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Ein Prosit auf die Regionalität


Autor: Ralf Dieter

Kitzingen, Mittwoch, 23. April 2014

Sie bewegen sich in einem schrumpfenden Markt. Aber das mit großem Erfolg. Weil sie auf die Regionalität ihrer Produkte setzen. Und weil die Verbraucher das anerkennen.


Sie bewegen sich in einem schrumpfenden Markt. Aber das mit großem Erfolg. Weil sie auf die Regionalität ihrer Produkte setzen. Und weil die Verbraucher das anerkennen.

Sechs Brauereibesitzer gibt es im Landkreis Kitzingen und im nahen Ochsenfurt. Sie kämpfen seit Jahren gegen einen Trend an: Der Pro-Kopf-Verbrauch an Bier geht stetig zurück.

„Das Radler hält sich. Alles andere ist nur für den Augenblick erfolgreich.“
Karl-Heinz Pritzl, Vorsitzender der Gemeinschaft Mainfranken-Bier

2012 sank der Absatz auf den niedrigsten Wert seit der Wiedervereinigung: 96,5 Millionen Hektoliter. Vor allem jüngere Menschen trinken immer weniger Gerstensaft. Und die Verkaufspreise im Handel werden von den so genannten Fernsehbieren, den Großbrauereien, diktiert. Von Dumping-Preisen spricht Karl-Heinz Pritzl von Kauzen-Bräu. Dennoch: Die mainfränkischen Brauer halten sich erfolgreich am Markt. Mit unterschiedlichen Mitteln.

Zum Tag des Bieres an diesem Mittwoch haben sich Pritzl, Eckhard Himmel (Seniorchef Kesselring), Dietrich Oechsner (Oechsner-Brauerei), Friedrich Düll (Krautheimer), Sebastian Rank (Brauerei-Gasthof Düll) und Karl Wolf (Wolf-Rüdenhausen) ihre Gedanken gemacht. „Es gibt weniger Absatzstätten und die Verweildauer ist geringer geworden“, sagt Düll, der seit drei Jahren Präsident des Bayerischen Brauereibundes ist. Von einem Brauereisterben will er nicht sprechen. Aber die Zahl der Brauereien ist gesunken.

1300 gibt es deutschlandweit. Klingt erst mal gut. Aber rund 950 davon sind Gasthof-Brauereien. Ähnlich stellt sich auch das Verhältnis in Unterfranken dar. 39 selbstständige Brauereien gibt es noch. Sebastian Rank hat so eine Gasthof-Brauerei in Gnodstadt. Er weiß um die Vorteile: „Hier gibt es noch einen Chef, mit dem reden kann.“ Rank selbst spricht nicht von seinen Gästen, sondern von Freunden, die in seine Gaststätte kommen. Stammpublikum eben.

Dabei gibt es immer weniger Dorfwirtshäuser. Und selbst in Städten wie Ochsenfurt schrumpft das Angebot. „Zwei Gaststätten haben in jüngster Zeit zugemacht“, berichtet Oechsner. Im Vergleich zu anderen Regionen Deutschlands sei Mainfranken trotzdem noch so etwas wie ein gelobtes Land, meint Düll. „Hier gibt es Winzer, Brauer und auch noch Gasthöfe. Im Osten der Republik sieht das oft anders aus.“

Die Einheimischen und die Touristen wissen mittlerweile die lokalen Spezialitäten zu schätzen. „Vor 20 Jahren waren die Fernsehbiere angesagt“, erinnert Pritzl. „Jetzt fragen die Gäste ganz gezielt nach regionalen Bieren.“ Das Einzugsgebiet hat sich allerdings verkleinert. Vom Regionalen zum Lokalen. Im Umkreis von rund 30 Kilometern um die Brauerei ist die Nachfrage groß. In Städten wie Schweinfurt oder Würzburg wird es schon schwieriger.

Dabei gibt es viele Argumente für den Kauf von regionalen Produkten. Oechsner: „Die Lebensmittel werden noch handwerklich hergestellt und nicht durch halb Europa gekarrt.“ Pritzl: „Wer die heimische Wirtschaft stärkt, der sichert auch Arbeitsplätze.“ Himmel: „Wir stärken den heimischen Wirtschaftskreislauf, kaufen unsere Rohstoffe vor Ort ein.“ Wolf: „Unsere Biere sind keine Massenware.“

Das entdecken nach den Erfahrungen von Karl-Heinz Pritzl auch vermehrt die jungen Erwachsenen. Die Mischgetränke sind nach seiner Ansicht eine Modeerscheinung. Ob sie eine Zukunft haben, ist fraglich. Und der Marketingaufwand für eine gelungene Markteinführung sei unverhältnismäßig hoch – erst recht für regionale Brauereien. „Das Radler hält sich“, sagt Pritzl. „Alles andere ist nur für den Augenblick erfolgreich.“

Dass sich die Zeiten verändert haben, bestätigen alle Braumeister. Himmel erinnert sich an Zeiten, in denen 20000 Kästen Bier pro Jahr ins Kitzinger Gusswerk geliefert wurden. „Heuer sind es Null.“ „Der klassische Biertrinker stirbt aus“, bestätigt Rank. Anstatt beim Schafkopf in der Kneipe sitzen viele Leute jetzt alleine vor dem Laptop.

Eine Erfolgsgeschichte, mit der keiner der sechs Braumeister gerechnet hat, schreibt das alkoholfreie Bier. In den 60er Jahren starteten die ersten Versuche. Eckhard Himmel nimmt kein Blatt vor den Mund: „Das konnte damals keiner trinken.“ Der Durchbruch ist vor rund zehn Jahren gelungen, als das alkoholfreie Bier mit sportlichen Attributen verknüpft wurde. Seither profitieren auch die kleineren Brauereien von dem Trend.

Von zweistelligen Zuwachsraten berichtet Düll. Vor allem das alkoholfreie Weizen sei bei den Verbrauchern beliebt. Schon liegt der Anteil am Gesamtabsatz bei knapp unter zehn Prozent. Insofern relativieren sich auch die sinkenden Umsatzzahlen. Das alkoholfreie Bier taucht in dieser Statistik nicht auf. „Ein Rückgang ist da“, gibt Düll zu. „Aber lange nicht so brutal, wie es ausschaut.“

Ob alkoholfrei oder mit Alkohol: Ein wichtiger Faktor für den Absatz ist das Wetter. „Das schöne Frühjahr hat auf jeden Fall nicht geschadet“, sagt Himmel. Und die Fußball-Weltmeisterschaft soll die Umsätze zusätzlich ankurbeln. „Wir werden auf jeden Fall Aktionen starten“, kündigt der Marktstefter an.

Bierprobe: Die Gemeinschaft Mainfran- ken-Bier lädt am Dienstag, 29. April, ab 16 Uhr auf den Würzburger Marktplatz zum Verkosten ein. So lange der Vorrat reicht, gibt es Freibier.