Druckartikel: Einfach treiben lassen

Einfach treiben lassen


Autor: Robert Wagner

Astheim, Dienstag, 16. August 2016

Der Altmain lädt zum Paddeln ein. Zwischen Weinbergen gibt es Natur pur.
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Das Thermometer zeigt 40 Grad. Die Hitzewelle hat den Landkreis Kitzingen fest im Griff. Die Menschen zieht es ins kühle Nass. Es ist der Sommer 2015. „So gut kann es ja nicht jedes Jahr sein“, sagt Rita Weimann.

Zusammen mit ihrem Mann Theo verleiht die Dettelbacherin Kanus. Doch der durchwachsene Sommer trübt das Geschäft. Eine Einschätzung, die auch Werner Schmid vom Verleih Kanuta aus Albertshofen teilt. Dabei seien die niedrigeren Temperaturen nicht immer ein Nachteil: „Bei 35 Grad ist es ja fast zu heiß fürs Bootfahren“, meint Rita Weimann. Schließlich reflektiere die Wasseroberfläche die Sonnenstrahlen noch zusätzlich. Ein guter Sonnenschutz ist Pflicht.

Zumindest in diesen Tagen lässt das Wetter nichts zu wünschen übrig. Mehrere Gruppen fährt Rita Weimann an diesem Tag zur Ablegestelle in Astheim. Eine Familie aus Marktheidenfeld hat der Mutter die Fahrt auf dem Altmain zum Geburtstag geschenkt. Eine Gruppe aus Norddeutschland ist für ein Wochenende in Franken zu Besuch. Während die Männer die Kanus zum Mainufer tragen, cremen die Frauen die Kinder ein. Jeder bekommt eine Schwimmweste, die Boote werden mit Reiseproviant beladen, dann kann es losgehen.

Das Einsteigen wirkt noch etwas ungeschickt. Die Boote wackeln hin und her – kippen aber nicht. „Kanufahren kann eigentlich jeder“, sagt Rita Weimann. Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Senioren. Sie erzählt von einem Ehepaar, das kürzlich unterwegs war. Beide weit über 70. „Es ist zwar Sport, aber nicht zu anstrengend.“ Und wer Angst hat, der könne ja an einer geführten Tour teilnehmen.

Dreieinhalb Stunden dauert die etwa 12 Kilometer weite Fahrt von Astheim bis zur Brücke in Schwarzenau ungefähr. Seit der Mainkanal 1957 eröffnet wurde, ist die Mainschleife für die Berufsschifffahrt gesperrt. Das macht sie für Kanuten besonders interessant. „Der Altmain ist ein Geschenk“, sagt Weimann. „Da fällt alles von einem ab, alles andere ist plötzlich weit weg.“ Die Mainschleife ist bereits seit 1969 Landschaftsschutzgebiet, mehrere Naturschutzgebiete liegen in der größten Flußmäanderlandschaft Bayerns.

Wenn sich die Schleuse in Volkach öffnet, dann ist man plötzlich drin in der Natur. „Die Schleuse ist wie ein Tor“, sagt Rita Weimann. Sie empfiehlt ihren Gästen deshalb immer, durch die Schleuse zu fahren.

Außer Entspannungssuchenden kommen vor allem Gruppen, erzählt Weimann. „Gerade für Teambuilding-Maßnahmen wird das Kanufahren oft genutzt.“ Klar, denn was kann Menschen besser das Gefühl vermitteln, „in einem Boot“ zu sitzen, als tatsächlich in einem Boot zu sitzen?

In den letzten Jahren nimmt der Wassertourismus in der Region zu. Im Jahr 2009 wurden Gelder für das Leader-Projekt „Gelbe Welle“ genehmigt. Unter Federführung des Landkreises sind seitdem nicht nur Schilder mit den gelben Zacken am Main aufgestellt. In die gesamte Infrastruktur am Wasser wurde Geld gesteckt: Anlegestellen gebaut, Badebuchten und Strände verschönert. Für die Gemeinden sei dadurch ein ungeheurer Mehrwert entstanden, sagt Simone Göbel vom Regionalmanagement Kitzinger Land. Früher hätten viele Kommunen nur „beim“ Main gelegen. „Heute liegen sie am Main.“ Von der Gelben Welle profitieren auch die Einheimischen. Die Vermarktung läuft derweil über die Landkreisgrenzen hinaus auf gesamtfränkischer Ebene. „Irgendwann haben wir hier gemerkt, dass wir nicht nur den Wein und schöne Radwege haben, sondern auch den Main“, meint Weimann dazu.

Davon profitieren jedoch nicht nur Touristen. Beim Kanuverleih Weimann kommen 80 Prozent der Gäste aus dem Umland. Auch bei Werner Schmid ist gut die Hälfte der Kunden aus der Nähe. Aber auch von weiter weg reisen die Menschen an: „Es hat halt nicht jeder so einen schönen Main.“ Kürzlich habe er eine Gruppe aus Würzburg zu Besuch gehabt. Erst hätten sie bei Würzburg fahren wollen. Nach der Fahrt am Altmain hätten sie gestaunt. „Die wussten gar nicht, dass der Main so schön sein kann“, sagt Weimann lachend.

Ein Ende der Entwicklung ist derweil noch nicht abzusehen. Die Tourismusregion Mainfranken ist im Wandel. Immer mehr jüngere Gäste sollen angelockt werden. Dazu gehören dann eben auch sportliche Aktivitäten, Abenteuer und Naturerlebnisse. Die Förderung des Wasserwanderns war deshalb nur folgerichtig. „Das läuft sehr gut“, sagt Simone Göbel. Um Gäste in der Region zu halten, müssen die Tourismus-Anbieter besser zusammenarbeiten, ist Rita Weimann überzeugt. „Wir arbeiten schon mit ein paar Winzern zusammen“, sagt Weimann. Aber es gebe noch viel Potenzial.

Ewig wird man jedoch nicht durch die Mainschleife fahren können: Irgendwann werden sich die Wassermassen den Weg durch das Gesteinsmassiv unter der Vogelsburg gegraben haben und die Mainschleife wird zur Maingeraden. Aber keine Sorge: Ein paar Millionen Jahre wird das schon noch dauern. Bis dahin ist eine Kanufahrt auf dem Altmain allemal zu empfehlen.

Angebote

Der Main lädt nicht nur im Landkreis zum Wasserwandern ein. Zwischen Lichtenfels und Aschaffenburg kann man dem Fluss folgen und die umliegenden Orte erkunden.

Weitere Informationen unter: www.main-wasserwandern.de

Mehrere Anbieter verleihen im Landkreis Kanus und Kajaks:

• Kanuta in Albertshofen, 01716893147, www.kanuta.de

• Kanuverleih Weimann in Dettelbach: 09324/99844, www.kanu-weimann.de

• Kanuverleih Main Erlebnis in Obereisenheim, 09386/90115, www.kanu-mainerlebnis.de

• Kanuverleih Weingut Höhn in Volkach, 09381/9253, www.weingut-hoehn.de

• Waterwalker in Volkach, 09305/8458, www.waterwalker.de