Blitzmarathon: Ein Zeichen an die Raser
Autor: Robert Wagner
Kitzingen, Donnerstag, 21. April 2016
Trotz kritischer Stimmen und einiger Bundesländer, die sich nicht beteiligen - der Kitzinger Polizist Harald Hufnagel verteidigt den europaweiten Blitzertag.
Im Fadenkreuz ist ein schwarzer Kombi. „Auf das Nummernschild zielen“, sagt Günther Reimann von der Polizeiinspektion Kitzingen. „Abdrücken.“ Dann sollte eigentlich die Geschwindigkeit angezeigt werden. Eigentlich. Im Display leuchten drei Fragezeichen auf. Eine Laserpistole zu bedienen ist schwerer als gedacht.
Auf der B 8 beim Kreuz Biebelried nähert sich schon das nächste Auto. Ein weißer Audi. Neuer Versuch: Die Messung klappt, 67 km/h. Deutlich weniger als die erlaubten 80 km/h. Aber selbst wenn er zu schnell gewesen wäre – die Messergebnisse zählen nur, wenn ein am Gerät ausgebildeter Polizist am Drücker ist.
Der Audifahrer ist keine Ausnahme: Am Donnerstag, 21. April – dem Tag des großen Blitzmarathons 2016 – lassen es die meisten Autofahrer gemächlich angehen.
Schon am Morgen auf der zweispurigen B 8 von Würzburg nach Kitzingen fällt auf: Wo sich sonst Fahrer mit über 120 km/h auf der linken Spur drängen, herrscht Gelassenheit. Trotz dichtem Verkehr bleibt die linke der zwei Spuren meist frei. „Wer sich heute blitzen lässt, ist wirklich selbst schuld“, sagt auch Harald Hufnagel, der für den gesamten Bereich Verkehr in Kitzingen verantwortlich ist.
Die Polizei hat im Vorfeld die Messstellen bekannt gegeben, in allen Medien wurde vom Blitzmarathon berichtet. 1800 Polizisten sind in Bayern laut Innenministerium an 1600 möglichen Messstellen im Einsatz. Gerade notorische Raser werden sich an diesem Tag hüten, mit Bleifuß zu fahren. Im Gegensatz zu anderen Tagen: „Vor kurzem hatten wir einen mit 201 km/h in einer 80er-Zone“, erzählt Hufnagel kopfschüttelnd.
Macht so ein Aktionstag überhaupt Sinn? „Er ist absolut sinnvoll“, versichert Hufnagel. Ziel sei es, das Bewusstsein für die Geschwindigkeit zu schärfen. „Überhöhte und nicht angepasste Geschwindigkeit ist eine Hauptursache für Unfälle.“ Tatsächlich ist laut Statistischem Bundesamt jeder vierte tödliche Unfall auf überhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen. In Bayern starben allein vergangenes Jahr 177 Menschen. Wenn dieser Zusammenhang bei einigen wieder in die Köpfe komme, dann habe sich der Tag schon gelohnt.
An der Wirksamkeit der Aktion wird jedoch bundesweit gezweifelt. Nur noch neun Bundesländer beteiligen sich am europaweiten Blitzmarathon. Einzig in Bayern wird tatsächlich noch 24 Stunden geblitzt. In allen anderen Ländern packen die Beamten schon um 22 Uhr ihre Geräte ein – acht Stunden vor den bayerischen Kollegen. Die Begründung: Der Nutzen rechtfertige den Aufwand nicht.