In den letzten Jahren sind aus Südeuropa unter anderem harmlose Libellen und Schmetterlinge nach Mitteleuropa gekommen. Aber auch Raubtiere wie der Goldschakal. Der hat sich laut Geise massiv in Richtung Norden aufgemacht. Im Februar meldeten Spaziergänger zwei gerissene Rehe in den Hassbergen. Der zuständige Jäger geht davon aus, dass der Goldschakal im Revier heimisch geworden hat.
Kleine Schädlinge hat Dr. Beate Wende im Blick. Die Biologin bei der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau leitete in den letzten vier Jahren ein Forschungsprojekt zu den Kirschessigfliegen. Die hatten 2015 in den fränkischen Weinbergen für massive Schäden gesorgt. Mit der Behandlung durch Kaolin, einem feinen eisenfreien Gestein, können die Winzer dem Schädling beikommen. Die Trauben werden nach der Ernte gekeltert, das Kaolin abgewaschen. Die Obstbauern haben es nicht so einfach. Gerade in Gebieten mit höheren Niederschlägen gab es in den letzten Jahren hohe Ernteausfälle. In der Rhön klagten beispielsweise die Holunder-Anbauer, in Südbayern die Obstbauern. Und das ist erst der Anfang. „Weitere Schädlinge werden kommen“, prophezeit Dr. Wende und nennt einige Beispiele.
Die amerikanische Rebzikade überträgt die Erreger der Goldgelben Vergilbung in den Weinbergen, die Maulbeerschildlaus ist für Obstplantagen und Bäume gleichermaßen gefährlich, die Bläulingszikade ist bei Obst- und Weinbauern in Südeuropa unbeliebt und die marmorierte Baumwanze kann immense Schäden an Obst und Gemüse anrichten. Manche dieser Schädlinge kommen aus Süd- und Osteuropa, andere aus Asien oder Nordamerika.
Die Gefahr ist bekannt, Monitoring-Programme laufen schon seit einiger Zeit. Das Problem: Maßnahmen, die in den Herkunftsländern dieser Schädling greifen, sind in der Regel nicht eins zu eins auf unsere Verhältnisse übertragbar.
„Ich kann nur davor warnen, Nützlinge von anderswo bei uns einzubürgern“, sagt die Biologin. „Möglicherweise richten die erst recht große Schäden an.“
„Wenn es die nicht mehr geben sollte, gerät etwas gewaltig aus dem Lot.“
Ulrike Geise über Insekten und andere Baumbewohner Verschiebungen in der Natur sind etwas Normales, weiß Ulrike Geise. Aber in den letzten Jahren sei eine Veränderung in Gang geraten, die allen Biologen, Förstern und Naturschützern große Sorge bereite. Das Waldsterben im Zuge des heißen Sommers 2018 habe alle Beteiligten regelrecht erschüttert.
Die Buchen, Kiefern und andere Arten bieten schließlich Lebensraum für tausende Arten von Lebewesen. „Wenn es die nicht mehr geben sollte, gerät etwas gewaltig aus dem Lot“, sagt Geise.
Sie gibt zu, dass niemand im Moment die Konsequenzen im Detail voraussagen könne. Aber das Tauen der Permafrost-Zone in Sibirien, das Abschmelzen des Grönlandeises und die Verlangsamung des Golfstromes lassen bei ihr die schlimmsten Befürchtungen aufkommen. „Die Natur wird auch diese Umwälzungen überleben“, meint sie. „Aber die Frage lautet, wie wir Menschen da noch hineinpassen.“