Durchschnitt kommt nicht in die Tüte

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Einkaufen in Stuttgart
474 Milliarden Euro: Auf diese Summe schätzen Experten den Umsatz im deutschen Einzelhandel 2016. Regional weichen die Umsatzzahlen ab – je nach Einkommen der Bevölkerung, Attraktivität ...
Einkaufen in Stuttgart
Foto: Kraufmann/DPA

Guter Durchschnitt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. So muss man wohl die Ergebnisse der jüngsten IHK-Studien bezüglich Kitzingen zusammenfassen. Die Themen: Kaufkraft, Umsatz und der innerstädtische Einzelhandel.

„Die Lage ist nicht bedrohlich, aber Kitzingen sollte zuschauen, dass es attraktiv bleibt“, sagt Matthias Pusch, Referent für Regionalentwicklung an der IHK. In deren Auftrag hatte das Zentrum für Regionalforschung der Uni Würzburg eine Studie zu den Konflikten des innerstädtischen Einzelhandels erstellt und 16 unterfränkische Mittelzentren miteinander verglichen. Die erfreulichen Ergebnisse für Kitzingen: Dank vieler inhabergeführter Geschäfte sind die Öffnungszeiten im Wochenschnitt mit am längsten, die Bevölkerung wird laut Prognose des Statistischen Bundesamt bis ins Jahr 2034 um fast drei Prozent zunehmen – und keiner der 17 befragten Betriebe trägt sich derzeit mit Schließungsgedanken. Aber es gibt auch alarmierende Zeichen: Die einzelhandelsrelevante Kaufkraft ist vergleichsweise gering und die Leerstände in der Innenstadt sind immer noch überdurchschnittlich hoch.

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„Insbesondere für diejenigen Mittelzentren, die im Umkreis der Oberzentren Würzburg und Schweinfurt liegen, ist die Situation schwierig“, betont Dr. Sascha Genders, Bereichsleiter Standortpolitik bei der IHK. Eine Aussage, die auf Kitzingen zutrifft. Nach Würzburg sind es 19 Kilometer, nach Schweinfurt rund 50.

Gerade die Leerstandsthematik gehen Claudia Biebl und ihre Mitstreiter vom Stadtmarketingverein an. Mit Aktionen wie „Afterwork im Leerstand“ oder „Homestaging im Leerstand“ hatten sie im letzten Jahr auf die Problematik hingewiesen. Ende 2015 berichtete Biebl erfreut von 17 Läden, die in der Innenstadt neu eröffnet wurden. Eine Trendwende sei geschafft worden. Entsprechend überrascht zeigt sie sich von dem Ergebnis der Studie. „Das kann ich so nicht nachempfinden“, sagt sie. Gerade an den neuralgischen Punkten – in der Herrnstraße oder der Kaiserstraße – hätte sich vieles zum Guten verändert. Freilich gebe es nach wie vor Leerstände – aber das liege oft an den Hauseigentümern, die kein gesteigertes Interesse zeigten, das Objekt zu vermieten.

Wenig Mut macht ein Blick auf die Statistik der „Einzelhandelsrelevanten Kaufkraft“. Hier belegt Kitzingen mit einem Index von 91.2 und einer Pro-Kopf-Kaufkraft von 5913 Euro den letzten Rang unter den 16 untersuchten Mittelzentren von Gemünden bis Bad Neustadt an der Saale. Die Zahlen sagen aus, wie viel Geld jeder Bewohner durchschnittlich für den Einzelhandel zur Verfügung hat – Ausgaben für Mieten, Versicherung, Kraftfahrzeuge, Reisen oder sonstige Dienstleistungen abgezogen. Woher der letzte Rang rührt? Mathias Pusch kann es nur vermuten. „Vielleicht sind die Mieten überdurchschnittlich hoch, die Einkommen geringer als anderswo oder die Bevölkerung besonders jung und damit nicht so finanzstark.“

Auch hier meldet Claudia Biebl Bedenken an. Die Studie von Professor Joachim Vossen, der für die Stadt den so genannten Markenbildungsprozess initiiert hatte, sei zu einem anderen Ergebnis gekommen. „Wir liegen da im guten Mittelfeld.“ In einem Punkt stimmt die Geschäftsführerin des Stadtmarketingvereins der IHK-Studie allerdings vollends zu. Ein Ziel müsse es sein, die Pendler nach Würzburg oder Schweinfurt für den Einkauf am Wohnort Kitzingen zu halten und zu begeistern. Biebl geht sogar einen Schritt weiter. Die Pendler, die zur Arbeit nach Kitzingen kommen, müssten auf die Attraktivität der Innenstadt hingewiesen werden. Biebl hat diese Zielgruppe als potenzielle Einkäufer längst ins Auge gefasst. Ob Frankenguss, Reka, GEA-Huppmann oder die Betriebe, die sich in den ehemaligen US-Kasernen ansiedeln: Überall gebe es potenzielle Kunden, die sich bislang lediglich zur Arbeit an den Rändern des Stadtgebietes aufhalten. „Wir müssen Anreize schaffen, damit diese Menschen hier zum Einkaufen gehen“, formuliert Biebl ihre Zielsetzung. Mit Flyern alleine komme man da nicht weiter. Veranstaltungen wie die „Food-Trucks“, die erst kürzlich am Weinfestplatz Station machten, seien da deutlich vielversprechender. Ähnliche Angebote sollen in den kommenden Monaten erarbeitet werden.

Eine attraktive Innenstadt lässt sich nur gemeinschaftlich erreichen – durch Kooperationen zwischen den Geschäftstreibenden, durch eine intensive Zusammenarbeit anstelle von Konkurrenzdenken. Diesen Hinweis der IHK nimmt Claudia Biebl ernst. „Das braucht natürlich Zeit“, weiß sie aus ihrer bisherigen Arbeit für den Stadtmarketingverein. Aber ohne eine funktionierende Gemeinschaft wird es für Kitzingen schwer, mehr als einen guten Durchschnitt bei der nächsten Erhebung zu erreichen.

Kennzahlen der IHK-Studie

Höchste einzelhandelsrelevante Kaufkraft pro Einwohner: Markt Einersheim (8393 Euro), gefolgt von Ochsenfurt (7550 Euro). Kitzingen ist mit 5913 Euro Schlusslicht. Die einzelhandelsrelevante Kaufkraft bezeichnet das Volumen der Einzelhandelsausgaben der Bevölkerung einer Region gemessen am Wohnort: Allgemeine Kaufkraft abzüglich der Ausgaben für Mieten, Versicherung, Hypothekenzinsen, Versicherung, Kraftfahrzeuge, Reisen oder Dienstleistungen.

Einzelhandelsumsatz: Im Durchschnitt gibt jeder Bürger in Deutschland 5780 Euro im Einzelhandel aus. Bayern liegt mit 6144 Euro pro Person auf Rang 6. Spitzenreiter ist Hamburg mit 7111 Euro. In Mainfranken werden durchschnittlich 5642 Euro pro Einwohner für den Einzelhandel ausgegeben. Spitzenreiter in dieser Statistik ist Hassfurt (13849 Euro). Kitzingen liegt mit 10024 Euro auf einem guten sechsten Platz. Prognostizierter Einzelhandelsumsatz in Kitzingen für 2016: 208 Millionen Euro.

Und noch eine Studie: Im August 2016 befragten die Interviewer des niederbayerischen Marktforschungsinstituts MF Consulting Dieter Grett nach eigenen Angaben 911 Personen aus Kitzingen in einer repräsentativen Stichprobe. Auf einem Fragebogen sollten sie angeben, in welchen der 72 aufgeführten Geschäften sie in den letzten zwölf Monaten etwas gekauft hatten, sie sich beraten ließen oder sonstige Leistungen in Anspruch nahmen. Durchschnittlich 86,2 Prozent der 911 Personen gaben an, dass sie mit der Freundlichkeit der untersuchten Geschäfte (sehr) zufrieden sind (Note 1 oder 2 von 1 bis 4). Dies bedeutet im Vergleich zu 143 anderen deutschen untersuchten Einkaufsstädten bis 250 000 Einwohner einen sehr guten 12. Rang. Red