Fair-knallt in Wiesenbronn

3 Min
„Fair schmeckt's am besten - probiert's mal aus!“ Dazu laden Annette Prechtel, Sonja Leins, Volkhard Warmdt und Christiane Brauns Jung und Alt in den Wiesenbronner ...
Diana Fuchs
Vom Schutzengel bis zur Schokolade reicht das Angebot im Fair-Regal des Wiesenbronner Krämerladens.
Foto: DIANA FUCHS
Geht runter wie Butter: Die fair gehandelte „Wiesenbronn“-Schokolade ist für Sonja Leins, Annette Prechtel, Christiane Brauns und Volkhard Warmdt nicht nur ein vorzügliches ...
Foto: DIANA FUCHS
„Fair schmeckt's am besten – probiert's mal aus!“ Dazu laden Christiane Brauns, Annette Prechtel, Sonja Leins und Volkhard Warmdt im Wiesenbronner ...
Foto: DIANA FUCHS
Fair-liebt in gute Schokolade...
Foto: Fuchs
Fair und süß: Bei der Wiesenbronner Dorf-Schokolade ist der rot hinterlegte Schriftzug Programm. FOTO Diana Fuchs
Diana Fuchs

Nicht nur zum Valentinstag ist die Dorf-Schokolade der süße Renner. Die Fairtrade-Gruppe zeigt, wie gut ethisch „saubere“ Produkte schmecken.

Augen zu, Mund auf. Die Zunge tastet etwas Eckiges. Mit jeder Sekunde wird es weicher. Aromen treffen auf Geschmacksnerven – und wohlige Erinnerungen an Sonne und Wärme erwachen. Das kleine Stück Urlaub im Mund hat einen Namen: „Wiesenbronn“. Die fair gehandelte Vollmilchschokolade aus Edelkakaobohnen der Sambirano-Ebene im Nordwesten Madagaskars gehört zu den ersten sicht- und schmeckbaren Projekten der neu gegründeten Wiesenbronner Fairtrade-Gruppe.

Vier Frauen und ein Mann haben sich zusammengetan, um ihre gemeinsame „Herzensangelegenheit“ umzusetzen. Sonja Leins, Annette Prechtel, Christiane Brauns, Pfarrerin Esther Meist und Bürgermeister Volkhard Warmdt wünschen sich, dass Handelsbeziehungen weltweit fairer und gerechter werden. Kleidung und Nahrungsmittel, bei deren Herstellung Menschen unterdrückt oder ausgebeutet werden, um Großkonzerne noch reicher zu machen, sind ihnen zuwider.

„Natürlich können wir die Welt nicht von Wiesenbronn aus auf den Kopf stellen. Aber: Besser klein als gar nicht“, umreißt Sonja Leins das Motto der Fairtrade-Gruppe, die ihren Heimatort zu einem Fairtrade-Dorf machen möchte. Der Wiesenbronner Gemeinderat hat sich im Mai 2021 schon grundsätzlich dazu bekannt, den Weg zum Fairtrade-Dorf mitzugehen.

Was ein solches Dorf ausmacht, darüber hat sich das Quintett längst informiert. Nun ist die Gruppe dabei, die Kriterien von „Fairtrade Deutschland“, einer unabhängigen Initiative zur Förderung des fairen Handels, in Wiesenbronn umzusetzen.

Guter Partner: der Fairhandel der Abtei Münsterschwarzach

So gibt es im örtlichen Krämerladen seit November 2021 ein Regal mit fair gehandelten Produkten, etwa Reis, Tee, Schokolade, Müsli und Kakao, aber auch kleinen Präsenten wie Schutzengeln oder Recycling-Taschen. Das Sortiment ändert sich immer wieder leicht. „Wir testen, welche Waren die Menschen kaufen – oder eben nicht“, sagt Christiane Brauns, die offizielle Ansprechpartnerin der Fairtrade-Gruppe Wiesenbronn. Sie freut sich, dass sie mit dem Fairhandel der Abtei Münsterschwarzach einen guten lokalen Partner für die Bestückung des Regals gefunden hat. „Wir müssen keine Rieseneinheiten abnehmen und können Überschüssiges auch zurückgeben.“

Auch aus der örtlichen Gastronomie kamen schon zahlreiche positive Meldungen in Bezug auf das Fairtrade-Dorf. „Mehrere Betriebe in Wiesenbronn können sich gut vorstellen, in Zukunft zum Beispiel auf fair gehandelte Waren wie Kaffee, Zucker oder Kakao umzusteigen“, stellt Christiane Brauns fest. „Das ist natürlich super, um den Fairtrade-Gedanken publik zu machen.“

Genau diesem Ziel dient auch die Wiesenbronner Dorf-Schokolade. 300 Tafeln, vor Weihnachten ins Sortiment genommen, waren ratzfatz verkauft. Nun hat die Gruppe nachbestellt und freut sich, dass es die süße Versuchung, deren Einschlagpapier die Dorfkirche ziert, mittlerweile an fünf Verkaufsstellen in Wiesenbronn gibt (siehe Info am Textende). „Unsere Schokolade wird von 'Ethiquable' hergestellt, einer Genossenschaft, die fair und bio vereint und die außerdem Behindertenwerkstätten unterstützt“, weiß Christiane Brauns. „'Ethiquable' arbeitet nur mit kleinbäuerlichen Betrieben zusammen und ermöglicht ihnen so eine Teilhabe am Welthandel, von dem sie sonst ausgeschlossen wären.“

Bei all den Vorteilen ist es kein Wunder, dass sich für den kommenden Valentinstag schon einige Käufer mit der Wiesenbronner Gaumenfreude eingedeckt haben. Wie könnte man besser zeigen, dass man ganz schön „fair-knallt“ ist?

Für heuer beziehungsweise die nahe Zukunft hat sich die Fairtrade-Gruppe Wiesenbronn einiges vorgenommen. „Wir wollen den Fairhandelsgedanken in die Öffentlichkeit tragen. Einerseits durch Ausstellungen, Aktionen oder Vortragsabende, andererseits durch die Zusammenarbeit mit Kirche und Vereinen“, sagt Annette Prechtel.

Oft renne man bereits jetzt offene Türen ein, etwa bei Pfarrerin Esther Meist, die selbst Mitglied der Gruppe ist. „Vielleicht können wir künftig auch mit dem Kindergarten zusammenarbeiten, so dass man beispielsweise das Essen nicht nur frisch, sondern auch mit fairen Zutaten kochen könnte“, überlegt Christiane Brauns.

Sicher ist, dass der Gruppe die Arbeit so schnell nicht ausgeht. „Fairtrade ist ein direkter Beitrag dazu, dass Menschen im globalen Süden von ihrer Hände Arbeit leben können“, sagt Volkhard Warmdt. „So bekämpft man Fluchtursachen und damit die Flüchtlingsproblematik am besten. Aber wir müssen dazu unsere Geiz-ist-geil-Mentalität ablegen – und das ist nicht einfach.“ Sonja Leins nickt. Ihr liegt es sehr am Herzen, dass die Menschen verstehen: „Großkonzerne, die unbarmherzig die Kosten drücken, gaukeln uns realitätsferne Preise vor. Wir müssen wieder lernen, was gute Lebensmittel wert sind.“

Besser kleine Schritt gehen, als sich gar nicht zu bewegen

Außerdem sagt sie: „Wer die Erzeuger in ihren jeweiligen Ländern ausbeutet, der beutet die Natur aus – und das fällt am Ende auf uns alle zurück.“

Zwar könne ein 1000-Einwohner-Ort wie Wiesenbronn die Welt nicht aus den Angeln heben. Doch die Fairtrade-Gruppe Wiesenbronn ist sich einig. „Wir können kleine Schritte in die richtige Richtung gehen.“ Und kleine Schritte sind allemal besser, als sich gar nicht zu bewegen.

Wiesenbronner Dorf-Schokolade: Die fair gehandelten Tafeln gibt es für 2,50 Euro pro Stück im Krämerladen, in der Winzer-/Häckerstube Steinberger, im Rotweinhotel, beim Weingut Fröhlich und im Gasthaus „Becka“.

Lust zum Mitmachen? Die Fairtrade-Gruppe der Gemeinde Wiesenbronn freut sich über Interessierte und neue Mitglieder jeden Alters. Kontakt: entweder durch direkte Ansprache der Mitglieder oder per Mail unter fairtrade@wiesenbronn.de