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Landkreis Kitzingen: Frost vernichtet Weinlese - fränkische Winzer schlagen Alarm


Autor: Ralf Dieter

Kitzingen, Freitag, 29. Mai 2020

Der Frost hat den fränkischen Winzern in den letzten Jahren schon ein paar Mal übel mitgespielt. In diesem Jahr sind die Schäden richtig übel. Gibt es Hilfe?
Trostloser Anblick auf dem Cyriakusberg bei Sulzfeld. Hier sind so gut wie alle Anlagen erfroren.


Die Nacht auf den 12. Mai 2020 werden die fränkischen Winzer so schnell nicht vergessen. Innerhalb weniger Stunden hat der Frost Teile der Ernte vernichtet. Von Bad Kissingen bis Bürgstadt hat er zugeschlagen. Mittendrin: der Landkreis Kitzingen.

Martin Wittel ist der Frust anzusehen. Oberhalb von Sulzfeld steht der erfahrene Winzer und blickt über die Weinberge hinweg. Was er sieht: braune Blätter, zerbröselnde Blüten. 160 Hektar Weinbergsfläche werden in Sulzfeld bewirtschaftet. „Annähernd 150 sind beschädigt beziehungsweise erfroren“, berichtet Wittel. Der Weinjahrgang 2020? „Fast vollständig verloren.“ Die Sulzfelder waren schon 2011 vom Frost betroffen. „Dieses Mal ist es schlimmer“, sagt Wittel. Selbst die ältesten Winzer vor Ort könnten sich nicht an einen vergleichbaren Frostschaden erinnern.

Fränkischen Winzern macht Wetter zu schaffen:  „Wir hängen ganz schön in den Seilen.“

„Die Frustration ist stark ausgeprägt.“ So fasst Andreas Zehner die Stimmungslage in Oberschwarzach und Handthal zusammen. Die Naturereignisse der letzten Jahre gingen bei vielen seiner Kollegen im Steigerwald an die Substanz. Von Anfang der 80er Jahre bis 2011 war die Weinwelt dort noch in Ordnung. Dann kamen immer wieder Spätfröste. „Und die Trockenheit macht uns auch zu schaffen.“ Rücklagen seien derzeit nicht zu erwirtschaften. „Wir hängen ganz schön in den Seilen“, gesteht Zehner.

An der Mainschleife das gleiche Bild. „Relativ verheerend.“ Mit diesen Worten beschreibt Thomas Borst, Weinbauvereinsvorsitzender in Nordheim, die Lage. Etwa 80 Prozent der Weinberge sind komplett erfroren. Ein bisschen Hoffnung hat er, dass die Beiaugen doch noch kommen könnten, dass sich vielleicht doch noch ein paar Trauben ausbilden. „In zwei Wochen werden wir es sehen“, sagt er. Derzeit entfernt er mit großem Aufwand die erfrorenen Trauben und hofft, dass noch ein paar Geiztriebe zu sehen sind, aus denen sich eventuell neue Trauben entwickeln. „Ein riesiger Mehraufwand“, sagt Andreas Zehner. Für 70 bis 80 Meter Weinbergszeile braucht er rund zwei Stunden. Ob sich der Aufwand lohnt, ist nicht absehbar. Der Ausgang ist ungewiss.

Auf neun Hektar baut Borst Wein an, in guten Jahren erntet er rund 60.000 Liter. Wenn es heuer nur die Hälfte wäre, könnte er damit leben. „Wenn es nur 15.000 Liter werden, wird es haarig“, sagt er. Grundsätzlich müsse ein Betrieb auch mit Ernteausfällen kalkulieren, meint er und beweist Galgenhumor: „Der liebe Gott hat heuer den Ertrag an die Erwartungen angepasst.“

Weinabsatz 2020: Corona-Krise schmälert Erwartungshaltung

Die Erwartungen an einen guten Absatz sind schon während der Corona-Krise gesunken. Die meisten Weinfeste fallen aus, die Gastronomie hatte wochenlang geschlossen, Gästeführungen konnten nicht angeboten werden. Zu allem Überfluss war schon der Jahrgang 2019 sehr ertragsschwach. Für die Winzer kommt derzeit also einiges zusammen. Ob der Staat helfen wird? „Da glaube ich nicht dran“, sagt Martin Wittel.

Auch Andreas Zehner macht sich wenig Hoffnung. 2016 waren die Winzer rund um Oberschwarzach schon einmal vom Frost betroffen. Damals als Einzige in Franken. „Ich bin sehr dankbar, dass wir einen kleinen Zuschuss bekommen haben“, sagt er. Grundsätzlich hatte die Staatsregierung 2011 den Beschluss gefasst: Was zu versichern ist, wird nicht entschädigt. „Eine Frostversicherung kann sich aber kaum jemand leisten“, sagt Zehner. „Die ist unendlich teuer“, bestätigt Thomas Borst.

In Baden-Württemberg werden den Winzern 50 Prozent der Kosten für diese Versicherung ersetzt. Ein staatlicher Zuschuss, der für Andreas Zehner sehr sinnvoll klingt. Auch Hermann Schmitt kann sich so eine Unterstützung in Franken vorstellen. Gerade in diesen Zeiten. „Corona und Frost sind für viele Betriebe durchaus existenzbedrohend“, warnt der Geschäftsführer des Fränkischen Weinbauverbandes.

Landwirtschaftsministerin besucht Mainschleife - Klimawandel bereitet Winzern Kummer

Darauf will er Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber bei ihrem angekündigten Besuch am Dienstag an der Mainschleife aufmerksam machen. An der Vogelsburg und oberhalb von Nordheim will sie sich einen Überblick über die Schäden verschaffen. „Die Frage wird sein, wie wir mittel- und langfristig mit dem Klimawandel zurechtkommen“, sagt Schmitt.

Wegen der höheren Temperaturen im Frühjahr treiben die Triebe früher aus. Das macht die Reben noch anfälliger für die Maifröste. Der Klimawandel ist längst zu einer großen Bedrohung und Herausforderung für die Winzer geworden.

An der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau sind in den letzten Jahren viele Forschungen zum Einsatz von Paraffin-Kerzen, Windmaschinen, aber auch zu einer wassersparenden Beregnung in den Zeilen gelaufen. „Im Süden Bayerns ist das Hochwasser ein Problem, im Norden die Trockenheit“, weiß Hermann Schmitt und hofft auf Unterstützung aus München. Damit der Weinbau in Franken auch weiterhin eine Chance hat. „Manch' ein Kollege steht vor der Frage, ob er seinen Weinberg roden muss“, sagt Martin Wittel und blickt vom Cyriakusberg ins Maintal. „Kann schon sein, dass die Älteren sagen: Das lohnt sich nicht mehr.“

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