Druckartikel: Gemeinden im Landkreis: Ein gutes Jahr für Geiselwind

Gemeinden im Landkreis: Ein gutes Jahr für Geiselwind


Autor: Daniela Röllinger

Geiselwind, Donnerstag, 15. Oktober 2015

Den Sommer 2015 können die Geiselwinder als Sommer der guten Nachrichten in Erinnerung behalten. Im Juni wurde bekannt, dass endlich ein Supermarkt gebaut wird. Und im Juli kam die Nachricht, dass in diesem Jahr der Ausbau der A3 startet. Zwei Punkte, für die Geiselwind seit Jahren, ja Jahrzehnten gekämpft hat.
Ein Hingucker: Das historische Rathaus ist der Blickfang des denkmalgeschützen Ensembles am Marktplatz von Geiselwind.


Geiselwind, am östlichen Rand des Landkreises gelegen, bringt man mit vielen Schlagworten in Verbindung. Mit der Autobahn. Dem Freizeitpark. Dem Eventzentrum. Dem Steigerwald. Alles Punkte, die viele Menschen nach und durch Geiselwind führen. Wundern dürfte sich also niemand darüber, dass der Ort knapp 70 000 Übernachtungen im Jahr verzeichnet. Laut Bürgermeister Ernst Nickel gibt es allein in Geiselwind 616 Betten in elf Betrieben, die Betriebe mit weniger als zehn Betten tauchen in dieser Statistik noch nicht einmal auf. „Wir haben fast mehr Betten als Einwohner“, sagt Nickel. Bürger sind es 837. Wie gesagt, nur in Geiselwind.

Blickt man auf die gesamte Marktgemeinde, hatte Geiselwind am 30. Juli 2401 Einwohner. Auf den Bürger genau kann Ernst Nickel die Zahl sagen. „Zwei neue kamen da gerade dazu“, sagt er stolz. Mit dieser Einwohnerzahl liegt Geiselwind etwas über Mainbernheim. Doch es gibt einen entscheidenden Unterschied: Während Mainbernheim als Stadt alleine ist, hat Geiselwind Ortsteile.

So viele wie keine andere Gemeinde im Landkreis. 16 sind es – und das macht es nicht immer leicht. Man denke nur an den Winterdienst in dem 57 Quadratkilometer großen Gebiet im Steigerwald mit 120 Kilometern Gemeindestraßen.

Nehmen wir zum Beispiel Neugrub. 37 Einwohner hat der Ortsteil. Vier oder fünf Kinder hat es da in den letzten Jahren gegeben. „Deshalb kriegen die jetzt einen Spielplatz für 16 000 Euro“, sagt Ernst Nickel. „Das leistet sich auch nicht jeder.“ Der Gedanke dahinter: Spielplätze sind nicht nur für die Kinder da. Da treffen sich auch die Mütter, die Väter, die Großeltern. Ein Spielplatz ist eine wichtige Begegnungsstätte im Ort.

Wie behält der Bürgermeister überhaupt den Überblick? Bei 16 Ortsteilen mit 19 Spielplätzen, zehn Feuerwehren, der eigenen Wasserversorgung und vielem mehr? „Ich fahre jeden Morgen erst mal eine Stunde herum“, erzählt Ernst Nickel. Jeden früh eine andere Strecke. Da schaut er sich um, da spricht er mit den Bürgern. Die wissen, dass eine Gemeinde mit einer solchen Struktur nicht alles alleine schultern kann. Also packen sie mit an. Beim Spielplatz- und Zaunbau zum Beispiel die Eltern, die Jagdgenossen oder die Feuerwehr.

Doch der Bürgermeister muss auch über die eigenen Gemeindegrenzen hinausblicken. Geiselwind liegt am Drei-Franken-Eck. Arbeitet mit Mittelfranken und Oberfranken zusammen. „Die interkommunale Zusammenarbeit mit Schlüsselfeld und Burghaslach klappt gut“, findet Nickel. Nicht nur im Tourismusbereich, der vom Büro im Geiselwinder Rathaus aus gesteuert wird. Auch die Vereine gehen aufeinander zu, laden sich gegenseitig ein. Und die Schüler sowieso, nicht umsonst trägt die Geiselwinder Schule den Namen „Drei-Franken-Schule“.

Bis 2011 war sie Grund- und Hauptschule, wurde von Schülern aus allen drei Regierungsbezirken besucht. Jetzt ist sie nur noch Grundschule, die Mittelschüler aus Geiselwind und den Ortsteilen gehen nach Wiesentheid, Realschüler nach Scheinfeld oder Ebrach, Gymnasiasten nach Schwarzach, Scheinfeld oder Wiesentheid. Ähnlich sieht es bei der Seniorenbetreuung aus: Eine Einrichtung ist in Wiesentheid, eine in Aschbach, dazu kommt die Diakoniestation, die jetzt von Wasserberndorf nach Geiselwind zieht.

Die Versorgung stimmt also, auch wenn man über die „Grenzen“ muss, die Geiselwind aber nicht als solche ansieht. Zumal die Marktgemeinde ja selbst einst zusammengesetzt wurde: Vor der Gebietsreform gehörten einige der heutigen Ortsteile zum Kreis Scheinfeld, andere zu Gerolzhofen, wieder andere zu Bamberg. „Bei uns sind sogar die Dialekte unterschiedlich“, sagt Ernst Nickel und spricht witzelnd von „einem Sprachproblem“.

Dabei ist es für die Geiselwinder völlig normal, dass der eine Bürger ein „a“ ans Wortende setzt, wo der andere ein „e“ anhängt.

Am letzten Zipfel eines Landkreises und eines Regierungsbezirks zu liegen, ist auch beim Umgang mit den zuständigen Behörden nicht immer einfach. „Zwischen dem Straßenbauamt Würzburg und dem Straßenbauamt Bamberg gibt es große Unterschiede“, hat der Bürgermeister festgestellt. Oder der öffentliche Personennahverkehr, der eigentlich in alle Bezirke führen müsste. Eine kommunale Allianz sei auch in diesem Bereich in den Startlöchern, so Nickel. Wichtig wäre es für seine Bürger. „Zum nächsten ICE nach Würzburg ist es eine Weltreise.“ Und wer nach Nürnberg zum Flughafen will, muss erst nach Kitzingen und dann nach Nürnberg. Da ist manchmal Selbsthilfe gefragt. So setzt der Veranstalter beim Bikerweekend zum Beispiel selbst Shuttlebusse zum Bahnhof nach Markt Bibart ein.

„Noch sind wir schuldenfrei. Aber jetzt stehen die Millionenausgaben an.“
Ernst Nickel Bürgermeister

Freilich wirken sich die vielen Ortsteile auch auf die Finanzen aus. Noch ist die Marktgemeinde schuldenfrei, aber das wird sich ändern. „Große Brocken“ stehen an, wie Nickel sagt, vor allem in der Wasserversorgung. In Dürrnbuch wird ein Hochbehälter gebaut und alleine ins Ortsnetz Haag samt Hochbehälter fließen 2,5 Millionen Euro. Die Investitionen in die Wasserversorgung der kleinen Ortsteile konnten noch aufgefangen werden, aber nun kommen die großen an die Reihe. Um Verbesserungsbeiträge kommt die Gemeinde da nicht mehr rum, die Bürger werden zur Finanzierung mit herangezogen. Alle, wegen der Solidargemeinschaft.

Die Bevölkerungsentwicklung ist gut. Die Einwohnerzahl lag 1987 bei 2016 Bürgern, jetzt hat sie die 2400-er Grenze überschritten. Das Baugebiet in Dürrnbuch boomt, in Rehweiler wird jedes freie Haus sofort weiterverkauft. Leerstände gibt es kaum. Und wenn sich im Innopark, dem neu erschlossenen Gewerbegebiet, weitere Betriebe ansiedeln, ist Nickel sicher: „Wir werden in Geiselwind neue Bauplätze brauchen.“ Der Innopark bietet viel Platz, 20 Hektar ist er groß. Ein Betrieb hat schon gebaut, darüber hinaus gibt es „viele Gespräche, aber noch keine Abschlüsse“.

Wer nach Geiselwind zieht, ist gut versorgt. Es gibt einen Marktladen, zwei Metzger, Bäcker, Apotheke, Ärzte, Heilpraktiker. Und am Ortsrand wird bald ein Supermarkt entstehen. „13 Jahre haben wir dafür gekämpft“, sagt Ernst Nickel. Wen wundert's, dass er mit der Entwicklung 2015 zufrieden ist.

Geiselwind

Geiselwind liegt im Steigerwald am sogenannten Drei-Franken-Eck, wo Unter-, Mittel- und Oberfranken zusammenstoßen. Der Ort hat 2 361 Einwohner (Stand Juni 2014) und ist im Landkreis Kitzingen die Gemeinde mit den meisten Ortsteilen: Geiselwind, Burggrub, Dürrnbuch, Ebersbrunn, Füttersee, Gräfenneuses, Haag, Hohnsberg, Holzberndorf, Ilmenau, Langenberg, Neugrub, Rehweiler, Röhrensee, Sixtenberg und Wasserberndorf. Bürgermeister Ernst Nickel ist seit 2002 im Amt. Es gibt im Ort einen Kindergarten mit Krippe sowie eine Grundschule. Aufgrund des Freizeitparks, des Eventzentrums Strohofer und der zentralen Lage in Europa mit der Autobahnabfahrt verbucht Geiselwind etwa 70 000 Übernachtungen im Jahr.