messgerät herstellen musste.
Elektrotechniker Harald Mathes arbeitet an einem Feuchtigkeitsmessgerät.


Blau und Gelb sind die Farben der Firma Pfeuffer. Blau und Gelb sind deshalb auch die Handmessgeräte für den Feuchtigkeitsgrad von Getreide. Überall – zumindest fast. „Unseren russischen Kunden haben die Farben nicht gefallen“, sagt Lothar Pfeuffer, der zusammen mit seinem Bruder Frank das Familienunternehmen führt. Schließlich ist auch die ukrainische Flagge blau und gelb. Pfeuffer zeigt deshalb ein zweites Gerät: Technisch identisch – aber in Rot. Der Kunde ist eben König.

Die Pfeuffers stellen zusammen mit ihren 44 Mitarbeitern eine ganze Bandbreite an Geräten her, mit denen die Qualität von Getreide überprüft und gesichert werden kann. Lothar ist dabei für die Entwicklung verantwortlich, während sich Frank um den Vertrieb kümmert. „Mein Bruder verspricht – und ich muss es dann halten“, sagt Lothar Pfeuffer mit einem Augenzwinkern.

Sortiermaschinen, Waagen, Temperatur- und Feuchtigkeitsprüfer, Geräte zur Probeentnahme – in der Fertigungshalle in Etwashausen sieht es aus, als würden Computer gebaut. Ganz schön viel Technik für einen traditionell eher konservativen Bereich wie die Landwirtschaft. „Das ist ein Vorurteil“, weiß Lothar Pfeuffer. Mittlerweile werde High-Tech in vielen Bereichen eingesetzt. „Smart Farming“, nennt er das.

Von dieser Entwicklung hat das mittelständische Unternehmen stark profitiert. Lange in Deutschland, jetzt vor allem international. Etwa 60 Prozent der Geräte gehen mittlerweile ins Ausland. Und: „Das wird noch mehr.“ Vom deutschen Markt alleine könne man nicht mehr leben. „In Deutschland gibt es einen enormen Konzentrationsprozess.“ Dadurch gibt es auch weniger potenzielle Kunden.

Was macht nun aber das (ost-)europäische Ausland so interessant für den Familienbetrieb? Das Gebiet um das Schwarze Meer gilt schon seit der Antike als „Kornkammer“. „Früher wurde da mit viel Arbeitseinsatz und wenig Technik gearbeitet“, erklärt Pfeuffer. „Das hat sich geändert. Heute gibt es auch dort eine Entwicklung hin zu mehr Qualität.“ Und da kommt dann die Technik aus Kitzingen ins Spiel. Außerdem würden auch die landwirtschaftlichen Subventionen der EU helfen. „Das Geld fällt als warmer Regen auf uns zurück“, freut sich der Co-Geschäftsführer.

Das heißt aber nicht, dass das Kitzinger Unternehmen nur im europäischen Markt aktiv ist. In über 80 Länder wird exportiert. Darunter auch außergewöhnliche Aufträge wie im letzten Jahr: „Da haben Investoren aus den Vereinigten Arabischen Emiraten ihren Glaubensbrüdern in Ägypten 23 komplette Siloanlagen für jeweils 60 000 Tonnen Getreide hingestellt“, erzählt Lothar Pfeuffer. Die Kitzinger haben dafür Probenehmer und Analysegeräte geliefert.

Doch nicht nur solche Großbetriebe zählen zu den Kunden: Auch der „kleine“ Landwirt greift auf Geräte aus dem Hause Pfeuffer zurück. Und genau deshalb gibt es auch rote Feuchtigkeitsmesser: Während in anderen Branchen der Handel mit Russland komplett zusammengebrochen ist, können die Pfeuffers dort zumindest noch kleinere Handmessgeräte verkaufen. Wegen des schwachen Rubel ging der Handel mit Russland trotzdem deutlich zurück.

Der „Brexit“ hat für die Firma hingegen kaum Folgen. „Wir liefern wenig nach Großbritannien.“ Der Grund dafür liege in der großen Konkurrenz durch britische Unternehmen, die auf ihrem Heimatmarkt traditionell stark sind. Dennoch macht die Entwicklung Lothar Pfeuffer Sorgen: Durch den Austritt werde sich vieles ändern – und die wirtschaftliche Situation in Europa sei so schon nicht einfach. „Man spricht nicht mit einer Stimme – das wird jetzt noch schlimmer.“ Als technisches Unternehmen muss die Firma immer aktuell und entwicklungsbereit sein. Und so hat die Kitzinger Firma tatsächlich einen weiten Weg hinter sich. „Wir stammen eigentlich aus einer Mühle aus Tiefenstockheim.“ In den letzten Jahrzehnten habe sich das Geschäftsfeld verändert: Technik rückte immer mehr in den Vordergrund.

Hauptverantwortlich dafür war der Großvater von Lothar und Frank Pfeuffer. In den 1920er Jahren wollte er die Mühle erst nicht übernehmen. Stattdessen fuhr er mit dem Auto quer durch Europa und bis Nordafrika. „Das Wandern ist des Müllers Lust – mein Opa hat das zu seinem Lebensmotto gemacht.“ Stolz und Respekt schwingen bei Lothar Pfeuffer mit, wenn er über seinen Opa spricht. Er habe gemalt und Patente in verschiedensten Bereichen angemeldet – beispielsweise für Strumpfhalter. „Ich glaube, das war früher noch eine ganz andere Zeit – nicht so schnelllebig wie heute.“ Der Großvater habe das Geschäft nach 1945 aufgebaut, da sei er mit dem Fahrrad von Mühle zu Mühle gefahren. In der heutigen Zeit unvorstellbar. Mit dem Umzug nach Kitzingen 1981 haben die Eltern von Lothar und Frank Pfeuffer die Grundlage für das schnelle Wachstum gelegt. Unter ihnen wurde das Unternehmen zu einem etablierten Hersteller. Heute gehen viele der langjährigen Mitarbeiter auf das Rentenalter zu – eine große Herausforderung, wie Lothar Pfeuffer betont. Schließlich müsse viel Know-how ersetzt werden. „Wir wollen und müssen neues Fachpersonal einstellen.“

Die Herausforderungen im Getreidegeschäft haben sich stark verändert: Früher habe es zwar auch Getreidehändler gegeben, die bei der Ernte billig vom Bauern kauften und über das Jahr an den Müller teuer veräußerten. Doch in der globalisierten Welt sei es heute normal, mit Optionen und Terminkontrakten auf Getreide zu handeln – also mit Lebensmitteln zu spekulieren. „Das Geschäft ist heute viel schneller und volatiler.“ Das birgt Chancen, aber eben auch Risiken für Bauern, Händler und Hersteller.