Druckartikel: Falt' die Pappe...

Falt' die Pappe...


Autor: Robert Wagner

Wiesentheid, Donnerstag, 18. August 2016

...und bedruck' sie. Göpfert stellt dafür Maschinen her. Die gehen in die ganze Welt. Eine Fläche, so groß wie 2800 Fußballfelder. 20 Millionen Quadratmeter – so viel Wellpappe kann eine der großen Maschinen der Firma Göpfert pro Jahr drucken, stanzen und falten.
Die riesige Maschine hinter André und Esther Göpfert kann in einem Jahr Millionen Verpackungen aus Wellpappe produzieren.


Eine Fläche, so groß wie 2800 Fußballfelder. 20 Millionen Quadratmeter – so viel Wellpappe kann eine der großen Maschinen der Firma Göpfert pro Jahr drucken, stanzen und falten. Die großen Maschinen sind wirkliche Ungetüme: bis zu 200 Tonnen schwer, 60 Meter lang und sechs Meter breit. Kostenpunkt: zwischen drei und sechs Millionen Euro.

Der Aufstieg der Wiesentheider Firma verlief kontinuierlich. Als Albin Göpfert 1950 das Unternehmen gründete, war Wellpappe noch kein Thema. Erst durch einen Reparatur-Auftrag der REKA Wellpappenwerke im Jahr 1952 kam man mit dem zukünftigen Geschäftsfeld in Kontakt.

Der Durchbruch gelang dann 1975, zwei Jahre nachdem die Firma mit nur sechs Mitarbeitern von Marktbreit nach Wiesentheid umgezogen war: Schon unter Federführung des heutigen Geschäftsführers Karl Franz Göpfert wurde ein „Boxmaker“ entwickelt, eine Maschine die in Kleinserien Kartons herstellt. „Über 500 Mal haben wir die bis heute in der ganzen Welt verkauft“, sagt der Senior-Chef stolz – der erste erfolgreiche Schritt ins Ausland.

Ihm sollten noch viele folgen. Knapp 70 Prozent der Maschinen gehen heute ins Ausland. Vor allem in die europäischen Nachbarländer, in die USA und Australien, aber auch im Mittleren Osten und auf der arabischen Halbinsel habe man Fuß gefasst. Aus einer kleinen Maschinenschlosserei wurde ein global agierendes Unternehmen mit 360 Mitarbeitern. Für 15 Millionen Euro hat man letztes Jahr den Bau einer neuen Montagehalle und eines Logistikzentrums begonnen. „Stillstand heißt Rückschritt“, sagt Göpfert dazu.

Der Erfolg hat im wesentlichen zwei Gründe. Entscheidend ist natürlich ein gutes Produkt. „Das spricht sich rum.“ Man müsse sich einen Namen erarbeiten. „Das hat viele Jahre gedauert. Doch heute heißt es: Wenn du eine gute Wellpappenverarbeitungsmaschine haben willst, dann musst du zu Göpfert gehen“, erzählt Karl Göpfert schmunzelnd.

Auf der anderen Seite habe man aber auch von einem globalen Trend profitiert. „Jeder Mensch hat jeden Tag mit Verpackungen zu tun. Aber kaum einer denkt darüber nach, welcher Aufwand dahinter steckt.“ Ob eine Weinbox, der neue Flachbildschirm oder ein Rasenmäher. Egal was man kauft: Die Chancen stehen nicht schlecht, dass es in einem Karton verpackt ist, der von einer Maschine der Göpferts hergestellt und bedruckt wurde. Seit Jahrzehnten wächst der Markt stetig. Und die Bedruckung wird immer wichtiger.

Der Verpackungsmarkt habe sich sehr verändert. „Früher gab es nur braune Kisten“, erzählt Karl Göpfert. „Irgendwann hat das Marketing entdeckt: Das sind ja Million Quadartmeter Werbefläche, die wir verschenken.“ Heute sei deshalb alles bunt und hell – die Verpackungen sollen schon eine Wertigkeit des Produkts vermitteln. Dafür brauche man die richtigen Maschinen.

„Das Volumen an Wellpappe wächst stetig“, erklärt André Göpfert, der mit seiner Schwester Esther 2005 in die Geschäftsleitung aufgestiegen ist. Und der Trend setze sich fort: Mit dem Onlinehandel werden Kartons in Zukunft noch wichtiger.

Für die Göpferts sind langjährige Kundenkontakte normal. „Ein Kunde hat uns mal mit Porsche verglichen“, sagt Karl Göpfert und lacht. Wie bei diesem Autohersteller laufe auch bei den Wiesentheidern noch fast jede jemals hergestellt Maschine. Eine Lebensdauer von 30 oder 35 Jahren sei die Regel. „Unser Geschäft endet ja nicht, wenn wir die Maschine verkauft haben. Wir sind immer wieder vor Ort und warten die Geräte, bauen Ersatzteile ein“, erklärt André Göpfert.

Diese langjährigen Beziehungen sind das große Kapital der Firma – und der Grund, warum ihr Geschäft an der Grenze zum Mittleren Osten endet: „Der Markt in Fernasien wäre sicher riesig“, sagt André Göpfert. Doch nicht nur Mentalitätsunterschieden stünden einer Expansion entgegen. Für die Göpferts steht die Pflege der Bestandskunden an erster Stelle – dadurch werden viele Kapazitäten gebunden. „Vielleicht wird das aber noch irgendwann einmal Thema.“

Doch wie wird man als lokales Unternehmen überhaupt zu einem „Global Player“? Neben dem guten Produkt sei auch der persönliche Kontakt weiterhin wichtig. „Man sieht sich bei Messen, bei Tagungen und Vorträgen“, so André Göpfert. „Die menschliche Komponente darf man da nicht unterschätzen. “ Karl Göpfert nickt: „Es ist erstaunlich, wie gut auch heute, in unser modernen Welt, die 'Buschtrommeln' funktionieren.“ Er nennt ein Beispiel: Vor einigen Jahren habe man eine hochmoderne Druckmaschine nach Dubai geliefert. „Dadurch haben wir jetzt im ganzen arabischen Raum einen guten Namen.“ Die Kunden hätten sie weiterempfohlen. „Jeder dort will jetzt so eine Maschine.“

„Es gibt eben Kulturen, die sehr großen Wert auf das persönliche Kennenlernen legen“, erzählt der Senior-Chef. Gerade im arabischen Raum sei das der Fall. Der persönliche Kontakt sei immer eine der wichtigsten Voraussetzung für eine langjährige Zusammenarbeit. Die Verpackungsindustrie befinde sich aber im Wandel: Während es vor ein einigen Jahren noch viele familiengeführte Unternehmen gab, dominieren heute große Konzerne. Der Kontakt laufe dann über zentrale Einkaufsabteilungen. „Aber auch da entscheiden letztendlich ja Menschen.“

Auf sich ändernde Bedingungen am Markt müsse man sich ständig einstellen. Hierauf habe man kaum Einfluss. Wie zuletzt in der Türkei. Das Land am Bosporus ist ein wichtiger Kunde für die Wiesentheider. „Die wirtschaftliche Entwicklung in der Türkei ist schon beeindruckend“, so Karl Göpfert. Doch als das türkische Militär am 15. Juli putschte, flog die Firma Göpfert ihre Mitarbeiter zunächst nach Hause. Die Bedingungen vor Ort hätten sich zwar wieder beruhigt, doch was die politische Entwicklung angeht: Darauf habe man eben keinen Einfluss.

Dass die wirtschaftliche Entwicklung in der Türkei und die Handelsbeziehung zu der EU langfristig geschädigt werden könnten – davon gehen weder Karl noch Sohn André Göpfert aus. Dasselbe gilt für die Beziehungen zu Großbritannien – trotz der unvorhersehbaren Folgen des Brexit. „Jeder will ja seine Waren weiter verkaufen“, sagt André Göpfert. Dafür braucht man auch in Zukunft Wellpappkartons – und damit auch die Maschinen aus Wiesentheid.