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Prichsenstadt:Für Gäste und Bürger fit machen


Autor: Daniela Röllinger

Prichsenstadt, Donnerstag, 10. März 2016

Gemeinden im Landkreis (28): Pflichtaufgaben kosten Prichsenstadt derzeit viel Geld
Die Kanalbauarbeiten werden Prichsenstadt und einige Ortsteile noch bis zum Jahr 2018 begleiten. Die Kommune muss viel Geld in die Sanierungen stecken – und auch die Bürger müssen ihren Beitrag leisten.


Die Altstadt ist ein Kleinod. Gepflasterte Straßen und Gassen, liebevoll restaurierte Fachwerk-Gebäude, Türme, Tore und die Stadtmauer. „Wir haben nicht ohne Grund 'Klein-Rothenburg' als Beinamen“, sagt Bürgermeister René Schlehr über Prichsenstadt. Er sieht den Tourismus als großen Trumpf für seine Stadt.

Zwischen 3100 und 3150 schwankt die Einwohnerzahl der Großgemeinde im östlichen Landkreis, die sich aus zehn Ortsteilen zusammensetzt. Eigentlich war Prichsenstadt ein Einwohnerrückgang vorhergesagt worden. Durch den Verkauf von Bauplätzen und Zuzüge konnte dieser ausgeglichen werden, was Bürgermeister René Schlehr natürlich zufrieden stimmt. Auch wenn er sagt: „Wir haben schon einige Ortsteile, die mir gedanklich Probleme bereiten.“ Wie in vielen Kommunen wohnen in den Ortskernen viele ältere Leute. Die Anwesen sind riesig. Wer sie sanieren will, muss viel Geld in die Hand nehmen. Der Ensemble-Schutz in Prichsenstadt macht es nicht leichter. „Individualist“ müsse man schon sein, wenn man ein solches Anwesen kaufe, so Schlehr.

Doch es gibt sie, diese Individualisten. Und so bietet sich beim Gang durch die Altstadt ein mehr als sehenswertes Bild. Ein Bild, das bei den Touristen gut ankommt – „Prichsenstadt ist ein Kleinod“, wie der Bürgermeister sagt. Der Tourismus ist für ihn die Stärke der Stadt, die es zu vermarkten gilt. Das „Klein-Rothenburg“ macht ihn ebenso stolz wie die vielen Busse, die in Prichsenstadt Halt machen – wenn auch oft nur als Zwischenstation. Sie besuchen das Weinfest oder bewundern die Oldtimer bei den „Prichsenstadt Classics“.

Die Führung mit einem Nachtwächter ist ein beliebter Höhepunkt jedes Prichsenstadt-Besuchs. Und die Nachtwächter führen nicht nur die Gruppen, sie ziehen auch mit Hellebarde und Horn durch die Gaststuben und Restaurants und singen ihr Lied. Es gibt Kutschfahrten, Ausfahrten mit dem Aaglander, einer zum Automobil umgebauten Kutsche, selbst mit dem Segway kann man die Ortsteile erkunden. Man will ja auch jüngere Besucher ansprechen.

Viele Gäste bleiben auch über Nacht. Von Gasthäusern über Pensionen und Ferienwohnungen bis zum Hotel der gehobenen Klasse ist jedes Angebot vorhanden. „Das ist super im Verhältnis zur Größe unserer Stadt.“ 250 Betten gibt es in der Großgemeinde.

Was das Gewerbe insgesamt betrifft, hat Prichsenstadt keine allzu großen Einnahmen. Im Vergleich zu anderen Orten ist die Verkehrslage nicht allzu gut, und so ist im Gewerbegebiet noch Platz für Firmen, die sich ansiedeln könnten. Die Bahn, die direkt am Ort vorbei führt, bringt in dieser Hinsicht nichts – und eigentlich auch in keiner anderen, denn auf der Strecke ist seit Jahren kein Zug mehr gefahren. „Wir wären froh, wenn wir endlich mal wüssten, was mit der Bahnlinie passiert.“ Schlehr ist enttäuscht von der Bahn. „Man lässt uns am langen Arm verhungern. “ Vor allem, weil die ungenutzte Strecke eine große Gefahr für Radfahrer darstellt, die von Wiesentheid nach Prichsenstadt fahren. Der Radweg endet vor dem Bahnübergang, die Radler müssen auf die Straße wechseln, die an dieser Stelle auch noch verengt ist. „Ich danke Gott, dass da noch nichts passiert ist“, sagt Schlehr. „Das ist sehr gefährlich.“

An den öffentlichen Personennahverkehr sei Prichsenstadt relativ gut angebunden, wobei die Busverbindungen in Richtung Bamberg schon zu wünschen übrig lassen. Nicht mal die Schüler aus den Ortsteilen, die an den Landkreis Bamberg angrenzen, kommen mehr mit dem Bus in die Realschule nach Ebrach. Schlehr hofft, dass die Eröffnung des Baumwipfelpfades vielleicht Anlass ist, die Verbindungen aus dem Landkreis Kitzingen Richtung Ebrach wieder zu verbessern.

Hilfreich für die Verbindung in die anderen Orte ist der Dorfschätzeexpress, der seit dem vergangenen Jahr auch Prichsenstadt anfährt. Den Anschluss an Nürnberg und Würzburg, der so über Iphofen ermöglicht wird, sieht Schlehr als Chance nicht nur für seine Bürger, sondern auch dafür, neue Gäste zu bekommen. Überhaupt seien die Dorfschätze ein Paradebeispiel dafür, wie interkommunale Zusammenarbeit funktionieren kann. „Da wurde schon viel auf die Beine gestellt, was man alleine nicht machen könnte.“

Dass in Prichsenstadt nie ein Einkaufsmarkt etabliert werden konnte, findet der Bürgermeister nach wie vor schade. Die Nähe zu Wiesentheid, wo es mehrere Märkte gibt, spielt da sicherlich eine Rolle. Einkaufen kann man trotzdem im Ort, denn Prichsenstadt hat zwei Bäcker und zwei Metzger, in Stadelschwarzach gibt es ebenfalls einen Bäcker. Die anderen Ortsteile werden von Klingelbäckern angefahren. In Prichsenstadt gibt es zudem zwei Banken, eine Apotheke, Ärzte und Zahnärzte.

Zwei kirchliche und ein städtischer Kindergarten in der Großgemeinde sorgen für die Betreuung der Kinder. Wobei die städtische Kindertagesstätte in Prichsenstadt erst gemeinsam mit der Schule und dem Hort neu gebaut wurde. Die Unterbringung unter einem Dach ist einzigartig im Landkreis.

Der Neubau war eine der größten Maßnahmen der Gemeinde in den letzten Jahren. 5,7 Millionen Euro hat er gekostet, im Juli 2015 wurde Einweihung gefeiert. Dass trotzdem nicht jeder beim Gedanken an die neue Schule nur strahlt, hängt mit Akustikproblemen zusammen, die noch zu lösen sind: Die Nachbarklasse hört mit. Ein Gutachten soll Klarheit bringen, wie gegengesteuert werden kann. Schlehr befürchtet, dass die Stadt dann erst mal in Vorleistung treten muss. „Das schwebt wie ein Damoklesschwert über uns.“

Zumal es finanziell sowieso „knüppelhart“ für die Kommune wird, weil viele Investitionen anstehen. Für die Fertigstellung der Turnhallen-Sanierung stehen noch Kosten aus. Die Dorferneuerung Stadelschwarzach steht an. Der DSL-Ausbau. „Wir wollen die ganze Großgemeinde fit machen.“

Die Kanäle in fast allen Ortsteilen sind alt, müssen erneuert werden. Der Beginn in der Schloss-, Kirch- und Freihofgasse ist schon gemacht, dort musste ein Umgehungsbauwerk errichtet werden, die Inlinersanierung ist auch zum Teil abgeschlossen, jetzt geht es in der Altstadt mit der offenen Bauweise weiter. Bis 2018 werden die Kanalbauarbeiten Prichsenstadt, Stadelschwarzach und andere Ortsteile noch begleiten, in Neudorf wird für den Anschluss an die Kläranlage gebaut.

Bürgerbegehren rund um die Kanalbauarbeiten und den Straßenausbau hatten die Stadt in den letzten Jahren ebenso in die Schlagzeilen gebracht wie kürzlich ein von einem Stadtrat geäußerter Gedanke an die Einführung einer Pferdesteuer. Bei den Haushaltsberatungen wurde diese dann mit keinem Wort mehr erwähnt. Und René Schlehr sagt auch ganz klar: „Für mich war das nie ein Thema.“

Prichsenstadt

Prichsenstadt liegt im östlichen Landkreis und setzt sich aus den zehn Ortsteilen Prichsenstadt, Altenschönbach, Bimbach, Brünnau, Kirchschönbach, Järkendorf, Neudorf, Neuses am Sand, Laub und Stadelschwarzach zusammen. Schule mit Hort und Kindertagesstätte wurden erst neu gebaut, außerdem gibt es zwei weitere Kindergärten. Bäcker, Metzger, Apotheke, Ärzte und Zahnärzte sichern die Grundversorgung. Für Touristen stehen zahlreiche Gasthäuser und 250 Betten in unterschiedlichsten Kategorien zur Verfügung. Prichsenstadt hat 3127 Einwohner (Stand 31. Dezember 2014), Bürgermeister ist René Schlehr.