Würden Sie Corona trotzdem als Problem für die Firmen bezeichnen? Stefan Belik: Natürlich. Da hätte einiges anders laufen können und müssen. Es hätte schon viel eher getestet werden müssen – und länger, denn Corona ist ja jetzt nicht plötzlich weg. Ein Runder Tisch der Betriebe zu dem Thema wäre gut gewesen. So hat ja jeder sein eigenes Süppchen gekocht, sein eigenes Konzept entworfen, wie mit Corona umzugehen ist.
Dass viele Mitarbeiter wegen Isolation oder Quarantäne ausgefallen sind, war sicherlich auch nicht leicht. Stefan Belik: Teils sind in Betrieben so viele Leute ausgefallen, dass die Produktion gefährdet war. Die anderen Mitarbeiter mussten einspringen, viele Überstunden leisten. Die Belegschaft soll da flexibel sein. Die Firmen selbst sind dagegen eher träge.
Inwiefern? Stefan Belik: Man hätte ja mal Firmenurlaub machen können. Oder Mitarbeiter austauschen – diejenigen, die wenig zu tun hatten, hätten bei denen einspringen können, die viel zu tun hatten. In manchen Branchen wäre das möglich. Aber das hat keiner gemacht. Also haben die einen Unmengen Überstunden angehäuft, die anderen mussten in Kurzarbeit und haben sich teilweise anderswo Zusatzjobs gesucht.
Ließen sich solche Spitzen nicht auch anders auffangen? Stefan Belik: Dafür wäre eigentlich die Leiharbeit da. Sie ist ein Mittel, damit die festangestellten Arbeitnehmer nicht so viele Überstunden leisten müssen. Aber die Leiharbeit wird seit langem falsch eingesetzt. Die Leiharbeiter sind über lange Zeit in den Firmen tätig und bekommen erst feste Verträge, wenn es nicht mehr anders geht. Dabei sollte man doch nach drei Monaten wissen, ob ein Mitarbeiter gut ist oder nicht. Spätestens nach sechs Monaten muss man ihm einen Vertrag anbieten und nicht erst nach 15 Monaten. Man könnte den Vertrag ja auch erst einmal befristen.
Bekommt man überhaupt noch gute Mitarbeiter? Stefan Belik: Der Fachkräftemangel ist horrend, der Arbeitsmarkt ist leer gefegt. Es ist schwierig geworden, gute Mitarbeiter zu finden.
Gilt das auch für Auszubildende? Stefan Belik: Zum einen ja, weil viele Jugendliche länger auf die Schule gehen, FOS oder ein Studium anschließen. Auf der anderen Seite herrscht aber auch von Seiten der Arbeitgeber gravierender Stillstand. Manche bilden überhaupt nicht aus. Es ist schon komisch, wenn Fachkräftemangel herrscht und man zugleich zu wenig ausbildet. Da könnte in der Region deutlich mehr passieren.
Viele denken, beim DGB gehe es nur um die Rechte der Arbeitnehmer. Ist das so? Stefan Belik: Es gibt viele andere Themen und viele Ideen. Wichtige Neuerungen in der Technik oder im Klimaschutz müssen gemeinsam angegangen werden. Das ist bei den Firmen aber noch nicht angekommen. Das geplante Technologiezentrum im Landkreis bietet da eine große Chance. Nicht viele Landkreise in Bayern sind hier so engagiert wie der Landkreis Kitzingen. Wir vom DGB arbeiten aber auch an einem Konzept zur kommunalen Vergabe. Die Kommunen müssen sich mehr damit beschäftigen, welche Produkte und Dienstleistungen aus der Region genutzt werden können. Es gilt auf viel mehr zu achten als nur auf den Preis.
Wie läuft eigentlich die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Gewerkschaften. Empfinden sich beide Seiten als Gegner oder gar Feind? Stefan Belik: Die Zusammenarbeit ist einfacher geworden, aber nicht unbedingt besser. Es gibt noch viele Punkte, bei denen man uneins ist. Aber die Arbeitgeber haben doch erkannt, dass ein Betriebsrat nicht gegen die Firma arbeitet, sondern das Sprachrohr der Mitarbeiter ist, die haben ihn ja auch gewählt.
Und die Mitarbeiter? Sind die noch bereit, sich gewerkschaftlich zu engagieren? Stefan Belik: Man muss sie schon motivieren, muss organisieren, den Dialog suchen, damit die Leute in die Gewerkschaft eintreten und sich dann vielleicht sogar aktiv einbringen.
Und bei einem Streik mitmachen? Gehen die Mitarbeiter denn noch auf die Straße? Stefan Belik: Im September sind wieder Tarifverhandlungen. Ich gehe davon aus, dass dann die Bereitschaft für Warnstreiks hoch sein wird, weil die Lebenshaltungskosten stark gestiegen sind. Die Löhne müssen erhöht werden, um das abzufangen. Wobei bei Warnstreiks, wenn mal zwei Stunden früher mit der Arbeit aufgehört wird, eigentlich immer sehr gut mitgemacht wird. Echte Streiks mit langen Arbeitsniederlegungen gab es lange nicht mehr. Die Einigungen kamen oft schnell und manchmal überraschend – und haben sich hinterher als Mogelpackung herausgestellt. Einmalige Sonderzahlungen zum Beispiel, die bringen den Mitarbeitern langfristig wenig, das muss in die Tabelle einfließen. Da müssen wir Gewerkschaften diesmal noch genauer hinschauen.
DGB: Termine und Einzelgewerkschaften
Tanz in den Mai: Der DGB Kitzingen lädt ein zum Tanz in den Mai mit Donny Vox am 30. April auf dem Bleichwasen in Kitzingen, Einlass 17 Uhr, beginn 20 Uhr. Eintritt frei. DGB-Maikundgebung: Unter dem bundesweiten DGB-Motto "Gemeinsam Zukunft gestalten" lädt der DGB-Kreisverband Kitzingen zu einer Kundgebung am Sonntag, 1. Mai, ein. Beginn um 10 Uhr auf dem Marktplatz, gemeinsamer Zug über die Alte Mainbrücke, Kundgebung um 11 Uhr am Bleichwasen. Es spricht Norbert Zirnsak, 2. Bevollmächtigter IG Metall Würzburg. Es spielt die Band On Cue. Gewerkschaften: Unter dem DGB sind folgende Einzelgewerkschaften vereint: IG Metall, ver.di, IG Bau, IG BCE (Bergbau, Chemie, Energie), Gewerkschaft NGG (Nahrung-Genuss-Gaststätten), Gewerkschaft der Polizei, Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft.