Ein Zuhause für Waisenkinder
Autor: Diana Fuchs
Markt Einersheim, Mittwoch, 18. Februar 2015
Zehn Jahre sind vergangen. Zehn Jahre voller Herzblut, Schweiß und Tränen. Viele davon waren Freudentränen. Aber nicht alle.
Zehn Jahre sind vergangen. Zehn Jahre voller Herzblut, Schweiß und Tränen. Viele davon waren Freudentränen. Aber nicht alle.
Werner Müller sitzt an seinem Esstisch in Markt Einersheim. Vor ihm liegen drei dicke Ordner. Der 49-jährige Buchhalter betrachtet Bilder aus Sri Lanka, aus dem Waisenhaus Dedunu. Nach dem verheerenden Tsunami an Weihnachten 2004 war die Hilfsbereitschaft weltweit groß. Werner Müller, seine singhalesische Frau Nishanthi und Dutzende Gleichgesinnte gründeten in Markt Einersheim den Verein „Projekt Waisenhaus Sri Lanka e.V.“, um den Ärmsten der Armen zu helfen: den Kindern.
720 000 Euro sind mittlerweile in das Projekt geflossen. Wie im Zeitraffer lässt Werner Müller die Waisenhaus-Geschichte mit Hilfe der Bilder vorbeiziehen. „Das hier ist Damith“, zeigt er auf einen jungen Mann, der unbeschwert in die Kamera lächelt. „Er ist jetzt fast 20 Jahre alt, sehr intelligent und handwerklich begabt.“
Es gibt von Damith auch andere Fotos. Ganz hinten im Ordner. Sie zeigen einen Zehnjährigen mit verschlossenem Gesicht. „Ich kann mich genau an seine ersten Worte erinnern“, sagt Müller nachdenklich. „Er hat gefragt: 'Wie lange kann ich hier bleiben?'“ Was wäre aus Damith geworden, wenn es Dedunu nicht gäbe?
Die Antwort ist Achselzucken. Ni-shanthi und Werner Müller können sich gut denken, wie es dem Halbwaisen mit der schwer kranken Mutter ergangen wäre. So wie vielen „übrig gebliebenen“ Kindern, die sich nach der schrecklichen Flut irgendwie durchzuschlagen versuchten.
Dankbar – und doch voller Sorge
Nishanthi und Werner lernten einander schon viele Jahre vor dem Tsunami kennen – bei einer Hochzeit auf Sri Lanka. Die beiden verliebten sich und sind inzwischen selbst seit 20 Jahren verheiratet, haben zwei Töchter, leben in Markt Einersheim. Die Verbindung zu Nishanthis Familie ist eng geblieben. Nachdem ihre Mutter und ihre Geschwister die Naturkatastrophe überlebt hatten, war die Dankbarkeit riesig; aber ebenso riesig war die Sorge um die Kinder, denen die Eltern genommen worden waren. Die Müllers sammelten in kurzer Zeit 10 000 Euro. „Die Hilfsbereitschaft hat uns überwältigt!“ Ein Freund und früherer Steuerberater aus Markt Einersheim, der vor Jahren ausgewandert war, kaufte vor Ort Essen, Babynahrung und alles, was akut gebraucht wurde, und brachte es zu den Notleidenden.
100 Prozent fürs Projekt
Für die Müllers war rasch klar: Die Soforthilfe soll keine Eintagsfliege bleiben. „Wir wollen langfristige Hilfe zur Selbsthilfe leisten.“ Mit Landrätin Tamara Bischof als Schirmherrin gründeten sie den Waisenhaus-Verein. Dedunu ist Singhalesisch und heißt Regenbögen. Regenbögen sollen Hoffnung, Licht und Farbe ins Leben zurückbringen. „100 Prozent unserer Einnahmen kommen dem Waisenhausprojekt zugute“, stellt Werner Müller klar.