Flatternde Haustiere
Autor: Robert Wagner
Hellmitzheim, Freitag, 06. Mai 2016
In Hellmitzheim wird Fledermäusen eine Ausstellung gewidmet. Sie soll das Verständnis für die Tiere fördern.
Auf einem Bildschirm sieht man sie wuseln. Mit eingeschlagenen Flügeln klettern sie unter einem Dach, krabbeln über- und durcheinander. Wenn man sie so sieht, kann man schon verstehen, warum die kleinen Flugtierchen immer wieder die Fantasie und Furcht der Menschen angestachelt haben. Dämonische Wesen tragen oft ihre Flügel, Vampire können sich in sie verwandeln und auch der moderne Batman trägt, obwohl Comic-Held, eine dunkle Seite in sich.
Gleich am Eingang des Hellmitzheimer Flatterhauses findet man alle Vorurteile aufgereiht, die sich um Fledermäuse ranken. Doch im Zentrum der Dauerausstellung im Bürgerhaus steht ein anderes Ziel: „Wir wollen die Menschen für Fledermäuse begeistern“, erklärt Christian Söder, Fachberater für Fledermausschutz im Landkreis und Ideengeber für das Flatterhaus.
Mit 17 nachgewiesenen Arten stellt die Region Kitzingen einen wichtigen Lebensraum für die heimischen Fledertiere dar. Natürliche Feinde haben sie neben Schleiereule und Marder kaum, vor allem der Mensch bedroht ihr Überleben.
„Fledermäuse sind typische Kulturfolger“, so Söder. Seit 50 Millionen Jahren seien sie ein evolutionäres Erfolgsrezept. Ihre klassischen Lebensräume seien indes Karsthöhlen, wie sie beispielsweise am Mittelmeer reichlich zu finden sind. Erst der Mensch mit seinen „künstlichen Höhlen“ habe die Besiedlung in unseren Breitengrade vorangetrieben. Seitdem sind Fledermäuse im ganz wörtlichen Sinne „Haustiere“.
Die Fledermaus ein Indikator
Der engen Verbindung zwischen Mensch und Fledermaus wird im Flatterhaus viel Raum gegeben. „Fledermäuse brauchen verschiedene Habitate“, sagt Christian Söder. Warme Dachböden, um Junge aufzuziehen, kalte Keller zum Überwintern. Fledermäuse schätzen „kleinteilige“ Landschaften, also von Bäumen und Hecken unterteilte Grünflächen. Als insektenfressende Art sind kleinere Tümpel und Wasserflächen für sie wichtig. Im Wald lebende Arten schätzen Totholz, in dem sie Bruthöhlen finden. Solche Bedingungen sind nicht nur für Fledermäuse gut – sie tragen allgemein zu mehr Artenvielfalt bei. Fledermäuse können damit auch als ein Indiz für eine gesunde Natur gelten: „Wo es Fledermäuse gibt, da geht es der Natur noch nicht so schlecht“, sagt Söder lächelnd.
Probleme bekommen Fledermäuse hingegen, wenn Streuobstwiesen und abwechslungsreiche Landnutzung großen Monokulturen weichen müssen. Dann fehlt ihnen Nahrung. Außerdem können Fledermäuse im offenen Feld schlechter mit Ultraschall navigieren – sie benötigen reflektierende Flächen, um sich mit ihren Ohren ein „Bild“ von der Umgebung zu machen. Außerdem wird den Säugetieren oft durch Sanierungs- und Dämmmaßnahmen der Unterschlupf verbaut. „Deshalb findet man Fledermäuse häufig in alten Kirchen. Dort bleiben die Bedingungen über viele Jahre gleich“, erklärt der Fledermausexperte.
Umso wichtiger sei es deshalb, um Verständnis für die Tiere zu werben. Dazu nimmt das Flatterhaus auch einen kleinen Umweg in Kauf: Zwar richtet sich das Angebot an alle Interessierten, fast genauso viel Geld wie für die Einrichtung der Ausstellung (60 000 Euro) wird jedoch für die Umweltbildung bereitgestellt. In den nächsten Jahren soll damit Grundschülern aus Unterfranken der Besuch des Hauses ermöglicht werden.
Jörg Steinhoff wünschte sich als Vertreter der Regierung von Unterfranken in seinem Grußwort, dass diese Kinder als „Multiplikatoren“ die Faszination für Fledermäuse an ihre Eltern weitergeben werden.